Der FCS startet furios in die neue Saison der 3. Liga. Personell geht das Team aber vor dem Auswärtsspiel in Duisburg auf dem Zahnfleisch.
Für Lukas Kwasniok war es nur eine Momentaufnahme. „Wir haben heute gesehen, was passieren kann, wenn man nachlässt. Dann wird es auch für uns eng", sagte der 39-Jährige nach dem 4:0-Erfolg gegen den Halleschen FC und meinte damit den Gegner und die Ausgangslage der Liga. An einem schlechten Tag kommt dann eine gestandene Drittliga-Mannschaft wie der HFC auch mal auswärts bei einem Aufsteiger unter die Räder. Das ist eine bemerkenswerte Erkenntnis, auch wenn Gästetrainer Florian Schnorrenberg einschränkte, „dass Saarbrücken kein typischer Aufsteiger ist. Das ist eine aggressive und spielerisch starke Mannschaft."
Nach drei Spieltagen hat der FCS satte sieben Zähler auf der Habenseite. Die Angst vorm Fehlstart ist erst einmal weg, der Aufsteiger grüßte am Sonntagabend sogar von der Tabellenspitze. „Das ist eine Situation, die uns freut, aber die wir auch einordnen können. Wir haben eine geile Truppe und wollen wenn möglich jedes Spiel gewinnen", sagte der zweifache Torschütze Maurice Deville. Der 28-jährige Luxemburger war nicht von jedem mit offenen Armen bei seiner Rückkehr zum FCS empfangen worden, umso größer seine Genugtuung am Sonntag. Deville war der überragende Mann auf dem Platz, gewann jedes Kopfballduell und war immer brandgefährlich. Nun hinterlässt er erst mal eine Lücke. Unmittelbar nach dem Spiel brach er ebenso wie Innenverteidiger Marin Sverko zur Nationalmannschaft auf. „Die Jungs werden das auch ohne uns schaffen, ich bin sicher, dass wir auch in Duisburg was holen werden", sagte Sverko.
Deville traf und verabschiedete sich zum Nationalteam
Doch personell muss Coach Kwasniok improvisieren. Dass sich Offensivmann Minos Gouras während des Abschlusstrainings schwer an der Schulter verletzte, hat die Sorgenfalten vergrößert. Der 22-Jährige wurde am vergangenen Dienstag am Schlüsselbein operiert und wird mindestens drei Monate ausfallen. Da Sverko bei der Nationalmannschaft weilt, stehen mit Steven Zellner und Routinier Christopher Schorch für das Spiel am Freitag um 19 Uhr beim MSV Duisburg nur noch zwei gelernte Innenverteidiger zur Verfügung. Offensiv fehlt mit Deville und Gouras die etatmäßige linke Seite. Als wäre dies nicht schlimm genug, klagte der bisher überragende Nicklas Shipnoski am Sonntag nach der Partie über starke Erkältungssymptone. Sein Ausfall würde den FCS ganz hart treffen. Auch bei dem schmerzlich vermissten Mentalitätsspieler Fanol Perdedaj ist ein Einsatz bei den Zebras eher unwahrscheinlich. Dafür dürften Sebastian Bösel, der gegen Halle mit einem Pferdekuss passen musste, und der grippekranke Jayson Breitenbach wieder zur Verfügung stehen. Mit der Verpflichtung des 20-Jährigen Lukas Schleimer vom 1. FC Nürnberg reagierte der FCS vor allem auf den Ausfall von Gouras. Der gebürtige Trierer kann aber auch als zentrale Spitze agieren.
Somit hat Kwasniok eine Alternative mehr. Bisher hat es ihn ohnhein ausgezeichnet, dass er immer wieder Spieler aus dem Hut zauberte, die man vorher eher nicht auf der Rechnung hatte. Dass sich der kroatische U21-Nationalspieler Marin Sverko in Windeseile in die Startelf spielen werde, war ebenso wenig abzusehen, wie die Tatsache, dass Timm Golley plötzlich zum Stammpersonal gehört. „Wir werden auch aus dieser Situation versuchen, das Beste zu machen", sagte Kwasniok.
Fraglos eine Momentaufnahme, dennoch sind die Maßnahmen des Trainers nahezu alle aufgegangen. Richtig gelegen hat er mit der Einschätzung, dass das Toreschießen in dieser Saison nicht zwingend von der Form des Torjägers Sebastian Jacob abhängen muss. Der 27-Jährige legte gegen Halle zwei Treffer auf und war ein ständiger Aktivposten. Aber treffen können halt auch andere. Auch das ist eine wichtige Erkenntnis.
In der Innenverteidigung befindet sich Steven Zellner in der Form seines Lebens und links hat Mario Müller das „Relegationstrauma" endlich abgeschüttelt. Kapitän und Leitwolf Manuel Zeitz blüht ebenso wie Routinier Tobias Jänicke in der 3. Liga richtig auf. „Ich habe letztes Jahr in Mannheim erlebt, wie es ist, wenn man als Aufsteiger direkt oben mitspielt. Warum sollte uns das hier nicht auch gelingen", sagte Doppeltorschütze Deville.
Auf Ausfälle reagiert: Lukas Schleimer kommt aus Nürnberg
Seine Leistungsexplosion könnte auch mit einem Kniff Kwasnioks zusammenhängen. Denn samstags im Abschlusstraining stand der Luxemburger nicht in der Startelf. „Ich habe eigentlich nicht damit gerechnet, dass ich spiele. Aber ich war während des Trainings trotzdem aggressiv und habe mich voll reingehauen. Vielleicht hat der Trainer das honoriert." Lukas Kwasniok war unmittelbar nach dem Spiel erst einmal damit beschäftigt, das Umfeld ein wenig auszubremsen. „Wir genießen den Moment, aber wir wissen auch, dass wir in jedem Spiel an die Grenze gehen müssen. Wir müssen demütig bleiben, und das werden wir auch."
Nun geht es am Freitag zum schlecht gestarteten Top-Club MSV Duisburg. Von einer Favoritenrolle seiner Mannschaft wollte Kwasniok jedenfalls nichts wissen. „Wir haben gesehen, welche Startprobleme wir in Lübeck hatten. Zu Hause haben wir uns auch von den Fans tragen lassen. Nun müssen wir beweisen, dass wir auch ohne unsere Zuschauer bestehen können. Ich bin optimistisch, aber jedem muss klar sein, dass es Selbstverständlichkeiten in dieser Liga nicht gibt."