Wir stellen seit dem ersten Lockdown in jeder Ausgabe ein Tier aus dem Tierheim Berlin vor. Um noch mehr zu helfen, hat FORUM der „Stadt der Tiere" ein großes Sach- und Futterspendenpaket zukommen lassen.
Auf dem zentralen Platz des Berliner Tierheims weht ein frischer Wind die letzten Spätherbstblätter über den weichen Splittboden. Eine gleichsam befremdende wie angenehme Ruhe liegt in der Luft. Hin und wieder dringt Hundegebell hinter den Steinwänden hervor, die den Platz wie einen hellgrauen Saum schützend umranden.
Normalerweise wäre hier jetzt reger Besucherbetrieb. In Nicht-Corona-Zeiten können das schon mal an die 1.000 Besucher täglich sein. Das Tierheim ist seit März für die Öffentlichkeit geschlossen. Seit Pandemiebeginn gab es durch die strengen Auflagen erfreulicherweise nur einen Coronafall – alle 180 Mitarbeiter sind gesund und in vollem Einsatz. Man arbeitet in kleinen Teams. Auch ein großer Teil der 800 ehrenamtlichen Helfer bleibt den Tieren treu. Gassi-Geher holen mit gebührendem Sicherheitsabstand ihre Zöglinge ab, um eine Runde um den Gebäudekomplex zu drehen. Streichelpaten wie Daniel kommen zweimal die Woche vorbei, um mit den Katzen zu schmusen und zu spielen.
1.300 Tiere – darunter auch Gänse, exotische Vögel und ein Schwein – leben zurzeit in den Parzellen des großflächig angelegten Rundbaus. Mit einer Fläche von 16 Hektar ist das Berliner Tierheim nicht nur das größte und modernste Europas, sondern auch einer der ältesten regionalen Tierschutzvereine Deutschlands (TVB). Ein eigentlich bestens funktionierendes Räderwerk, das sich fast ausschließlich durch Spenden, Nachlässe und Mitgliedsbeiträge finanziert. Rund 15.000 Mitglieder unterstützen die „Stadt der Tiere".
Spenden sind weggebrochen
Durch Corona sind allerdings viele Spenden-Aktionen und Privatinitiativen weggebrochen. Im Frühsommer musste beispielsweise das gemeinsam mit dem Deutschen Tierschutzbund organisierte Tierschutz-Festival abgesagt werden. Auch die Absage des „Tags der offenen Tür" und der Trödelwochenenden mit hohen Besucherquoten waren ein herber Verlust. Das „Weihnachtfest der Tiere" – ein bunter Markt mit Infoständen, vegan-vegetarischem Streetfood und dem ein oder anderen Promi, wurde dieses Jahr durch ein Weihnachtsmobil ersetzt. Vor Berliner Supermärkten wurden so weitere Weihnachtsspenden gesammelt. An drei festen Terminen im Dezember konnte man in der Infohütte – gleich hinter dem Haupteingang des Heims – seine Weihnachtsgeschenke persönlich abgeben. Jeden Samstag von 11 bis 16 Uhr ist noch bis März eine Bücherstube im Tierheim geöffnet. Und wie jedes Jahr gibt es die Wunschbaumkarten: Auf 64 Karten mit Fotos der Heimtiere sind auf der Rückseite Sachspenden-Wünsche markiert, einzulösen zum Beispiel über Amazon.
