Tom Paetow verließ Handball-Drittligist HG Saarlouis vor zwei Jahren als Ergänzungsspieler und kehrte im Sommer 2020 sportlich und menschlich gereift zurück. In seiner neuen Rolle als Leistungsträger im linken Rückraum fühlt er sich wohl und trägt zum perfekten Saisonstart bei.
Vier Spiele, vier Siege, acht Punkte und Tabellenführer. Bei Handball-Drittligist HG Saarlouis läuft es in der aktuellen Saison von Beginn an rund. Tom Paetow trägt im linken Rückraum seinen Teil dazu bei. Der 25-Jährige wurde in der HG-Jugend ausgebildet und war bis zu seinem Wechsel zur VTZ Saarpfalz im Jahr 2018 Teil des Saarlouiser Zweitliga-Kaders. Im gleichen Jahr stieg die HG in die 3. Liga ab. Nach seinem zweijährigen Gastspiel in Zweibrücken, wo sein Stiefvater Danijel Grgic sein Trainer war, kehrte Paetow im Sommer 2020 zu seinem Heimatverein zurück. Nach dem 30:26-Heimsieg gegen die HSG Krefeld steht am Samstag in der 3. Liga Mitte das Auswärtsspiel beim HSC Bad Neustadt auf dem Programm.
„Besser hätte es nicht laufen können", weiß Paetow angesichts der maximalen Punktausbeute in den ersten vier Ligaspielen. „Wir können aber auch mit den gezeigten Leistungen zufrieden sein", findet der Rechtshänder mit Blick auf die teils deutlichen Ergebnisse: „Sicherlich hatten wir bisher Gegner, die wir vielleicht sogar schlagen mussten. Aber ehrlich gesagt haben wir nicht gedacht, dass wir so früh an der Tabellenspitze stehen würden. Das nehmen wir natürlich gerne mit und schauen mal, wie es weitergehen wird." Ein bestimmter Erfolgsfaktor ist schwer auszumachen. „Ich glaube, dass wir alle einfach die Vorgaben des Trainers gut umgesetzt haben und letztlich gute Leistungen auf das Feld gebracht haben", sagt Paetow und erklärt „Wir haben gut zusammengespielt, in der Abwehr gut gestanden und hatten in jedem Spiel einen starken Patrick Schulz im Tor. Insgesamt hat es bisher einfach gepasst."
Paetow trägt nun mehr Verantwortung
Seit seiner Rückkehr wirkt Tom Paetow im HG-Trikot in einer anderen Rolle als vor seinem Abgang. Vom Ergänzungsspieler, der sich in der 2. Bundesliga nie wirklich durchsetzen konnte, entwickelte er sich in Zweibrücken weiter und reifte sportlich wie menschlich zu einer echten Handball-Persönlichkeit heran. „Sicher habe ich nun eine ganz neue Aufgabe mit mehr Verantwortung, aber eine, die ich bewusst gewählt habe", erklärt Paetow: „Ich habe die HG ja eben aus dem Grund verlassen, um mehr Spielzeit zu bekommen und damit auch mehr Verantwortung übernehmen zu können. Das habe ich in Zweibrücken genauso genutzt und jetzt versuche ich, diese Rolle auch hier einzunehmen." Die erste Saison mit der VTZ absolvierte Paetow in der 3. Liga – wo er unter anderem auf die abgestiegene HG Saarlouis traf. In der vergangenen Saison war er Leistungsträger und Kapitän in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar und führte sein Team auf Rang 7 der Abschlusstabelle. „Wesentlich war der Umstand, überhaupt mehr Spielzeit zu bekommen. Das erste Jahr in der 3. Liga war für mich ja auch etwas Neues. Ich habe gelernt, mich mehr reinzuhängen als vorher und mehr für die anderen da zu sein", blickt Paetow zurück. Erfahrene Spieler wie Martin Mokriš und Tomas Kraucevicius haben ihm „sehr geholfen zu reifen und mich sportlich zu entwickeln."
