Microneedling ist der Geheimtipp unter allen Beautyfans für zu Hause. Hier „bohren" sich kleinste Nadeln unter die Hautoberfläche und helfen dabei, Falten und Pigmentflecken den Garaus zu machen. Hilft es wirklich? Und wo liegen die Grenzen der Selbstbehandlung? Wir haben gestestet.
Zunächst sei eines vorweg genommen: Es braucht Mut, eine Microneedling-Behandlung selbst durchzuführen, denn der Prozess kann mitunter etwas schmerzhaft sein. Alles was dafür nötig ist, ist das richtige „Arbeitsgerät", ein sogenannter Dermaroller. Der sieht aus wie eine kleine Teigrolle mit winzig kleinen Nadeln drumherum. Mit wirklich vielen Nadeln! Je nach Größe des Dermarollers sind es Hunderte. Die Mutprobe ist es nun, mit dem handlichen Nadelkissen mittels gleichmäßigen Drucks über die Haut zu rollen und zwar überall da, wo diese zu Falten, Schwangerschafts- beziehungsweise Dehnungsstreifen, Pigmentflecken oder Ähnlichem neigt.
Die Hautoberfläche wird während des Rollens leicht gepikst, es entstehen winzige rote Punkte, also Verletzungen der obersten Hautschicht. Die Punkte werden noch einige Stunden nach der Behandlung sichtbar sein, zum Glück fließt dabei kein Blut. Ein Grund, warum Hersteller empfehlen, eine Eigenbehandlung möglichst vor dem Schlafengehen zu machen. Dann hat die Haut ausreichend Zeit, sich wieder zu beruhigen, zu heilen. Und tatsächlich: Am nächsten Morgen sind alle Spuren verschwunden, und der Teint ist lediglich leicht gerötet.
Haut braucht Zeit zum Beruhigen
Aber der Reihe nach. Nach zwei Schwangerschaften und mit Ende 30 zeigt meine Haut deutliche Abnutzungserscheinungen. Konkret am Bauch in Form von transparent schimmernden Schwangerschaftsstreifen und im Gesicht, wo sich Mimikfalten um Mund und Augen so langsam aber sicher ihren Weg bahnen. Um wieder frischer und „unversehrter" auszusehen, möchte ich deshalb Microneedling ausprobieren. Das geht natürlich in einem Kosmetikstudio und wird dort Kollagen-Induktionstherapie (CIT) genannt. Dabei punktieren die Nadeln sehr gezielt die Hautoberfläche, bis zu 250-mal pro Quadratzentimeter. Vorher wird die Haut mit einer speziellen Creme lokal betäubt, das macht die etwa 30 Minuten andauernde kosmetische Behandlung angenehmer. Die Kosten hierfür liegen bei rund 300 Euro für das Gesicht, wer lediglich einzelne Areale behandeln lassen möchte, der zahlt dafür ab 99 Euro aufwärts, je nach Angebot des betreffenden Studios.
Die Vorteile des Microneedlings beschreibt der patentierte Anbieter der Dermaroller für zu Hause, die Dermaroller GmbH, wie folgt auf der eigenes eingerichteten Verkaufs-Webseite: „Es entsteht kein Narbengewebe, wie dies etwa bei einer Injektionsnadel der Fall wäre, sondern die Haut produziert Wachstumsstoffe zum Aufbau neuer Strukturen. Nach der Behandlung mit dem medizinischen Dermaroller bildet die Haut Kollagenfasern vom Typ III (sie wirken hautfestigend) sowie Elastinfasern (sie verleihen der Haut Elastizität) und neue Kapillargefäße, die die Durchblutung besonders in altem Narbengewebe fördern."
Durchblutung wird besonders angeregt
Ob das bei meiner Haut funktioniert, teste ich jetzt in Eigenanwendung zu Hause. Letztere Variante sagt mir aus Kostengründen erst einmal mehr zu als die Behandlung in einem Kosmetikstudio. Ich bestelle also die Basics und investiere damit insgesamt etwa 100 Euro. Zu den Basics gehört ein gutes Körperöl mit glättenden Eigenschaften (etwa 30 Euro), ein Dermaroller-Set in unterschiedlichen Größen (50 Euro), reiner Alkohol (5 Euro in der Flasche) und ein reichhaltiges Hyaluron-Pflegeöl (15 Euro im Angebot) angereichert mit hochdosiertem Vitamin C für die Pflege danach. Bei der Anwendung im Gesicht empfehlen die Hersteller, Dermaroller mit einer Nadeltiefe von 0,2 bis 0,5 Millimeter zu nutzen. Für Beine, Bauch und Po dürfen es bis zu 1,5 Millimeter Nadeltiefe sein. Auch die Breite der Auflagefläche variiert natürlich und macht es dadurch leichter und schneller, auch größere Bereiche zu rollen.
