Noch machen Elektrofahrzeuge nur einen sehr kleinen Teil der Gesamt-Zulassungen aller Autos aus. Doch 2020 erlebten sie im Vergleich zum Vorjahr einen sprunghaften Anstieg. Die Gründe sind vielfältig.
Der Anteil an Elektroautos bei den EU-Neuzulassungen hat sich innerhalb eines Jahres verdreifacht. Im zweiten Quartal 2020 waren 7,2 Prozent aller Neuzulassungen Pkw mit Elektroantrieb, wie der europäische Branchenverband Acea im Herbst in Brüssel mitteilte. Im Vorjahreszeitraum hatte der Anteil bei 2,4 Prozent gelegen. Im Zuge der Corona-Pandemie war die Zahl der Neuzulassungen stark zurückgegangen. Diese Entwicklung betraf aber vor allem Diesel und Benziner, wobei diese beiden Segmente immer noch mehr als 80 Prozent der Autoverkäufe insgesamt ausmachen. Zwischen April und Juni sank der Absatz von Autos mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren um mehr als die Hälfte. Die Zahl der neu zugelassenen elektrisch angetriebenen Autos in der EU entwickelte sich gegenteilig: Die Zahlen legten im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 50 Prozent zu.
In Deutschland wurden allein im August 2020 mehr als 16.000 rein elektrische Einheiten neu zugelassen – mehr als dreimal so viele wie im Vorjahresmonat, wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mitteilte. „Insgesamt wachsen die Elektroneuzulassungen auf 162.666 Fahrzeuge zwischen Januar und August 2020", teilte dazu Automobil-Experte Stefan Bratzel mit, Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. „Damit wurden bereits nach acht Monaten über 50 Prozent mehr E-Fahrzeuge zugelassen als im Gesamtjahr 2019." Und das änderte sich auch im Herbst nicht.
Allein im Oktober 32.324 Anträge
Zurückzuführen war die Nachfrage demnach vor allem auf die sogenannte Umweltprämie der Bundesregierung, mit der diese den Kauf unter anderem von Elektroautos fördert. Seit Mitte Februar 2020 erhalten Käufer von Elektroautos eine Prämie, die in Deutschland von Bund und Autoindustrie finanziert wird. Wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte, gab es allein im Oktober 32.324 Anträge. Dies sei den vierten Monat in Folge ein Rekord. Die Bundesregierung hatte die staatlichen Zuschüsse im Zuge des Konjunkturpakets im Sommer deutlich angehoben, um die Nachfrage anzukurbeln. Das kostet den Bund Milliarden. Die erhöhte Prämie gilt bis Ende 2021. Reine Elektroautos werden mit einer Prämie von 9.000 Euro gefördert. Davon übernimmt der Bund 6.000 Euro, die Hersteller den Rest.
Im Oktober wurden in Deutschland 23.158 Elektro-Pkw neu angemeldet. Damit besaß jede zwölfte Neuzulassung (8,4 Prozent) ausschließlich einen Elektromotor, wie das Kraftfahrt-Bundesamt mitteilte. Der meistverkaufte alternativ angetriebene Fahrzeugtyp bleibt aber trotz eines leichten Rückgangs europaweit das Hybrid-Elektrofahrzeug. Dessen Anteil an den gesamten Neuzulassungen in der EU lag im zweiten Quartal mit 9,6 Prozent über dem der rein elektrisch angetriebenen Autos.
Ein weiterer Grund für die Zunahme von zugelassenen Elektrofahrzeugen liegt natürlich auch im größeren Angebot begründet. Immer mehr Autobauer bringen reine E-Fahrzeuge auf den Markt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass von diesem Jahr an verschärfte Grenzwerte für den Flottenausstoß des klimaschädlichen Abgases Kohlendioxid (CO2) in der EU gelten. Verfehlen Hersteller die Auflagen, könnte es zu teuren Strafzahlungen kommen. Daher sind die Autobauer bestrebt, den Anteil emissionsärmerer Autos zu erhöhen.
