Die Zeiten sind ernst und die Menschen ungeduldig. Wobei ungeduldig nicht ganz das passende Wort ist. Mal ganz abgesehen davon, dass Menschen nach dem sommerlichen Durchatmen jetzt sehr unterschiedlich regieren. Es ist eine Mixtur aus gereizt, entnervt und zunehmend getragen von einer fast resignativen Hoffnung, dass sich nicht alles schneller ändert als Zeit da war, sich in den gerade geltenden Situationen zurechtzufinden.
Trotzdem ist die Zustimmung zum Regierungshandeln (zumindest laut Umfragen) entgegen manch medialem Eindruck nach wie vor erstaunlich hoch. Derartige Widersprüchlichkeiten sind übrigens kein Privileg von Krisen.
Die Zeiten sind ernst, wie der Rhythmus der Spitzengespräche mit jeweils neuen Maßnahmen parallel zu den steigenden Zahlen anzeigt. Eigentlich keine Zeit zum Geschichtenerzählen.
Trotzdem – oder gerade deswegen – treibt mich die Geschichte eines gewissen Quintus Fabius Maximus um. Fabius, einst römischer Senator, (gewählter!) Diktator und Feldherr hatte es in seinen Kämpfen zwar nicht mit einem unsichtbaren Virus, dafür aber mit einem höchst sichtbaren und verheerend umherziehenden mächtigen Gegner zu tun, dem berühmten Hannibal. Statt den in offener Feldschlacht zu stellen, ließ er ihn ins Leere laufen und zermürbte ihn. Kritiker warfen Quintus Fabius deshalb alles Mögliche vor, in die Geschichtsbücher ist er schließlich als Retter Roms mit dem Beinamen „Cunctator" (der Zögerer) eingegangen.
Hannibal mit dem Coronavirus zu vergleichen, ist natürlich Blödsinn, die Taktik des Cunctators rund 2200 Jahre und einige Seuchen und Epidemien später immer noch bemerkenswert. Die gereizte Ungeduld wird die Geschichte vom Erfolg durch weitgehende Vermeidung von direktem Kontakt und Einhaltung von ausreichendem Abstand vermutlich nicht besänftigen. Auch nicht den Zwiespalt auflösen, einerseits einheitliche Regeln zu fordern, gleichzeitig gezielte lokal-regionale Maßnahmen für den besseren Weg zu halten, und sich zugleich zu beklagen, dass die Quadratur des Kreises immer noch auf der Agenda ungelöster Aufgaben steht.