Früher war alles besser. Zumindest aus Sicht der Fußball-Fans. Die Hörfunk-Konferenz der ARD war ein Muss, der Sportschau wurde entgegengefiebert, die damals drei Spiele zeigte. Wer mehr sehen wollte, musste sich bis zum Sportstudio gedulden. Dann kamen die Privaten, und der Fußball wurde zur Marke. Und heute? Joachim Löws Nationalmannschaft spielte nicht nur zu Hause gegen Köln ohne Publikum, sie spielt auch generell zunehmend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Schon vor Corona waren Tickets für die DFB-Elf Ladenhüter. Kritiker sprechen von Übersättigung. Da ist was dran. Bislang ist Deutschland einigermaßen gut durch die Corona-Pandemie gekommen. Das gilt auch für den organisierten Fußball. Das von DFB-Arzt Tim Meyer erarbeitete Hygiene-Konzept funktioniert, gleichzeitig leisten Tausende von Ehrenamtlern an der Basis Außergewöhnliches, um den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten. Zu Beginn der Virus-Krise wurde die Hoffnung geäußert, der Fußball würde sich gesundschrumpfen. Doch die Verbände machen weiter wie bisher. Als sei die Nations League nicht schon überflüssig genug, wird der ohnehin eng getaktete Liga-Zeitplan einmal im Monat für sportlich weitestgehend irrelevante Tingeltangel-Touren quer durch Europa unterbrochen. Leidtragende sind die Vereine, die nicht wissen, ob ihre Spieler nach Rückkehr in Quarantäne müssen. Dabei hat die Uefa bewiesen, dass sie pragmatisch reagieren kann. Das Endturnier um die Champions League war ein Highlight – auch ohne Publikum. Dass die TV-Quoten bei Länderspielen rapide sinken, ist übrigens kein rein deutsches Phänomen. Leider verweigern sich die Verantwortlichen einer gründlichen Analyse. Corona wäre eine gute Chance gewesen, den Terminplan zu verschlanken und damit im Endeffekt attraktiver zu machen. Ein Freund hat mir neulich gesagt, dass die Nations League für ihn so spannend ist wie Lebkuchen im September in den Regalen. Die Spiele der Nationalmannschaft sind zur Ramschware geworden. Das ist jammerschade. Aber der DFB, immerhin einer der einflussreichsten Verbände der Welt, sieht tatenlos zu wie sein Premiumprodukt zum Stiefkind des deutschen Fußballs verkommt.
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Foto: picture alliance / GES/Marvin Ibo Güngör
Nachspielzeit: Das Stiefkind des Fußballs
Sport - Kolumne
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