Es sind die schweren Themen, die zu ganz persönlichen und dennoch großen Dramen führen, die „Little Fires Everywhere" interessant machen – und das Spannungslevel hochhalten.
Die achtteilige Miniserie, in Deutschland zu sehen auf Amazon Prime, basiert auf dem Bestseller „Kleine Feuer überall" von Celeste Ng, der 2017 erschien. Wie im Buch ist auch die Serie in der Nähe von Cleveland im US-Bundesstaat Ohio angesiedelt. Hier, im Vorort Shaker Heights, wohnt Elena Richardson, dargestellt von Reese Witherspoon, die auch als Produzentin fungierte. Die Journalistin achtet immer darauf, möglichst nahe als Abbild der Perfektion zu erscheinen. Sie gibt sich weltoffen, an wichtigen Themen interessiert, tritt stets in möglichst makellos erscheinender Kleidung auf und kümmert sich nebenbei noch um die Vermietung eines Hauses. Mit ihren vier Kindern, alle an der Grenze zur Pubertät stehend, und ihrem Mann Bill (Joshua Jackson) scheint sie ihren Lebensplan verwirklicht zu haben und den amerikanischen Vorstadttraum zu leben.
Dann taucht Mia Warren (Kerry Washington) auf. Die afroamerikanische Künstlerin ist mit ihrer Tochter Pearl (Lexi Underwood) auf der Suche nach einer Wohnung. Auf seltsame Art angezogen von der am Rande der Mittellosigkeit stehenden herben Schönheit vermietet Elena Richardson an die Warrens und bietet Mia außerdem an, bei ihr als Haushaltshilfe zu arbeiten. Nach erstem Zögern nimmt sie die Stelle an – und die Geschichte an Fahrt auf. Denn schon kurz darauf zeigen sich erste Risse an den Oberflächen aller Beteiligten.
Nimmt sich dem Thema Rassismus an
So stehen die Kinder alle bereit, um erste sexuelle Erfahrungen zu machen, was zu emotionalem Wirrwarr führt. Gleichzeitig wird das Thema Rassismus in Amerika behandelt, was in den USA der ausklingenden 90er-Jahre ein leider immer noch alltägliches Problem war – und weiterhin ist. Pearl ist mittlerweile das rastlose Umziehen ihrer Mutter leid, möchte sesshaft werden und freundet sich mit den Richardsons an. Gleichzeitig regen sich die Geister der Vergangenheit auch bei Elena und bei Mira. Wer hat das größere Geheimnis? Wer ist am ehesten von seinem Plan abgewichen? Wer ist am un/glücklichsten?
Aus den titelgebenden kleinen Feuern entspringen die großen klein gehaltenen Gefühle; die kleinen und großen Leidenschaften, die einen Menschen ausmachen. „Little Fires Everywhere" gibt den Darstellern allen Raum, um zu brillieren. Sei es Reese Witherspoon als immer lächelnde Reporterin, die im Notfall immer genau weiß, welchen Knopf sie bei wem drücken muss. Oder sei es Kerry Washington, die ebenso enigmatisch wie resolut daherkommt. Beiden Hauptdarstellerinnen nimmt man gern sowohl die un/kantige Oberfläche ab wie auch die versteckten und verdrängt gehofften Gefühle darunter. Die jeweiligen Lebensentwürfe und -umsetzungen spiegeln sich in den beiden hervorragend.
Geschichte hält die ein oder andere Überraschung parat
Doch auch alle weiteren Darsteller machen einen Top-Job. Hervorzuheben sind vielleicht Lexi Underwood als Pearl, eine sehr gute Schülerin und begabte Poetin, und Jade Pettyjohn als Lexie, älteste Tochter der Richardsons. Was sie für ein Geheimnis birgt, soll hier nicht vorweggenommen werden. Es ist jedenfalls nur folgerichtig, dass sowohl Kerry Washington als auch die Serie für einen Primetime Emmy nominiert wurden. Beide gingen leer aus. Vielleicht ja auch, weil „Little Fires Everywhere" im Schatten von „Big Little Lies" steht, ebenfalls einem Vorzeigeprojekt von Reese Witherspoon. Bereits früh hatte sich die mit dem Oscar ausgezeichnete Schauspielerin mit ihrer Produktionsfirma Hello Sunshine die Rechte an dem Buch von Celeste Ng gesichert.
Die Miniserie ist mitunter etwas überfrachtet mit Nebenhandlungen, lässt zeitweise wirklich sehr, sehr viel Tränen fließen und hält das Erzähltempo nicht immer ganz durch. Dass zudem in verschiedenen Zeitebenen mit Gegenwart, gerade hinter einem liegender Vergangenheit und Rückblicken jongliert wird, verwirrt manchmal etwas. Doch die Geschichte hält die ein oder andere Überraschung parat. Und die Thematik um das Finden der Identität und über Mütter und Töchter und wer wann wo und weshalb gewollt wird, fesselt durch die Darsteller und vor allem durch die Darstellerinnen. Diese retten „Little Fires Everywhere" stets die Glaubwürdigkeit und Komplexität.