Covid hin, Corona her: Das Virus und die damit zusammenhängenden Begrifflichkeiten begleiten uns seit Jahresbeginn. Schaukelstuhl-Epidemiologen neigen zur Verharmlosung, andere neigen zur Panikmache. FORUM erklärt den Stand der Dinge.
Eine Pandemie
Denkt man an eine Pandemie, kommen einem die hohen Todeszahlen der Spanischen Grippe und der Pest im Mittelalter in den Sinn. Man sollte festhalten, dass eine Pandemie nicht über die Zahl der Todesopfer bestimmt wird. Vielmehr ist damit die „weltweite starke Ausbreitung einer Infektionskrankheit mit hohen Erkrankungszahlen und in der Regel auch mit schweren Krankheitsverläufen" gemeint, wie es das Robert- Koch-Institut definiert. Die Pest wurde durch ein Bakterium ausgelöst, die Spanische Grippe durch ein Influenzavirus. Wer Sars-CoV-2 also als „normale Grippe" verharmlost, sollte sich verdeutlichen, dass die Spanische Grippe geschätzt bis zu 50 Millionen Leben kostete, manche Schätzungen belaufen sich gar auf 100 Millionen – bei einer Weltbevölkerung von seinerzeit weniger als zwei Milliarden. Außerdem waren 20- bis 40-Jährige besonders betroffen.
Der Name
Coronaviren sehen unter dem Elektromikroskop grob kugelförmig aus und haben eine Art Kranz aus blütenblattartigen Fortsätzen, die einer Korona ähneln – also dem Strahlenkranz, der beispielsweise bei einer totalen Sonnenfinsternis hinter dem Fixstern zu sehen ist. Der Auslöser für die aktuelle Pandemie ist das Virus Sars-CoV-2. Sars steht für severe acute respiratory syndrome, zu Deutsch schweres akutes respiratorisches Syndrom. CoV steht für Coronavirus. „2" bedeutet, dass es sozusagen der Nachfolger von Sars-CoV ist, das ab November 2002 für die erste Pandemie des 21. Jahrhunderts verantwortlich war. Zwar starben dabei „nur" etwas weniger als 800 Menschen, doch sie war ein Vorzeichen für die Ausbreitung von Viren in einer globalisierten Welt.
Warum „neuartig"?
Die Coronaviren wurden Mitte der 60er-Jahre von der schottischen Virologin June Almeida erstmals beschrieben, die bereits das Rötelnvirus dargestellt hatte. In diesem Zuge entdeckte sie auch Coronaviren, die neuartige Infektionen der Atemwege verursachen. Sie gehören zur Ordnung Nidovirales, dort zur Unterordnung Cornidovirineae.
Der Ursprung
Zunächst wurde der erste Fall durch eine Übertragung von Tier zu Mensch auf einem Markt im chinesischen Wuhan im Dezember 2019 vermutet. Es gibt Hinweise darauf, dass es eine Ausbreitung von Sars-CoV-2 jedoch bereits im September einige Wochen zuvor in Italien gab. Auch beschuldigt die chinesische Regierung die USA, einen noch früheren Ausbruch in den Staaten zu vertuschen. Die Nachforschungen zum Corona-Ursprung laufen jedenfalls.
Die Symptome
Sars-CoV-2 ist das Virus, Covid-19 die Krankheit. Im Laufe des Jahres verwischte die Grenze zwischen den Begriffen, sodass man Corona zu beidem sagt. „Covid" steht für coronavirus disease, zu Deutsch Coronavirus-Krankheit. „19" steht für das Jahr der ersten Beobachtung. Die ersten Anzeichen ähneln denen einer Influenza-Erkrankung, was wohl auch zur Verharmlosung beiträgt. Was sich jedoch deutlich unterscheidet, ist die Inkubationszeit, die bei einer normalen Grippe ein bis zwei Tage beträgt. Bei Covid-19 beträgt der Zeitraum der Ansteckung bis zum eigentlichen Ausbruch oftmals fünf oder sechs Tage, teilweise auch bis zu 14 Tage. Erste Symptome sind typischerweise trockener Husten und Fieber. Hinzu kommen ein allgemeines Unwohlsein, Müdigkeit und Auswurf. Typisch ist auch der Verlust des Geruchssinnes.