Einen nicht unwesentlichen Beitrag leistete in dieser Zeit auch sein Trainer und Stiefvater Danijel Grgic. Die lebende HG-Legende war schon 2016 zur VTZ gewechselt und nach seiner Zeit als Jugendtrainer in Saarlouis zum zweiten Mal auch für seinen Stiefsohn zuständig. „Ich hatte das Vertrauen des Trainers und den nötigen Freiraum, mich zu entfalten. Es war für mich der richtige Schritt, den ich absolut nicht bereue", stellt Paetow klar. Dabei war das mit dem Freiraum so nicht unbedingt zu erwarten. „Ich hätte ihm eine längere Leine geben sollen. Mein Hintergedanke war immer, das eigene Kind nicht zu bevorzugen. Letztlich habe ich ihn dadurch vielleicht sogar benachteiligt. Ich hätte ihm noch mehr Rückendeckung geben sollen", sagte „Dado" Grgic vor Kurzem zu FORUM. Trotzdem habe Paetow, „eine tolle Entwicklung genommen. Er ist ein hervorragender Spieler geworden", lobt Grgic. „Ich habe das gelesen", sagt der so Gelobte schmunzelnd und erklärt: „Sicher gibt es in jeder Spieler-Trainer-Beziehung und auch in jeder Vater-Sohn-Beziehung mal Punkte, in denen man sich nicht einig ist. Solche Punkte gab es bei uns natürlich auch. Aber er war der Trainer und das ist, was zählt." Über seinen Stiefvater kann er nur sagen, „dass er mir sportlich und menschlich sehr viel gegeben hat. Ohne ihn wäre ich definitiv nicht da, wo ich jetzt bin." Die gemeinsame Rückkehr an die alte Wirkungsstätte war übrigens nicht abgesprochen. „Meine Entscheidung stand schon, bevor ich überhaupt wusste, dass er auch zurückkommt. Aber ich bin froh, dass er wieder hier ist", sagt Paetow, der die B-Jugend der HG trainiert. Danijel Grgic ist Jugendkoordinator und Trainer der A-Jugend.
Aufgrund des Trainerjobs in der Jugend war der Kontakt zwischen der HG Saarlouis und Tom Paetow nie abgerissen. Schon Ende 2019 stand der Entschluss, zurückzukehren, fest. „Mein Weg hier war irgendwie noch nicht zu Ende. Das fühlte sich nur so halbfertig an. Von daher wollte ich unbedingt zurückkommen", beschreibt Paetow seine Gefühlslage vor dem Wechsel: „Das hier ist einfach mein Zuhause. Und auch sportlich gibt es in der Umgebung nichts Besseres, von daher war es die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Es macht mir zurzeit riesig viel Spaß." Noch mehr Spaß würde es ihm nur bereiten, wenn wieder Zuschauer zu den Heimspielen zugelassen wären. Dies war anfangs der Fall, nach dem Anstieg der Corona-Zahlen muss die Zuschauertribüne in der Stadtgartenhalle vorerst wieder leer bleiben. „Wir haben hier die geilsten Fans der Liga, und so eine Stimmung wie hier findet man in der 3. Liga in ganz Deutschland nicht. Obwohl im ersten Heimspiel nur etwa 250 Zuschauer dabei sein durften, war die Stimmung top", schwärmt der 25-Jährige von den eigenen Fans. Er betont aber auch: „Dass jetzt erstmal wieder keine Zuschauer in die Halle können, darf für uns sportlich keinen Unterschied machen und schon gar keine Ausrede sein." Tom Paetow ist nicht mehr nur Ergänzungsspieler, sondern ein wichtiger Bestandteil einer jungen, sich im Umbruch befindenden Mannschaft, die sich in den kommenden Jahren entwickeln und im oberen Tabellendrittel festsetzen soll. Doch nicht nur die Spieler, auch die Verantwortlichen und nicht zuletzt Fans wollen irgendwann mehr. „Ich hoffe, dass wir in den kommenden zwei, drei Jahren ganz oben anklopfen. Jeder im Verein will mittelfristig in der 2. Bundesliga spielen."