Nach zwei Spielzeiten zum Vergessen wollen die Royals wieder positive Schlagzeilen produzieren. Eine gibt es schon vor dem Ligastart am 24. Oktober: Bei Heimspielen sind Zuschauer erlaubt. Eine Hiobsbotschaft vor dem Start zwingt die Verantwortlichen allerdings zum Handeln.
Die Aussage ist eindeutig: „Wir wollen so früh wie möglich nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Das ist das Wichtigste", sagt Marc Hahnemann. Der Trainer und sportliche Leiter des Frauenbasketball-Bundesligist Inexio Royals Saarlouis ist vor dem ersten Saisonspiel am 24. Oktober beim BC Marburg demütig. Und das hat einen Grund: Nach turbulenten Jahren mit zwei sportlichen Abstiegen, die nur durch den Rückzug von Eintracht Braunschweig (2019) und den Saisonabbruch vor dem letzten Spieltag aufgrund der Corona-Pandemie verhindert wurden, wollen die Royals endlich wieder in ruhigeres Fahrwasser. Erst, wenn der Klassenverbleib eingetütet ist, „sehen wir, wie hoch unsere Qualität wirklich ist und was wir noch erreichen können", sagt Hahnemann und schiebt nach: „Die Mannschaft hat sich selbst ein konkretes Saisonziel gesteckt – das bleibt aber intern."
So oder so – der Saisonauftakt in Marburg gibt eine erste Wasserstandsmeldung ab. „Marburg hat seit gefühlt neun Jahren – wahrscheinlich eher seit vier, fünf Jahren – zusammengespielt und sich durch den Trainerwechsel einem gewissen Umbruch unterziehen mussten", sagt der 29 Jahre junge Hahnemann. Nach dem kurzfristigen Rücktritt des US-Amerikaners Dana Beszczynski (April bis August 2020), der eigentlich die Nachfolge des langjährigen Trainers Patrick Unger antreten sollte, hat mit Julian Martinez erstmals in der Marburger Geschichte ein Spanier an der Seitenlinie das Sagen. „So etwas verändert die Situation immer ein bisschen, aber trotzdem haben sie den Riesenvorteil, dass sie eingespielt sind", weiß Hahnemann und meint weniger das Sportliche, sondern insbesondere das Persönliche: „Sie kennen sich seit Jahren, wissen alle genau, was die anderen machen, und das ist gerade am Saisonbeginn ein unglaublich großer Vorteil."
Die neu formierte Mannschaft der Royals muss sich dies erst noch erarbeiten. Trotzdem hat der Cheftrainer schon einen Plan in der Tasche – beziehungsweise auf der Taktiktafel: „Wir müssen mit Intensität und individuellem Können dagegenhalten. Wir glauben an die Mannschaft, und die Spielerinnen glauben auch an die Mannschaft und an sich", kündigt er selbstbewusst an. „Auch, wenn das Zusammenspiel bei uns etwas rostig und bei Marburg etwas flüssiger aussehen wird. Aber das kann man nicht verhindern, wenn man sich einem so großen Umbruch unterzieht, wie wir es getan haben." Aufgrund der Corona-Pandemie fand nämlich keine klassische Vorbereitung statt, in der man sich hätte einspielen können. Zwei Testspiele wurden abgesagt, dazu machten kleinere Verletzungsprobleme dem Team zu schaffen. „Die sind mittlerweile ausgemerzt", versichert Hahnemann und findet: „Auch, wenn sie etwas holprig war, haben wir eine gute Vorbereitung hingelegt."
