Er hilft Leistungssportlern durch die belastende Corona-Zeit: Oskar Dawo. Für seine Initiative am Saarbrücker Rotenbühl-Gymnasium wurde der Sportpsychologe, A-Lizenztrainer und Sportlehrer mit einem Förderpreis der Robert-Enke-Stiftung ausgezeichnet.
Schüler, die eine Eliteschule des Sports besuchen, sind in der Regel nicht nur sportlich. Sie haben ihr Leben nach dem Sport ausgerichtet. Der Ausbruch der Corona-Pandemie macht es diesen jungen Menschen nicht leicht. Je nach Sportart konnten sie mal mehr, mal weniger und bisweilen auch gar nicht trainieren. Die weggebrochene Struktur im Alltag und auch die Ungewissheit führen zu enormer psychischer Belastung. Das Gymnasium am Rotenbühl in Saarbrücken, eine Eliteschule des Sports, ist diesem Problem begegnet. Genauer gesagt der Fachleiter Sport und Diplom-Psychologe Oskar Dawo. Er etablierte schon im April ein „psychologisches Krisenmanagement", um die Schülerinnen und Schüler in der Corona-Pandemie professionell zu begleiten. Dieses Projekt wurde nun mit dem zweiten Platz beim „Förderpreis Seelische Gesundheit im Nachwuchsleistungssport 2020" der Robert-Enke-Stiftung ausgezeichnet.
„Diese Auszeichnung macht uns natürlich sehr stolz", sagt Lothar Altmeyer, der Leiter des Sportzweiges am Rotenbühl-Gymnasium. „Wir haben das große Glück, mit Oskar Dawo einen Lehrer an unserer Schule zu haben, der gleichzeitig Diplom-Psychologe ist und als A-Lizenztrainer über hohe Kompetenzen im Sport und die damit verbundenen spezifischen Belastungen verfügt", freut sich Altmeyer und betont: „Seine Arbeit ist für uns extrem wichtig und ein Alleinstellungsmerkmal in der Schullandschaft." Für die insgesamt 215 Leistungssportschülerinnen und -schüler sowie deren Eltern besteht am Rotenbühl-Gymnasium schon seit 15 Jahren die Möglichkeit, mit einem (Sport-)Psychologen zu arbeiten. In der Oberstufe ist der zweistündige Oberstufenkurs „Mentales Training" sogar verpflichtend. Dort werden umfangreiche Fähigkeiten und Fertigkeiten erworben, um mit Stress- und Drucksituationen besser umzugehen und ihre Resilienz, also die psychische Widerstandskraft, zu stärken. Zusätzlich bietet Oskar Dawo auch Einzelgespräche sowie Online-Seminare und Workshops an. Die Schülerinnen und Schüler stehen dabei im Fokus, aber es gibt auch Angebote für Lehrerinnen und Lehrer, es fand auch schon ein Eltern-Workshop statt.
„Der Kopf gehört genauso zur Spitzenleistung"
Nach der Schulschließung in der Corona-Pandemie konnten zentrale Angebote nicht in Präsenzform umgesetzt werden. Hinzu kommen neue Problemstellungen durch die andauernde Stressbelastung, Unkontrollierbarkeit der Situation, Einsamkeit und Isolation durch die gebotene physische und soziale Distanz wie auch die potenziell gefährliche Wohnsituation im Internat und die verwirrende Informationslage. Oskar Dawo entwickelte seine Konzeption kurzerhand weiter und initiierte mit Unterstützung verschiedener Lehrkräfte altersgerechte Projekte – beispielsweise zur Vorbereitung auf das Abitur, die von den Schülerinnen und Schülern auch zu Hause umgesetzt werden konnten und können. „Gerade in dieser Zeit muss man ein funktionierendes Krisenmanagement haben und darf gewisse Sachen nicht einfach laufen lassen. Hier hat sich jemand Gedanken gemacht und diese perfekt umgesetzt", lobt Teresa Enke, die Vorsitzende der Robert-Enke-Stiftung, im SR-Fernsehen. „Es macht einen schon stolz, wenn die Arbeit von so einem Gremium anerkannt und gewürdigt wird", sagt Oskar Dawo und betont: „Die Gefahr des Virus und dessen Ausbreitung ist noch nicht beseitigt. Die Schule ist nun aber darauf vorbereitet und handlungsfähiger als je zuvor." Der Schwerpunkt seiner Arbeit hat sich während der Corona-Pandemie verlagert. Ging es vorher primär um Leistungsverbesserung, stehen mittlerweile das persönliche Wohlbefinden und die psychische Gesundheit im Vordergrund. „Viele haben Schwierigkeiten mit der Gesamtsituation. Dazu kommen der Wegfall von Wettkämpfen und Zeitstrukturen", berichtet Dawo und merkt an: „Die psychologische Arbeit wird im neuen Schuljahr noch bedeutender und sollte eine deutliche Ausweitung erfahren." Damit scheint klar, dass das Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro für den Ausbau der Online-Sprechstunden und zur Weiterführung und Ausbau des Projekts genutzt wird.
Oskar Dawo ist aber auch außerhalb der Schule tätig. Zum Beispiel für das Nachwuchsleistungszentrum des Fußball-Drittligisten 1. FC Saarbrücken. Seit zwei Jahren betreut er die Talente der Blau-Schwarzen – inzwischen zusammen mit einer Mitarbeiterin. Dabei geht es um Informationsvermittlung und auch Praxisübungen: „Im Prinzip ist es fast das Gleiche wie an der Schule auch: Es geht zum einen darum, den Nachwuchsspielern mentale Techniken beizubringen. Das gehört zum Training wie Krafttraining auch. Man kann lernen, wie man sich entspannt oder wie man mit Ärger umgeht und wie man dieses Erlernte dann in bestimmten Situationen anwendet", erklärt der 59-Jährige und nennt beispielhaft die methodisch aufgebaute Heranführung an Bewegungen nach schweren Verletzungen. Nicht wenige Fußballerinnen und Fußballer haben danach Probleme, sich wieder mit vollem Einsatz in Zweikämpfe zu stürzen – obwohl sie körperlich wieder dazu in der Lage sind. „Hier sind ein paar psychologische Tricks vonnöten, um den Prozess ein wenig zu unterstützen und zu beschleunigen", weiß Dawo, der hierfür auch schon mal Szenarien und Situationen auf dem Sportplatz nachstellen lässt.
„Zum anderen ist Fußball ja eine Mannschaftssportart und der Erfolg ist natürlich vom Team abgängig. Hier unterstütze ich Teamentwicklungs-Prozesse, die oft projektorientiert ausgerichtet sind", sagt der Fachmann. Beispielsweise wenden sich Trainer an ihn, die über die schlechte Tabellensituation berichten oder darüber, dass Hierarchie oder Kommunikation in der Mannschaft nicht funktionieren. „Die fragen mich dann: Könnten wir daran arbeiten?", sagt Dawo. Seine Antwort lautet niemals „Nein". „Auch für solche Probleme gibt es bestimmte Übungen für die ganze Mannschaft", sagt er. Zusätzlich können die Spieler die Einzelsprechstunden nutzen und von ihren unterschiedlichen Problemen berichten – auch über den Sport hinaus. „Bedarf gibt es immer. Der Kopf gehört genauso zur Spitzenleistung wie der Rest des Körpers. Wenn man früh damit anfängt, diesen Bereich zu trainieren und auszubilden, dann kommt man weiter als andere", weiß der nun ausgezeichnete Sportpsychologe, A-Lizenztrainer und Sportlehrer Oskar Dawo.