Vor Beginn der Behandlung sollte die Haut gründlich gereinigt werden. Auch der Dermaroller benötigt eine ausreichende Desinfektion, am besten mit reinem Alkohol und zwar immer wieder neu vor jeder Anwendung. Damit das Gerät später besser rollt und die Nadeln leichter in die Hautoberfläche eindringen können, kommt nun ein Körperöl auf die Haut. Hier genügt im Grunde genommen ein einfaches Mandelöl. Noch besser sind allerdings Varianten mit glättenden Eigenschaften wie Anti-Aging-Öle, damit diese gleich ihre Arbeit beginnen und tief in die Haut eindringen können.
Liegt alles bereit, geht es richtig los. Mit gleichmäßigem, leichtem Druck führe ich den Dermaroller nun über die Haut, genau genommen mitten hindurch. Dabei gibt es ein Muster zu beachten, damit die Punktierung auch wirklich ausreichend und gleichmäßig stattfindet. Es geht jeweils bis zu zehnmal hoch und runter, dann ebenfalls zehnmal von links nach rechts. Am Ende noch zehnmal diagonal von rechts oben nach links unten und andersrum. Eine zu vorsichtige Punktierung bringt der Haut keine Besserung, zu viel Rollen kann ihr ernsthaften Schaden zufügen und ist deshalb nicht ratsam. Je tiefer die Nadeln eindringen, desto länger braucht die Haut, um sich zu regenerieren. Für das Gesicht bedeutet das, eine Pause von mindestens einer Woche zwischen den Behandlungen einzulegen. Im Bauchbereich sollte ich mir laut Anleitung in der Produktpackung sogar vier Wochen Pause gönnen. Die Anwendung selbst ist leicht schmerzhaft, vor allem im Gesicht, weil dort viele Nervenbahnen verlaufen. Es ist aber auszuhalten und nach ein paar Wochen habe ich mich an die kleinen Stiche gewöhnt und gehe viel mutiger ans Werk.
Hilfe bei der Zellregeneration
Nach der Behandlung braucht meine Haut besonders viel Ruhe und Pflege. Hyaluronsäure in Kombination mit hochdosiertem Vitamin C hat sich hier bewährt. Beide Wirkstoffe agieren als „starkes Anti-Aging-Team", verspricht der Anbieter. Vitamin C hilft dabei, freie Radikale einzufangen, Pigmentflecken aufzuhellen und die Kollagenbildung der Haut anzukurbeln. Dadurch wirkt die Haut jung und frisch. Hyaluron füllt den natürlichen Hyaluron-Speicher wieder auf, die darin enthaltenen Moleküle speichern Feuchtigkeit, die sich wie ein Booster unter die Haut setzt und diese glättet. Durch die Punktierung der Haut kann die Säure besonders gut eindringen und hilft dabei, die Hautzellen zu reparieren. Dabei repariert sie „versehentlich" auch beschädigte Areale und deshalb verblassen Pigmentflecken und rote Stellen mit der Zeit, Falten und Schwangerschaftsstreifen werden glatter, sogar Brandverletzungen und Narben zeigen eine deutliche Verbesserung.
Mein Fazit: Dermarollen hilft wirklich, und erste Erfolge sind schon nach wenigen Behandlungen sichtbar. Wunder zeigen sich allerdings keine, die Schwangerschaftsstreifen und Falten sind noch da, allerdings nicht mehr so präsent sichtbar. Ob sich in der längeren Anwendung da noch etwas verbessert, bleibt abzuwarten. Zunächst brauche ich aber ein neues Gerät, denn nach nur wenigen Anwendungen werden die feinen Nadeln stumpf und erfüllen nicht mehr ihren Zweck. Die Kosten für einen Dermaroller liegen bei etwa 30 bis 100 Euro, je nach Anbieter. Gegenüber der professionellen Behandlung in einem Kosmetikstudio ist das trotzdem noch günstig, allerdings wohl auch weniger effizient. Bei der CIT-Therapie dringen die Nadeln gezielter und tiefer (bis zu 3,0 Millimeter) in das Gewebe ein, dadurch sollen Erfolge schneller sichtbar sein. Insgesamt lohnt es sich aber, dem Ganzen eine Chance zu geben.