Nicht mit einer Verlierer-Mentalität ins Spiel gehen
Zum Kader der Royals gehören Andrea und Gabriela Andelova, Klara Brichacova, Mandy Geniets, Gabi Nemcova, Johanna Prytz, die US-Amerikanerinnen Braydey Hodgins, Chelsea Waters und Addison Richards sowie die deutsche Nachwuchsspielerin Linn Schüler. Richards wurde verpflichtet, weil der Wechsel von Ines Nzerwa aus der zentralafrikanischen Republik Burundi zu den Royals doch nicht zustande gekommen war. Somit hat Trainer Hahnemann, der sich an einem „5-5-2-Konzept" mit fünf ausländischen, fünf regionalen und zwei WNBL-, also Jugend-Bundesliga-Spielerinnen orientieren will, alle beisammen. Eigentlich. Das erst 17-jährige Talent Gabi Nemcova fällt nämlich vorerst aus. Im ersten WNBL-Spiel der Saison beim USC Freiburg verletzte sie sich 90 Sekunden vor Schluss schwer. Bis dahin war sie mit 20 Punkten und sechs Steals Topscorerin der Royals. Mit Mühe brachte ihr Team den 75:65-Erfolg über die Ziellinie. Die Diagnose: Kreuzbandriss. Sie war fester Bestandteil des Bundesligateams. „Das Ganze lief sehr unglücklich bei einem Kontakt der Gegenspielerin. Da kann man nichts machen", bedauert Hahnemann und erklärt: „Wenn wir die Jugendspielerinnen Nele Trommer und Romy Brück hinzuziehen, haben wir elf Spielerinnen. Da die beiden allerdings auch in ihrem Heimatverein zum Einsatz kommen, sind wir meistens nur zu neunt. Also werden wir auf Gabis Verletzung reagieren müssen." Da das Transferfenster noch bis zum 31. Januar geöffnet ist, wollen die Verantwortlichen auf der Suche nach einem Ersatz nicht in Hektik verfallen: „Grundsätzlich haben wir einen guten Kader und können Ausfälle kompensieren. Aber nicht unbedingt über die komplette Saison", sagt Hahnemann: „Deshalb wollen wir nichts überstürzen – auch, weil momentan ohnehin relativ viel passiert. In Belgien wurde die Liga für einen Monat ausgesetzt, und in Tschechien überlegt man, das gleiche zu tun", berichtet Hahnemann und erhofft sich durch die unsichere Corona-Situation in den Nachbarländern einen Vorteil: „In Deutschland haben wir das Ganze ja einigermaßen gut im Griff, und hier steht eine Aussetzung der Liga noch nicht zur Diskussion. Das könnte uns gute Chancen ermöglichen."
Bevor die Royals davon Gebrauch machen wollen, steht am 1. November das erste Heimspiel der Saison auf dem Plan. Um 15 Uhr ist dann der USC Heidelberg in der Saarlouiser Stadtgartenhalle zu Gast. Auch die „Bascats" haben einen großen Umbruch im Team hinter sich: „Heidelberg ist im Prinzip eine Wundertüte. Hier fällt es mir schwer, eine Prognose abzugeben", sagt Hahnemann und erklärt: „Die haben in der Vorbereitung ganz verrückte Ergebnisse hingelegt, gegen Zweitligisten verloren und dann zuletzt ein Turnier mit ausschließlich Erstligisten ganz gut absolviert." Gerade vor den eigenen Fans soll aber ein Sieg her. Aber nicht nur dort: „Wir wollen alle Spiele gewinnen. Ich werde in kein Spiel gehen und sagen: Wir haben keine Chance. Auch, wenn der Gegner verdammt gut ist", stellt Hahnemann klar: „Wenn man mit einer Verlierer-Mentalität ins Spiel geht, hat man von Anfang an keine Chance." Und das soll bei den Saarlouis Royals so schnell nicht wieder der Fall sein.
Eine sehr erfreuliche Nachricht gibt es derweil für alle Fans: Zuschauer sind bei Heimspielen erlaubt. Das vom Royals-Vorstand zusammen mit dem Hygienebeauftragten des Vereins erarbeitete Konzept sieht nur personalisierte Halbjahresdauerkarten für die Hinrunde (bis 30. Dezember) und die Rückrunde (1. Januar bis 14. März) vor, um die sich jeder über ein Webformular im Internet unter www.tickets.saarlouis-royals.net bewerben kann.