Europa muss sich konsequenter gegen islamistischen Terror schützen
Die terroristische Messerattacke in Nizza am Donnerstag vergangener Woche war ein Fanal. Drei Menschen wurden in einer Kirche mitten in der Stadt abgestochen. Der Täter mit mutmaßlich islamistischen Motiven: ein Flüchtling aus Tunesien, der sich erst seit ein paar Tagen in Frankreich aufhielt. Wieder war es Nizza, die vor Lebensfreude sprühende Mittelmeer-Metropole. Am 14. Juli 2016 hatte ein islamistischer Attentäter mit einem Lkw eine Menschenmenge durchpflügt: 86 Tote.
Gerade drei Wochen ist es her, dass der Lehrer Samuel Paty in seiner Schule in einem Pariser Vorort bestialisch enthauptet wurde. Er hatte zum Thema Meinungsfreiheit im Unterricht Mohammed-Karikaturen gezeigt. Es war der fünfte islamistische Anschlag in Frankreich in diesem Jahr.
Hochgeschaukelt wurden die Spannungen vermutlich durch den Kulturkampf zwischen dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und dem französischen Staatschef Emmanuel Macron. Macron hatte die Karikaturen als Bestandteil der Meinungsfreiheit in einer säkularen Gesellschaft verteidigt. Erdogan schmetterte dies als „Islamfeindlichkeit" ab und meinte damit die gesamte EU.
Man muss die Mohammed-Karikaturen, die immer wieder im französischen Satire-Magazin „Charlie Hebdo" abgedruckt werden, nicht mögen. Man kann sie sogar platt und geschmacklos finden. Was aber nicht geht, ist die Methode Erdogan: Demnach hält sich die Empörung über die Hinrichtung des Lehrers Samuel Paty sehr in Grenzen. Man echauffiert sich lieber über die angebliche christliche Kampagne gegen den muslimischen Glauben.
Nein, in einer Republik ist Kritik an allem und allen erlaubt. In den westlichen Staaten wird die Religionsausübung geschützt, aber sie ist Privatsache.
Die neuesten Terrorattacken führen zur bitteren Erkenntnis: Frankreich ist am Ende seiner Illusionen angelangt. Die meisten der sieben Millionen Muslime im Land leben zwar friedlich und halten sich an die öffentliche Ordnung. Doch Studien belegen, dass für 30 Prozent der Jugendlichen das islamische Rechtssystem der Scharia wichtiger ist als die Gesetze der Republik. Eine Vielzahl von radikalislamischen Organisationen hat sich seit rund 30 Jahren in Frankreich ausgebreitet. Sie machen Front gegen die „Ungläubigen", die für die Trennung von Staat und Religion eintreten.
Diese Netzwerke müssen die Sicherheitsbehörden auflösen. Moscheen, die zu Hass und Hetze anstacheln, gehören geschlossen. Die Demokratie muss wehrhaft sein.
Ja, es stimmt: Die französische Politik hat über viele Jahre bei den sozialen Brennpunkten in den Vorstädten beide Augen zugedrückt. Vor allem Jugendliche –
viele aus Einwandererfamilien – litten unter fehlender Bildung und Perspektivlosigkeit. Die Politik muss hier gegensteuern. Aber dies ist keine Einbahnstraße: Wer in Frankreich aufgenommen wurde, hat auch eine Bringschuld an Integration. Die laizistische Verfassung ist oberste Messlatte und nicht das Wort des Propheten. Insbesondere die Linken und Grünen haben sich hier zu viel Zurückhaltung auferlegt.
Doch falsche Toleranz ist selbstzerstörerisch. Wer die Republik bekämpfen will und aus islamistischem Hass Menschen tötet, gehört hinter Gitter oder abgeschoben. Die französische Politik muss mit größerer Konsequenz gegen die Feinde des Landes vorgehen. Worte allein reichen nicht.
Aber nicht nur Frankreich ist gefragt. Der islamistische Anschlag in Wien am Montagabend, bei dem vier Passanten erschossen worden waren, zeigt: Erhöhte Wachsamkeit ist nötig. Auch die deutsche Politik muss handeln. Das Messer-Attentat am 4. Oktober in Dresden, bei dem ein Tourist getötet und ein anderer schwer verletzt wurde, hat mutmaßlich einen islamistischen Hintergrund. Der Täter war ein Flüchtling aus Syrien, der 2015 nach Deutschland eingereist und den Behörden als Gefährder bekannt war. Der Vorstoß von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), den Attentäter nach Syrien abzuschieben, versandete in der politischen Debatte. Syrien sei Bürgerkriegsland, konterte etwa Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD).
Diese Argumentation ist kurzsichtig. Der Schutz der eigenen Bevölkerung steht vor dem Täterschutz. Wer in Deutschland Verbrechen begeht und eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, hat seine Aufenthaltsberechtigung verwirkt.