Alba Berlin nimmt auch in dieser Saison an der EuroLeague teil, doch die Euphorie wird durch die Corona-Pandemie stark gebremst. Vor allem die vielen Auswärtsspiele in Risikogebieten stellen eine Herausforderung dar.
Alba Berlin ist mächtig stolz darauf, im Konzert der Großen mitzuspielen. Auch in dieser Saison tritt der Deutsche Meister in der EuroLeague an, es ist die größtmögliche Bühne im europäischen Basketball. In diesen elitären Kreis wird man entweder eingeladen oder hat als A-Lizenz-Inhaber ein automatisches Startrecht – an Letzterem arbeitet der Club fleißig. Ein Start in der EuroLeague lockt Geld und Spieler an, nur mit einer dauerhaften Präsenz in diesem Wettbewerb kann Alba seinen ambitionierten Weg fortsetzen.
Doch in dieser Saison ist alles ein wenig anders, die Teilnahme an der EuroLeague bereitet vor allem Bauchschmerzen. Pünktlich zum Auftakt in der Eliteliga Anfang Oktober sind die Fallzahlen europaweit nach oben geschnellt – und das hat natürlich Auswirkungen auf die Organisation. Mehr als die Hälfte der zehn Länder, die die EuroLeague-Clubs stellen, sind vom Robert-Koch-Institut zu Risikogebieten eingestuft worden. Darunter befinden sich Spanien, Frankreich, Russland und Israel.
Auftakt am 1. Oktober bei Maccabi Tel Aviv
Albas Auftaktspiel am 1. Oktober bei Maccabi Tel Aviv stand zunächst auf der Kippe, weil Israel aufgrund des explosionsartigen Anstiegs der Corona-Fallzahlen einen Lockdown beschlossen hatte. Doch die EuroLeague gab Entwarnung. Alba könne in Israel spielen, „weil Maccabi es geschafft hat, bei der Regierung eine Ausnahmeregelung für internationale Sportwettbewerbe zu erwirken", erklärte EuroLeague-Geschäftsführer Jordi Bertomeu der „Berliner Zeitung". „Die macht es Alba möglich, problemlos einzureisen." Aber was ist mit der Rückreise? Eigentlich hatte die Politik vorgesehen, dass bei einer Rückkehr aus einem Risikogebiet ab Oktober eine Quarantänepflicht von mindestens fünf Tagen besteht. Allerdings soll es Probleme bei der Digitalisierung der sogenannten Aussteigekarten geben, die die Rückverfolgung ermöglichen. Dadurch soll die neue Teststrategie erst ab November in Kraft treten.
Doch damit wäre das Problem für Alba und die anderen international vertretenen Clubs nur aufgeschoben. Eine fünftägige Quarantäne nach jedem Auslandsspiel in einem Risikogebiet lässt der eng getaktete Spielkalender nicht zu. „Die EuroLeague kann ihren Spielbetrieb nicht ohne die nationalen Ligen durchdrücken", warnte BBL-Geschäftsführer Stefan Holz.
Auch die Auswirkungen auf die Fitness und die Gesundheit der Sportler bei einer mehrmaligen Quarantäne müssen beachtet werden. „Das stellt uns vor eine große Herausforderung. Wir überlegen uns schon: Was ist mit den Tests, bekommen wir eine Reiseerlaubnis? Stand jetzt wissen wir noch nicht, was passiert", sagte Geschäftsführer Marko Pesic von Bayern München Ende September. Albas Sportdirektor Himar Ojeda stellte sogar klar: „Sollte es beim Reisen keine behördlichen Ausnahmeregelungen für Sportvereine geben, ist ein regulärer Spielbetrieb in der EuroLeague nicht machbar."
Die EuroLeague will an ihrem gewohnten Format mit insgesamt 34 Spieltagen und den anschließenden Play-offs festhalten. Ein sehr ambitioniertes Ziel, sagen alle. Ein unrealistisches Ziel, sagen manche. „Dazu haben wir uns gegenüber unseren Anteilseignern und Partnern verpflichtet, also müssen wir versuchen, das so zu organisieren", verteidigte Bertomeu die Strategie. Aber auch er gehe davon aus, dass Spiele „verschoben oder an alternativen Spielorten ausgetragen werden müssen". Wichtig sei, die Saison jetzt zu starten und zu Ende zu bringen. „Gelingt uns das nicht", warnte er, „wäre das schrecklich für unsere Clubs und somit auch für uns als Liga."
