Früher als ursprünglich geplant hat die Spitze des Deutschen Fußball-Bundes bekannt gegeben, mit Joachim Löw ins Jahr 2021 zu gehen. Am Ende hat wohl vor allem dem zuständigen Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff der Mut gefehlt, den unumgänglichen Schnitt zu vollziehen. Dass Löw nur noch ein Trainer auf Abruf ist, wurde spätestens am Sonntag deutlich, als Bierhoff in der TV-Sendung „Sky90" bei Journalisten um Verständnis dafür warb, sollten sie mitbekommen, dass er in den kommenden Wochen mit Trainern Gespräche führen wird. Im Klartext heißt das, dass die Nachfolgesuche längst begonnen hat. Bierhoff wird in diesen Tagen nicht müde, zu betonen, dass die Nationalmannschaft grundsätzlich auf einem guten Weg sei. Doch welche Perspektiven hat das Team im Hinblick auf die EM im kommenden Sommer? Schafft es Löw noch einmal, die Motivation zu finden und die Mannschaft auf ein großes Turnier einzuschwören?
Zweifel sind erlaubt. Bierhoff jedenfalls hat klargemacht, dass er der starke Mann im deutschen Fußball ist. Der EM-Held von 1996 ist bestens vernetzt, zudem ein eiskalter Stratege und Strippenzieher. Und er spielt ein doppeltes Spiel. Einerseits kann er sich hinstellen und sagen, dass er Löw bis zuletzt den Rücken gestärkt habe. Dass Löw nach der EM aufhören wird, dürfte ausgemachte Sache sein. Auf sein Team setzt niemand derzeit auch nur einen Pfifferling. Sollte am Ende dennoch der Titel herausspringen, würde Löw als Welt- und Europameister abtreten. Sollte er vorher ausscheiden, wird ihm nichts als der Rücktritt bleiben. Bierhoff kann sich so oder so seine Hände in Unschuld waschen. Er hat es tatsächlich geschafft, sich von Löw abzusetzen, ohne ihn entlassen zu müssen. Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass er bei „Sky90" den Namen Ralf Rangnick gespielt hat. Beide haben denselben Berater. Natürlich wird Bierhoff nun behaupten, dass er bis zum Ende hinter dem verdienten Trainer Löw stehen wird. Aber die Wahrheit ist, dass er bereits mit der Nachfolge-Ära beschäftigt ist. Joachim Löw wird alleine ins
EM-Jahr 2021 gehen. Er dürfte schlau genug sein, das zu wissen.