Digital Aging wird das Phänomen der Hautalterung genannt, das durch Blue Light abstrahlende Geräte wie PC, Tablet oder Smartphone in hoher Konzentration verbreitet wird. Auch wenn es bislang noch keine seriösen wissenschaftlichen Studien gibt, die dies fundiert belegen könnten.
Ohne dass wir es bewusst zur Kenntnis nehmen, ist der Mensch täglich dem blauen Licht ausgesetzt. Dieses wird eher als weißes Licht wahrgenommen, vom Auge aber als Blue Light erkannt. Blue Light wird auch als High Energy Visible Light bezeichnet, also als hochenergetisches sichtbares Licht (HEV-Licht), und macht etwa die Hälfte des Sonnenlichtspektrums aus. Die andere Hälfte setzt sich aus Infrarotlicht (rund 45 Prozent) sowie UVA- und UVB-Strahlen zusammen. Das kurzwellige HEV-Licht mit einer Wellenänge zwischen 380 und 500 Nanometern ist zwar nicht so energiereich wie UV-Strahlung, doch dank seiner besonders starken energetischen Ladung kann es noch tiefer als die UV-Strahlen in die Haut eindringen. Das hat die Schwächung der natürlichen Barriere und verschiedenste Schädigungen unseres größten Organs zur Folge, wie beispielsweise einen gewissen Dichteverlust in der Dermis, eine Beeinträchtigung der Kollagen- und Elastinsynthese, Rötungen, Hautreizungen, Zellveränderungen durch oxidativen Stress oder die Bildung von freien Radikalen, jenen hochaggressiven Sauerstoffmolekülen, die Zellstrukturen langfristig zerstören können, was zu Falten, Pigmentstörungen oder schlaffen Gesichtspartien führen kann.
Allerdings besitzt die Haut in der oberen Schicht sowie in Horn- und Pigmentzellen sogenannte Opsine, körpereigene Substanzen, die bei blauem Licht aktiviert werden, daraufhin bestimmte Reparatur-Proteine ausschütten und somit wie ein Schutzschild die meisten Schädigungen verhindern können. Wissenschaftlich belegt ist auch, dass einige Wirkstoffe aus der Natur dem blauen Licht erfolgreich entgegenwirken können. Wobei an erster Stelle das Lutein genannt werden muss. Dieses kann gemeinsam mit den ebenfalls zu den Carotinoiden zählenden Wirkstoffen wie Lyocin, Beta Carotin, Zeaxanthin oder Cryptoxanthin HEV-Licht absorbieren und den durch blaues Licht verursachten Sauerstoffmangel ausgleichen, sowie dank seiner antioxidativen Eigenschaften die freien Radikale abfangen und somit unschädlich machen. Kein Wunder, dass die Kosmetikindustrie längst Produkte mit dem Inhaltsstoff Lutein entwickelt hat, der beispielsweise aus den Stammzellen der Preiselbeere oder aus Blüten, Blättern und Stängeln der Kapuzinerkresse gewonnen werden kann. Ähnlich wie UV-Strahlen, die unserem Körper nicht nur Schaden zufügen können, sondern beispielsweise in der Unterstützung der Vitamin-D-Bildung auch positive Eigenschaften besitzen, wird auch blaues Licht in der Dermatologie ganz gezielt gegen Akne oder Neurodermitis eingesetzt.