Auch ohne Besucher ziert ein Weihnachtsbaum den Zentralplatz der Tierstadt. Ein Mitarbeiter platziert mit dem Gabelstapler ein Konglomerat an Kartons, die von FORUM für das Tierheim bestellt worden waren, vor die festlich geschmückte Tanne. René Schalkau – in seiner Funktion als Haushandwerker, Tierbestatter und großer Tierfreund – hatte die Idee, die aktuell vor Weihnachten ankommenden Spendenpakete unter dem Baum zu drapieren. Es ist eine traditionelle Dankesgeste, die Pakete und ihre Spender als Erinnerung fürs Tierheimarchiv zu fotografieren. Manche werden auch im hausintern produzierten „Tierfreund-Magazin" veröffentlicht. René geht noch schnell einen der „Vorzeigehunde" holen. Heute darf Bailey posieren. Der kleine Labrador-Jack-Russell -Terrier-Mix ist auf Zack – sehr gut erzogen mit einem freundlichen Wesen. Mit viel Charme sucht er sich sein Geschenk vom Gabentisch. Er liebt Bällchen und würde sich über ein Körbchen nur für ihn in einem ebenerdigen und ruhigen Haushalt freuen. Beliebte Fotomodelle sind auch die „Bürohunde", also die Hunde der Tierheimmitarbeiter. Annette Rost, Leiterin für Kommunikation, Marketing und Fundraising arrangiert mit Praktikantin Clara den Inhalt der Kartons. Von Katzenkratzbäumen über allerlei Spielzeug, Futterpaletten, Heu und ein Holzhäuschen für die Kleintiere ist alles dabei. „Sach- und Futterspenden sind immer sehr willkommen. Unternehmen, Verlage aber auch viele Medien spenden in größeren Margen. Solo-Selbstständige, wie ein regelmäßig spendendes Tattoo-Studio, sind uns leider weggebrochen. Viele unserer treusten Spender kämpfen gerade selbst ums Überleben", so Annette Rost. Statt kleinteiliger Einzelsachspenden bevorzuge man allerdings logistisch gerade Geldspenden – auch kleine Beträge bewirken Großes. Instagrammer und Promis nutzten vermehrt ihre Bekanntheit zum Spendenaufruf in sozialen Medien – eine Games-Community erspielte mehrere Tausend Euro ein. Öffentlichkeitswirksame Spender sind Persönlichkeiten aus Politik, Sport und Entertainment wie der thailändische Botschafter Dr. Dhiravat Bhumichitr, der international bekannte Berliner Boxmeister Ronny Gabel oder DJ-Legende Dr. Motte. Ein weiteres finanzielles Standbein sind die Patenschaften. Bereits ab 30 Euro im Monat wird einem ausgewählten Tier mit Futter, Spielzeug oder Medizin geholfen. Mit sogenannten Gemeinschaftspatenschaften schon ab zehn Euro kann man Gruppen wie Katzen oder Hunde unterstützen.
Patenschaften für Hunde und Katzen
Die höchste Hilfsstufe ist natürlich der konkrete Vermittlungswunsch: Auf der Website finden sich Fotos der Tiere mit ebenso liebevollen wie detaillierten Beschreibungen. Telefonisch kann der Tierpfleger im intensiven Vorgespräch prüfen, ob alle Voraussetzungen bei den „neuen Tiereltern" gegeben sind. Vor-Ort-Termine sind nach der ersten Kontaktaufnahme mit Termin möglich. Die Vermittlungszahlen sind im Vergleich zum Vorjahr im Übrigen fast gleichgeblieben. Tierabgaben durch Tierhalter sind zurückgegangen. Corona lehrt den einen oder anderen vielleicht, mehr Geduld zu haben. „Bei der Vermittlung gibt es die Tiere an der Sonne, die sehr schnell vermittelt werden können, und die sogenannten Schattentiere. Sie werden kaum wahrgenommen, da sie scheu, alt, nicht mehr ganz gesund oder durch falschen Umgang ‚verhaltenskreativ‘ sind." Annette Rost wünscht sich, diesen Tieren zukünftig mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Dafür spricht ein aktuelles Spendenprojekt: Das Tierheim hat in Kooperation mit der Schornsteinfegerinnung einen wunderschönen Kalender (9,95 Euro) mit schwarzen Tieren herausgebracht. Aufgrund ihrer Fellfarbe sind sie schwerer vermittelbar und posieren mit den Schornsteinfegern. Wenn das mal kein Glück bringt.