Ein weiteres Problem der Autoindustrie im abgelaufenen Jahr waren aber auch die Engässe bei den Zulassungsstellen aufgrund strengerer Corona-Regeln. So pochten die Kraftfahrzeugbranche und die IG Metall Ende Oktober auf schnellere Autozulassungen durch die Behörden. „Die Wartezeit kostet sowohl Händler als auch Kunden bares Geld", sagte Ralf Kutzner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied bei der Gewerkschaft, damals. Der Präsident des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Jürgen Karpinski, plädierte für eine digitale Zulassung im Autohaus. „Solange eine Zulassung im Autohaus aber noch nicht möglich ist, sollten die zuständigen Behörden alles tun, um die Wartezeiten für Kunden und Autohändler in den Zulassungsstellen erträglich zu gestalten", argumentierte er.
In der Corona-Krise blieben eben auch Verwaltungen und Behörden geschlossen. Nach wie vor arbeiten viele Mitarbeiter von zu Hause aus. Aus Sicht des Verbandes führt das zu eingeschränkten Öffnungszeiten und wenigen verfügbaren Terminen bei den Zulassungsstellen. Der zweite harte Lockdown hat diese Situation weiter verschärft. Der ZDK vertritt neben Autowerkstätten auch Autohäuser und -händler. Sie kümmern sich beim Verkauf eines Autos um die notwendige Zulassung bei den Behörden. Bei einer Branchenumfrage des Verbandes unter knapp 1.400 Betrieben gab rund ein Viertel von ihnen an, länger als eine Woche auf einen Termin warten zu müssen. Bei jedem zehnten befragten Betrieb habe die Bearbeitung dann noch einmal bis zu einer Woche gedauert.
Ein weiterer Grund für die Zunahme von reinen Elektrofahrzeugen ist, dass auch E-Leasingangebote für Privatnutzer immer beliebter werden und dazu dienen, die Hemmschwelle für den Wechsel aufs E-Auto zu senken. „Es ist eine psychologische Stütze, vor allem für Erstnutzer, Kunden also, die noch keine Erfahrung mit E-Mobilität haben", vermutet etwa Josef Reitberger. Der Chefredakteur des Elektromobilitätsportals „Efahrer.com" verweist auf „erstaunliche Leasingraten", da die Logik umgedreht werde. Normal gelte: „Je länger ich lease, umso niedriger die Leasingrate. Da aber die Förderung eingerechnet wird, gibt es beispielsweise den Plug-in-Hybrid Passat GTE auf zwei Jahre gerechnet für 99 Euro im Monat."
Günstiges E-Leasing soll Hemmschwellen abbauen
Noch günstiger kann man laut Reitberger aktuell reine E-Autos leasen, da die Förderung höher ist. Aber er warnt: „Bei diesen spektakulär günstigen Verträgen muss man auf das Kleingedruckte achten." Abholung ab Werk, zusätzliche Übernahmekosten oder eingeschränkte Kilometeranzahl können sich auf die Kosten umschlagen, berichtet das Portal, das auch einen Kostenrechner zum Vergleich E-Auto versus Verbrenner anbietet. Grundsätzlich prüfen sollte man zudem, ob die Batteriemiete inklusive ist, oder Zusatzkosten entstehen.
Auch beim Leasing von E-Autos und Plug-in-Hybriden kann man zudem einen Umweltbonus bekommen. Während der Herstelleranteil sofort verrechnet wird – dies muss aus dem Leasingvertrag hervorgehen –, muss man den staatlichen Anteil vorstrecken und sich nach der Zulassung vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zurückholen. Dies gilt natürlich nur für förderfähige Modelle. „Vorsicht bei Kurzzeitleasing: Die volle Förderung vom Staat gibt es nur, wenn man länger als zwei Jahre least", erinnert ADAC-Sprecher Christian Buric.
Der ADAC will mit eigenen Angeboten, aber auch grundsätzlichen Leasingempfehlungen die Angst vor dem E-Auto nehmen. „Die technischen Entwicklungszyklen bei E-Autos sind derzeit so schnell, dass Leasing, zum Beispiel im Dreijahresturnus, attraktiv ist", erklärt Buric. „Der Verbraucher hat immer ein Auto, das up to date ist."
Buric rät, bei allen Leasingangeboten darauf zu achten, ob man einen Vertrag mit oder ohne Anzahlung abschließt. Normalerweise seien beim Leasing keine Wartung, Inspektion oder Reparaturen enthalten.