Farbe, Farbe und noch mehr Farbe! Der Herbst wird ausgesprochen bunt. Wo Color-Blocking bereits um sich greift, da lauert schon der nächste Trend, und der heißt Color-Smoothing. Hierbei kommt zusammen, was eigentlich nicht zusammen gehört und doch überraschend stimmig wirken kann.
Grün zu Gelb (Hermès) und Rot zu Lila und Braun (Bottega Veneta), sieht das gut aus? Die Designer sind überzeugt: ja durchaus. Hier kommen Farben zusammen, bei denen der normale Farbsinn wahrscheinlich laut aufschreien würde: „Stopp!". Und doch ist das Ergebnis überraschend stimmig. Und während smaragdgrüne Details sich auf dem lilafarbenen Maxidress von Givenchy tummeln und man bei Fendi mutig senfgelbe Midiröcke zu orangefarbenen Volantblusen mit Puffärmeln kombiniert, stellen sich die Modebetrachter dennoch die Frage: Sollten diese Farben wirklich gemeinsam zu einem Outfit verschmelzen?
Wir meinen, unbedingt sollten sie das. Aber nicht einfach irgendwie, denn Color-Smoothing ist eine modische Wissenschaft für sich. Deshalb hier ein Versuch der Aufklärung für Einsteiger. Bislang galt Color-Blocking als schick. Das bedeutet, es wurden mutig Farben kombiniert, die einen möglichst auffälligen Kontrast zueinander bildeten, wie zum Beispiel Gelb und Blau, Rot und Schwarz, Weiß und Grün. Nun aber kommen Farben zusammen, die eigentlich nicht gemeinsam erscheinen sollen. Wie zum Beispiel Gelb und Orange, Dunkelgrün und Rot oder Pink und Braun. Gemeinhin galt lange in der Mode die unausgesprochene Regel, dass eben bestimmte Farben nicht miteinander harmonieren. Und plötzlich geht das doch, aber eben vorsichtig und trotzdem immer noch bestimmten Regeln unterworfen. So dürfen ruhig kontrastreiche Farben zueinander finden, solange sie die gleiche Farbtonalität besitzen. Außerdem sollten klare Formen vorherrschen und keine Muster auf den Stoffen Verwendung finden. Eine Ausnahme von der Regel reicht da völlig aus. Nicht umsonst geht es hier „smooth" zu.
Der englische Begriff heißt glatt, und das ist der wichtigste Anspruch beim Styling. Alle Farben müssen glatt und entspannt zusammenfinden, zu wilde Prints und Applikationen zerstören den ohnehin gewöhnungsbedürftigen Eindruck komplett. Der Begriff Color-Smoothing dürfte Technikfans vom Farbdrucker bekannt vorkommen. Auch beim Haare-Färben ist Smoothing ein Begriff. Beides bedeutet nichts anderes, als dass Farben glatt ineinander verlaufen und damit ein harmonischer Verlauf zustande kommt.
Der Begriff ist schon vom Haarefärben geläufig
Für Einsteiger empfiehlt es sich, nicht zu weit weg von der eigentlichen Farbfamilie zu kombinieren. Wie das aussehen kann, ist derzeit bei Alberta Ferretti zu sehen. Hier kombinieren die Designer eine scharlachrote Culotte-Lederhose zu einem pinken Rollkragenpullover, darüber wärmt ein burgunderroter Mantel an kalten Herbsttagen die Trägerin. Alle Nuancen entstammen hier der Grundfarbe Rot, und doch bilden sie zueinander einen nahezu lieblich wirkenden feinen Kontrast. Wer die Wirkung noch verstärken möchte, der wählt nun mit Bedacht die Accessoires dazu aus. Wie wäre es zum Beispiel mit einer türkisfarbenen Shopping-Bag aus dem Hause Prada? Da passt viel rein, und sie ist noch dazu ein echter Hingucker.
Überhaupt können Accessoires jetzt auf unkomplizierte Weise zu mehr Color-Smoothing-Expertise verhelfen. Taschen und Schuhe dürfen mutig ruhig den Farbton angeben, fast alle Farben sind erlaubt, frei nach dem Motto: „Wenn sich schon die Kleidung nichts traut, dann helfen die Accessoires eben aus." Das macht es auch Einsteigern leicht, den richtigen Farbton zu treffen.
Dabei sollte der Ton unbedingt zum eigenen Typ passen. Satte Farben wie Rot, Smaragd, Violett und Orange harmonieren sowohl zu blasser als auch zu dunkler Haut wunderbar. Pastelltöne, die sich ebenfalls optimal in den Herbst hineinretten lassen, sind vor allem etwas für dunklere Typen. Auf blasser Haut wirken zu sanfte Farben schnell fahl und ausdruckslos. Zum Glück ist ja für jeden Typen in diesem Smoothing-Stil etwas dabei, denn hier kommt es nicht nur auf den Farbton an, sondern auf die richtige Kombination. Und die gibt es direkt vom Laufsteg in richtig aufregend und kostspielig. Oder in überaus günstig direkt aus dem eigenen Kleiderschrank. Hier heißt es nun, alte Grundsätze über Bord zu werfen und sich an ganz neue Farbkombinationen zu trauen.
Passend zum Motto: „Bunt ist meine Lieblingsfarbe"
Wie wäre es zum Beispiel mit einem rosafarbenen Jumpsuit mit einem roten Rollkragenpullover oder einer blass-lila Bluse darunter? Auch einfache Denims können jetzt etwas her machen. Mit einem schlichten Shirt in der eigenen Lieblingsfarbe und einer Jacke darüber, die der gleichen Farbfamilie entspringt und dennoch einen anderen Touch mitbringt. Wie wäre es zum Beispiel mit Orange und Gelb, Rosa und Rot oder auch Türkis und Dunkelblau oder Lila?
In Sachen Schuhauswahl darf es wahlweise total zurückhaltend in Braun oder Schwarz zugehen, Bikerboots oder einfache Stiefeletten sind hier immer eine gute Wahl. Es kann aber auch farbenfroher werden, zum Beispiel mit bunten Sneakers. Ganz nach eigenem Geschmack. Beim Thema Accessoire-Auswahl kann es sich durchaus lohnen, auf echte It-Pieces zu setzen, denn nichts muss sich brav anpassen, es darf alles ruhig etwas hervorstechen. Der Kauf von ausgewählten neuen Stücken hat außerdem den großen Vorteil, dass sie sich bestimmt auch locker in die nächste Saison retten lassen. Überhaupt braucht es zum Color-Smoothing eben nicht unbedingt einen komplett neuen Look, es braucht nur eine komplett neue Sichtweise auf Altbekanntes und Bewährtes. Das spart Geld und macht im Kopf frei für den nächsten Shopping-Trip.
Schließlich darf alles, was gefällt, auch hinein in den Einkaufswagen – selbst wenn es auf den ersten Blick so scheint, als gehörte nichts wirklich zusammen. Hier passt das Motto des Begründers der Modernen Architektur, Walter Gropius, wunderbar: „Bunt ist meine Lieblingsfarbe!" Ganz ehrlich? Unsere auch, besonders jetzt in der kalten und sonst so tristen Herbstzeit.