Wirkstoffe aus der Natur sind hilfreich
Es könnte für unsere Haut also eigentlich alles in Butter sein, wenn nicht die These unter dem Schlagwort Digital Aging in jüngster Zeit für immer mehr Aufregung sorgen würde. Danach führt die ständige Nutzung technologischer Geräte wie PCs, Tablets oder Smartphones der Haut einen zusätzlichen Overkill an blauem Licht zu. Dass künstliches blaues Licht wegen der Verzögerung der Melatonin-Ausschüttung eine schädliche Wirkung auf das abendliche Einschlafen hat, konnte schon wissenschaftlich nachgewiesen werden. Auch dass der hohe Anteil von Blue Light in LED-Lampen Entzündungsprozesse auf der Netzhaut auslösen kann, konnte schon belegt werden. Aber es gibt bislang noch keine gesicherten Forschungserkenntnisse dazu, ob von digitalen Geräten ausgestrahltes blaues Licht tatsächlich auch die Gesundheit der Haut beeinträchtigen kann. Das konnte die meisten populären Medien aber nicht davon abhalten, die digitale Hautalterung als Faktum zu postulieren, zumal sie darin durch prominente Pharma-Chefs wie Dr. Barbara Sturm oder Beauty-Labels wie Annemarie Börlind, Charlotte Tilbury oder Paula’s Choice unterstützt wurden. Sie alle beschwören – natürlich auch aus Eigeninteresse – die Haut-Gefahr durch digitales blaues Licht, weil sie schließlich längst Seren, Cremes oder Make-ups mit speziellen Blaulicht-Filtern, die auf hochpotenten Antioxidantien beruhen, in ihrem Sortiment haben.
Neben dem schon genannten Wirkstoff Lutein, der auch aus der Studentenblume Targetes gewonnen werden kann, werden auch die Blüten des Schmetterlingsflieders, Stoffe aus dem Helmkraut oder die Sprossen von Sonnenblumen dafür verarbeitet. Zusätzlich können in den Produkten auch noch bewährte Entzündungshemmer wie Glycyrrhetinsäure oder Licochalcon A sowie Extrakte aus der Kakaobohne enthalten sein; auch die Beauty-Allzweckwaffe Hyaluronsäure ist nicht zu vergessen.
Schädigung von Elastin und Kollagen
Häufig gebrauchte Schlagworte wie Indoor Smog oder Screen Face sollen vor der digitalen Gefahr für die Haut warnen. In Kurzform wird einfach behauptet, dass die künstlichen Lichtstrahlen bis in die unterste Hautschicht eindringen, dabei eine große Zahl an freien Radikalen freisetzen, was zu kaum reparierbarem oxidativem Stress führt und sich letztlich durch Schädigung von Elastin und Kollagen in Faltenbildung niederschlägt. Die wenigen kritischen Stimmen, beispielsweise aus dem Hause Beiersdorf, werden weitestgehend ignoriert: „Der Anteil des HEV-Lichts aus Handy, Tablet und Laptop ist hingegen zu vernachlässigen", so das Unternehmen in einer Stellungnahme zum Thema Blue Light. „Um die gleiche Dosis HEV-Licht von gerade einmal einer Minute in der Sommersonne aufzunehmen, müssten wir eine ganze Woche ununterbrochen vor einem Monitor (30 Zentimeter Abstand) verbringen", heißt es weiter. Das Label Annemarie Börlind vertritt dagegen die Ansicht, dass die durchschnittlich sieben Stunden, die rund 84 Prozent der Bundesbürger täglich allein vor den PC-Bildschirmen verbringen, für die Haut wegen der hohen Blue-Light-Belastung ein großes Problem darstellen. Sicherheitshalber empfehlen Experten zur Reduzierung dieser Bestrahlung durch digitale Geräte die Aktivierung des Nachtmodus an PCs, das kostenlose Filterprogramms „f.lux" für Macs, die App „Night Screen" für Android-Smartphones oder der Einstellung „Night Shift" für das iPhone. Auch Schutzfolien mit Blaulicht-Filtern, die es für Computer, Tablets oder Smartphones gibt, sind eine gute Lösung. Und für Antioxidantien gibt es zu hochpreisigen Pflegeprodukten auch die Alternative einer gesunden Ernährung mit Obst- und Gemüsesorten wie Spinat, Avocados, Brokkoli, Nüssen, Blaubeeren oder Zitrusfrüchten, die allesamt ebenso wie grüner Tee bestens als Radikalfänger geeignet sind.