Irgendwo zwischen Trent Reznor und Britney Spears sollte es klingen, das neue Album von Miley Cyrus. So verlautbarte es die 28-Jährige in einem Interview Mitte des Jahres. Dass „Plastic Hearts" diese Ankündigung nicht einhält, ist positiv zu bewerten. Denn weder den meistens kompromisslosen Industrialsound des Nine-Inch-Nails-Frontmanns noch das quieksige Las-Vegas-Opfer kopiert die Sängerin und Schauspielerin auf ihrem siebten Studioalbum. Vielmehr zeigt sie der Musikwelt, dass sie noch immer auf der Suche nach einem eigenen Sound ist – und das ist auf „Plastic Hearts" zumeist eine äußerst kurzweilige, unterhaltsame und vor allem musikalisch und noch mehr stimmlich hochkompetente Reise.
Cyrus, der man einen Stimmumfang von vier Oktaven nachsagt, hat den ebenso bonbonfarbenen wie auch ambitionierten Ausflug in die 80er-Jahre jederzeit im Griff. Das war bereits auf der Vorab-Single, dem fast perfekten Popsong „Midnight Sky", zu vernehmen, die mit japanisch inspiriertem Riff, grandiosem Basslauf und umwerfender Bridge überzeugt, die in einen lässigen Refrain mündet. Hier zeigt sie auch, dass sie durchaus in der Lage ist, sich dem Song unterzuordnen. Das größte Plus und Manko ihrer Sangeskunst zugleich wird nämlich in ihren Live-Aufnahmen von „Heart of Glass" und „Zombie" deutlich: Musikalisch absolut on the top, scheint sie gesanglich immer wieder ausbrechen zu wollen, was sich in einem mitunter aufdringlichen Rock-Röhren bemerkbar macht – bei dem Talent eigentlich völlig unnötig.
Und eigentlich auch egal, denn Tracks wie „Plastic Hearts" überzeugen als klassische Rock’n’Roller, bedienen sich wie „Gimme What I Want" gekonnt des beschriebenen Reznor-Stampfens oder könnten als Gitarrenschrammel-Single von 80er-Mainstream-Punks wie Billy Idol durchgehen – der 65-jährige Brite singt auf „Night Crawling" auch höchstpersönlich mit. Bei Balladen wie „Angels Like You" oder dem Lagerfeuer-Track „High" zeigt Miley Cyrus ihre beeindruckende emotionale Bandbreite vollends. Und bei „Hate Me" meint man im Refrain fast, dass die Beatles um die Ecke kommen und grüßen.