Die Zeit vor Weihnachten ist immer schon sehr nervös gewesen. Alles wegen Geschenkestress, erklären die einen. Oder weil es dunkel wird, bevor es hell ist. Oder weil es einfach Zeit wird, dass ein nerviges Jahr zu Ende geht. Wahrscheinlich ist es eine Gemengelage aus allem. Wenn das schon zu normalen Zeiten zutrifft, ist es kein Wunder, wenn die Stimmungslage in diesem Jahr so gar nicht zu einem reizvollen, dafür aber sehr gereizten Weihnachtsfest hinsteuert. Der politische Betrieb tut das Seine dazu. Ist es naiv zu fragen, was eigentlich gegen klareres, konsequenteres Vorgehen gegen die Pandemie spricht, und das, so lange die Umfragen eine doch beachtliche Bereitschaft dazu signalisieren?
Die Zeit bis Weihnachten ist besonders stark von Ritualen geprägt. Dass die in diesem Jahr (anders) ausfallen, tragen die allermeisten noch halbwegs geduldig bis demütig mit. Neue Rituale sind da überflüssig. Etwa der inzwischen fast schon ritushafte Wochenablauf aus Einigung – Widerspruch – Mahnung der Kanzlerin – neue Vorstöße – neue Einigung ... Das sorgt selbst beim bislang geneigten Publikum zunehmend für Verärgerung. Das lange vorhandene Verständnis, auf Entwicklungen jeweils neu zu reagieren, wird aufgezehrt. Und das auch bei denen, die sich bislang vernünftigerweise so diszipliniert wie möglich verhalten haben.
Vieles wirkt inzwischen wie Stückwerk und Aktionismus. Das Virus sei wohl nachtaktiv und Alkoholiker, deshalb die nächtliche Ausgangssperren und Alkoholverbot, ist so ein verzweifelt-sarkastischer Spruch aus Ratlosigkeit, was denn von all dem zu halten sei. Oder die verärgert hingeschleuderte Frage, warum wohl die Briten schon eine Impfung hinkriegen, wir aber nicht.
All das dürfte denen, die da zusammensitzen, nicht verborgen sein. Was die Sache nicht gerade besser macht. Wahrscheinlich fordern sie deshalb auf allen Kanälen in schöner Regelmäßigkeit eine längerfristige Strategie. Der Vorsatz hält bis zum nächsten Vorstoß. Und das Ritual, das keinen mehr überzeugt, nimmt seinen Lauf.