Die Gefahr
Die Gefahr von Covid-19 ist, dass die Krankheit den Atemtrakt angreift. Das RKI schreibt: „Bei der überwiegenden Zahl der Fälle verläuft die Erkrankung mild." Gleichzeitig warnt das Bundesinstitut für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten auch: „Die Wahrscheinlichkeit für schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe nimmt mit zunehmendem Alter und bestehenden Vorerkrankungen zu." Es ist bekannt, dass es auch bei jüngeren Menschen und ohne Vorerkrankungen zu schweren oder lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen kam. Durch begrenzte Krankenhausbetten, wenig Erfahrung und fehlende Medikamente kann das Gesundheitssystem überlastet werden – das benennen Experten bereits seit Beginn der Pandemie als die eigentliche Gefahr. Wer möchte einen schweren Autounfall, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall haben und in der Notaufnahme nicht versorgt werden können, weil medizinisches Fachpersonal und Betten fehlen?
Macht der Impfstoff alles besser?
Das wollen wir mal hoffen. England preschte bereits Anfang Dezember vor und Deutschland zieht voraussichtlich Ende des Jahres nach – trotzdem: Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis genügend Menschen geimpft sind, um eine Grundimmunität vorzuweisen. Also wird es wohl locker noch ein halbes Jahr dauern, bis sich alles wieder einigermaßen beruhigt und normalisiert hat.
Der Verlauf
Sars-CoV-2 ist weder ein Killervirus noch eine „normale Grippe". Die meisten Covid-Erkrankungen verlaufen mild, 14 Prozent allerdings schwer und 5 Prozent sogar kritisch. Eine Infektion kann dann nicht nur die Atemwege, sondern auch andere Organsysteme betreffen. Neben Lungenentzündungen und Erkrankungen des Nervensystems sowie der Haut wurden auch bereits Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems beobachtet. In einzelnen Fällen traten auch entzündliche Erkrankungen des Nervensystems, des Gehirns oder der Hirnhaut auf. Etwa 80 Prozent der Patienten erleben nur leichte oder gar keine Krankheitszeichen – andere wiederum müssen wegen einer einhergehenden Lungenentzündung an eine Beatmungsmaschine, die nur in begrenzter Anzahl zur Verfügung stehen. Die Langzeitfolgen werden derzeit noch untersucht.
Wie schütze ich mich?
Im Umkreis einer infektiösen Person von ein bis zwei Metern ist die Gefahr am höchsten, sich zu infizieren. Deswegen gilt die Abstandsregel. Das Virus kann sich auch per Schmierinfektion über die Hände ausbreiten; deswegen die Hygienemaßnahmen, also Hände waschen und ab und zu desinfizieren. Andere Menschen kann man prima schützen, indem man beispielsweise in die Armbeuge niest oder die Alltagsmaske aufsetzt. Weniger Tröpfchen = geringere Chancen auf eine Infektion. Wer das nicht versteht, kann einen ganz simplen Selbsttest machen: sich einfach einmal mit und einmal ohne Maske anniesen lassen.
Verbreitung
Die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt per Tröpfcheninfektion und kann sehr leicht vonstatten gehen. Das bedeutet, dass sich Sars-CoV-2 hauptsächlich über virushaltige Partikel überträgt, die von infizierten Personen vor allem beim Husten und Niesen sowie beim Atmen, Sprechen und Singen freigesetzt werden. Das kann per größeren Tröpfchen oder auch per Aeresolen geschehen.
Mutationen
Ein SWR-Bericht bezeugte bereits Ende Juni mehr als 100 Mutationen. Eine Mutation ist eine spontan auftretende, dauerhafte Veränderung des Erbgutes in einem Lebewesen oder bei Viren. Eine positive Mutation wird für die Artenvielfalt verantwortlich gemacht. Ein negativer Verlauf ist beispielsweise die Rot-Grün-Sehschwäche. Oftmals passiert bei einer Mutation jedoch gar nichts, oder ein Virus passt sich einfach den Gegebenheiten vor Ort an. Für große mediale Aufmerksamkeit hat vor wenigen Wochen Dänemark gesorgt: Das Land ließ bis zu 17 Millionen Nerze keulen, weil sich etwas mehr als 200 Menschen mit einer Variante des Coronavirus infiziert hatten, die vorher nur bei den Nagetieren vorkam. In England und Südafrika grassiert seit wenigen Tagen eine Mutation, von der vermutet wird, dass sie weit ansteckender ist als das Ursprungsvirus. Die Schwierigkeit dürfte es jedenfalls sein, die wahre Flut an Informationen auszuwerten, die nach den jeweiligen Untersuchungen zur Verfügung stehen.