Der Handball im Saarland steht vor großen Herausforderungen. Neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie muss sich das neu gewählte Präsidium um Präsident Christoph Rehlinger unter anderem auch um den Schiedsrichter-Schwund kümmern.
Der Handballverband Saar hat einen neuen Präsidenten: Christoph Rehlinger. Der 47-jährige Familienvater wurde Ende Oktober im Rahmen eines Verbandstages des Handballverbands (HV) Saar einstimmig gewählt und löst seinen langjährigen Vorgänger Eugen Roth ab, der satzungsgemäß nach drei Amtszeiten ausgeschieden ist. Roth wurde während des Verbandstags ebenfalls einstimmig zum Ehrenpräsident und die mit ihm ausgeschiedenen Präsidiumsmitglieder Sigurd Gilcher, Dietmar Keller, Wolfgang Kirsch, Dirk Schmitt und Susanne Schu zu Ehrenmitgliedern ernannt. „Sie haben Großes geleistet und den Handball im Saarland über Jahre geprägt", sagt der neue Präsident.
„Ich war sehr überrascht, als mich Eugen Roth vor einigen Wochen gefragt hatte, ob ich mir das vorstellen könnte", gibt Rehlinger zu und ergänzt: „Das musste ich erst einmal ein paar Tage lang sacken lassen, schließlich habe ich ja noch eine Reihe anderer ehrenamtlicher Aufgaben." Seit zwölf Jahren ist er der erste Vorsitzende des TuS Brotdorf. Auch außerhalb des Handballs ist er als Vorsitzender des Kreisverbandes Merzig-Wadern der Obst- und Gartenbauvereine und jeweils stellvertretender Vorsitzender des Stadtverbandes Sport und des SPD-Stadtverbandes in Merzig ehrenamtlich tätig. „Letztlich habe ich mich dazu bereiterklärt, mich zur Verfügung zu stellen. Mir war nur wichtig, dass wir die Aufgaben in einem guten Team gemeinsam angehen können. Und hier stimmt die Mischung aus jungen, erfahrenen und fachlich guten Leuten", sagt der gelernte Bankbetriebswirt. Als solcher arbeitete er 27 Jahre lang bei der Sparkasse Merzig-Wadern, kandidierte 2019 für die SPD als Bürgermeister und ist mittlerweile selbstständig im Immobilienbereich und im Internethandel tätig.
Überraschender Anruf von Vorgänger Roth
„Mein ganzes Leben dreht sich um den Handball. Mein Papa Hans hat mir das in die Wiege gelegt", erzählt Rehlinger, der sich schon im zarten Alter von 18 Jahren im Vorstand seines Heimatvereins in Brotdorf engagierte. Auch auf dem Feld hat er sich aktiv eingesetzt und bis zur A-Jugend beim TuS gespielt. „Weil wir selbst keine A-Jugend hatten, durfte ich zwei Jahre lang in Merzig mitspielen", erinnert sich der frühere Saarauswahlspieler, der zunächst in der Rückraum-Mitte eingesetzt und später zum Kreisläufer umfunktioniert wurde. „Das war, als das Höhenwachstum nachgelassen hat, aber in der Breite noch etwas ging", erklärt er schmunzelnd. Viele Jahre spielte er mit Brotdorf in den höchsten saarländischen Spielklassen und brachte sich darüber hinaus im Vorstand und als Jugendtrainer ein. Später wurde er Spielertrainer der Zweiten Mannschaft der HF Untere Saar, der Spielgemeinschaft mit Merzig, mit der er in der Verbands- und Saarlandliga aktiv war. „Zwischendurch unterstützte ich immer mal wieder die Erste Mannschaft in der RPS-Oberliga – einmal in hohem Alter sogar noch in der Regionalliga", berichtet Rehlinger.
Das Amt an der Spitze des saarländischen Handballs übernimmt er mitten in der Corona-Pandemie. Als hätte der organisierte Sport im Saarland nicht schon genug Herausforderungen, denen er sich stellen muss. „Wichtig ist, dass wir unseren Sport überhaupt mal wieder ausführen können. Die Gesundheit steht natürlich über allem, aber die Pause darf auch nicht zu lange werden", mahnt Rehlinger und findet: „Die Leute schaffen es einfach nicht, die Regeln von sich aus einzuhalten. Daher bleibt im Moment keine andere Wahl, als die Notbremse zu ziehen, damit wir an Weihnachten nicht alleine zu Hause sitzen müssen." Von politischer Seite sei der Sport bisher noch nicht im Stich gelassen worden: „Man hat uns im Blick. Es gab ja auch finanzielle Unterstützung", sagt er und ergänzt: „Sollten die aktuellen Einschränkungen länger als vier Wochen gelten, sollte hier wieder etwas kommen." Vorausgesetzt, der aktuelle Plan geht auf und Familien dürfen Weihnachten zusammen feiern, kann Rehlinger dies als Chance nutzen: Als Schwager der saarländischen Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger, die selbst leidenschaftliche Leichtathletin ist, könnte er unterm Weihnachtsbaum Lobbyarbeit betreiben. „Bei der richtigen Gelegenheit werde ich sie aber auch gern noch mal darauf hinweisen, dass die Politik den Blick auf die Vereine auf keinen Fall verlieren darf", sagt er schmunzelnd und ergänzt: „Im Moment bekomme ich sie ja auch kaum zu Gesicht, weil sie rund um die Uhr unterwegs ist."
Konzepte für die Zeit nach der Krise
Ist die Corona-Krise irgendwann überstanden, sind Konzepte gefragt. Zum Beispiel zur (Wieder-)Gewinnung des Nachwuchses und für die Wiederbelebung des Schiedsrichterwesens. „Mit Christoph Schacht und Claudia Schikotanz haben wir sehr erfahrene Kräfte im neuen Präsidium, die sich in der Jugendarbeit bestens auskennen", sagt Rehlinger und hofft, dass die gute Arbeit der letzten Jahre nicht nur in der Spitze, sondern auch in der Breite Früchte trägt. Damit dies gelingt, appelliert Rehlinger an den Zusammenhalt: „Wir brauchen Spitzenvereine, um die Talente im Saarland halten zu können, aber umgekehrt sollten diese Spitzenvereine nicht unnötigerweise die Mannschaften aus dem Breitensport zerpflücken." Toptalenten sollen keine Steine in den Weg gelegt werden, aber „man sollte nicht jeden anwerben, der mal ein paar Tore geworfen hat." Genauso schützenswert wie die talentierten Spielerinnen und Spieler sind für Rehlinger auch die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter. Seit Jahren werden diese immer älter und weniger. Deshalb fordert der neue Handball-Präsident im Saarland: „Wir müssen die jungen Schiris richtig betreuen und sie auch schützen. Einige Zuschauer und Trainer verhalten sich ihnen gegenüber unverschämt, und dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn sie die Lust verlieren. Klar ist: Ohne Schiris können wir unseren Sport nicht ausüben."