Die EuroLeague vertraut auf sein 30 Seiten umfassendes Hygienekonzept, in dem die Häufigkeit der Testungen nach den aktuellen Inzidenz-Zahlen gerichtet ist. In der Kernfrage nach den Rückreise-Bedingungen tat sich die EuroLeague aber mit verbindlichen Lösungen schwer, weil am Ende die Politik das Sagen hat. „Wir müssen mit den Regierungen der Länder zusammenarbeiten und sie überzeugen, dass unsere Clubs Ausnahmeregelungen, beispielsweise für die Reisebeschränkungen, brauchen", sagte Bertomeu. Bei Ländern außerhalb der EU seien diese Ausnahmeregelungen schneller zu bekommen, vor allem in Deutschland gebe es diesbezüglich aber Probleme.
Zumindest am zweiten Spieltag am 9. Oktober (20 Uhr) hat Alba keinen Reise-Ärger, und auch der Gegner muss sich keine Sorgen um eine mögliche Quarantäne machen. Im Duell der beiden Bundesligisten Alba Berlin gegen Bayern München soll der Sport im Mittelpunkt stehen. Berlin geht aufgrund der herausragenden Vorsaison, die mit dem Double gekrönt wurde, als leichter Favorit in die Partie. „Wir sind bereit, wieder anzugreifen", sagte Center Johannes Thiemann. Die Corona-Pandemie war für das Zusammenwachsen der Mannschaft, die einen großen Umbruch hinter sich hat, sogar von Vorteil. „Uns fehlen ja öfter Nationalspieler für eine lange Zeit in der Vorbereitung", erklärte Thiemann. „Aber in diesem Sommer hatten wir wirklich Zeit, die Vorbereitung als Team zu gestalten."
Pläne für ein Bubble-Format liegen seit Juni in der Schublade
Die Erfolge der Vorsaison hat Alba selbstbewusster gemacht, das soll Bayern München schon im zweiten Pflichtspiel der Saison zu spüren bekommen. „Es hat einfach gutgetan", sagte Thiemann, „dass wir nicht nur schönen und guten Basketball spielen, sondern auch die entscheidenden Spiele gewinnen können." Das habe dem Team „einen mentalen Push" gegeben.
Neuzugänge wie Maodo Lo und Jayson Granger, die Manager Ojeda als „High-Level-Spieler" bezeichnet, bringen zusätzliche Qualität und Erfahrung mit und sollen Albas Top-Talente führen. Als Problemzone gilt die Center-Position, hier konnte der Abgang von Landry Nnoko bislang nicht kompensiert werden. Die Wucht und körperliche Präsenz des Nigerianers besitzt kein aktueller Alba-Profi, weshalb Ojeda auch zugibt: „Wenn man so will, ist die Center-Position unsere weiche Stelle."
Alba wird wohl improvisieren müssen – genau wie die EuroLeague. Sollten die Corona-Fallzahlen weiter in die Höhe schnellen, könnten sich Reisen ins Ausland erledigt und das klassische Format überholt haben. „Wenn wir das Format zu einem Bubble-Format ändern müssen, dann werden wir dies tun", betonte Liga-Chef Bertomeu. Die entsprechenden Pläne würden seit Juni in der Schublade liegen.
Bereits entschieden wurde, dass sich die Ausschüttung der EuroLeague-Gelder nicht mehr zu 50, sondern nur noch zu 20 Prozent an den sportlichen Ergebnissen orientiert. Stattdessen werden die Teilnahmeprämien aufgestockt. Alba erhält 500.000 statt 200.000 Euro sicher, Inhaber der A-Lizenz sogar 1,5 Millionen Euro. Damit soll die Planbarkeit erhöht werden. Und dennoch ist diese EuroLeague-Saison eine Reise
ins Ungewisse.