Was macht eigentlich William H. Macy? Seit nun schon zehn Staffeln brilliert er in „Shameless". Eine Serie, deren Name Programm ist. Macys Alter Ego Frank ist ein siebenfacher Familienvater, der völlig abgewrackt, versifft und drogenabhängig ist.
In Großfamilien ist es nicht unüblich, dass die ältesten Geschwister die jüngeren quasi miterziehen. Die großen Kinder nehmen den Eltern Arbeit ab. Eine Hand wäscht quasi die andere. Bei der Familie Gallagher ist es ähnlich, nur dass die Älteste – Fiona (Emmy Rossum) – gar keine andere Wahl hat, als sich um die Kleinen – fünf an der Zahl – zu kümmern. Denn ihre Eltern, Frank (William H. Macy) und Monica (Chloe Webb) haben nicht nur als Menschen, sondern auch als Eltern auf ganzer Linie versagt.
Die Gallaghers leben in der Chicagoer South Side, gehören damit zur urbanen Unterschicht. Ein regelmäßiges Einkommen gibt es nicht, in dem kleinen Haus teilen sich die vielen Geschwister den wenigen Platz. Außer Fiona wären da Phillip, genannt Lip (Jeremy Allen White), Ian (Cameron Monaghan), Debbie (Emma Kenney), Carl (Ethan Cutkosky) und Liam (unter anderem Brennan Kane und Blake Alexander Johnson) – der einzige dunkelhäutige Spross der Familie. Die drogenabhängige und bipolare Mutter Monica ist kurz nach der Geburt von Liam abgehauen und hat Frank mit den Kindern alleine gelassen. Frank juckt das allerdings nur bedingt. Sein Tag beginnt mit einem Drogenrausch und endet mit Alkohol-Exzessen. Und das jeden einzelnen Tag. Ohne Ausnahme. Kurzum: Alle müssen schauen, wie sie ohne elterliche Aufsicht, Fürsorge und vor allem finanzielle Unterstützung über die Runden kommen. Außerdem sind die „Kinder" ebenfalls problembehaftet.
Fiona hat keinen Schulabschluss, da sie schon früh die Mutterrolle in der Familie übernehmen musste. Für mehr als Gelegenheitsjobs ist sie nicht qualifiziert. Die Jobs wiederum bringen nicht das nötige Kleingeld rein, um die Familie über Wasser zu halten. Als Unterstützung hat sie ihre beste Freundin Veronica (Shanola Hampton) und deren Mann Kevin (Steve Howey). Die beiden helfen finanziell aus und kümmern sich um den kleinen Liam.
Bei den Gallaghers fliegen die Fetzen
Aber auch Lip steuert ab und an seinen Teil bei. Leider mit Verdiensten aus kleinkriminellen Machenschaften. Er ist überdurchschnittlich intelligent, tut sich aber mit Autoritäten schwer, und auch er ist weichen Drogen und Alkohol nicht abgeneigt, obwohl er nicht mal volljährig ist.
Ian ist das drittälteste Kind der Familie. Er strebt eine Militär-Karriere an und outet sich schon in der ersten Staffel als homosexuell.
Debbie ist das vierte Kind und die zweitälteste Tochter. Sie ist am wenigsten verhaltensauffällig, kümmert sich auch schon rührend um den Kleinsten, hadert aber mit ihrer körperlichen Entwicklung, die sie als verzögert wahrnimmt.
Carl teilt sich mit seinen älteren Brüdern Ian und Lip ein Zimmer. In seiner Freizeit zerstört er gern Gegenstände, übt alle möglichen Formen von Gewalt aus und tut sich schwer in der Schule.
Liam hat mit seinen zwei Jahren noch keinen nennenswerten Charakter, da er aber als einziges der Kinder dunkelhäutig ist, nehmen die restlichen Familienmitglieder an, er sei nicht Franks leiblicher Sohn.
Als Fiona in der ersten Staffel den charismatischen und wohlhabenden Steve (Justin Chatwin) kennenlernt, macht sie sich Hoffnung auf ein besseres Leben. Und auch Frank fühlt sich bei Sheila (Joan Cusack) gut aufgenommen. Zumindest für kurze Zeit.
Im Laufe der zehn Staffeln entwickeln sich die einzelnen Charaktere auf unterschiedlichste Weise weiter, durchlaufen krasse Höhen und Tiefen. Jeder lebt sein Leben für sich, und doch beeinflussen sich die einzelnen Familienmitglieder auf intensive Art und Weise. Denn eines ist in dem absolut chaotischen Haushalt klar: Die Gallaghers halten zusammen, komme was wolle, selbst wenn da die Fetzen fliegen, dass einem angst und bange wird und man auch mal Sorge um das Wohl, ja sogar Leben des ein oder anderen haben muss.
Die erste Staffel der Serie ist bereits 2012 erschienen, die zehnte Ende letzten Jahres. Man kann sich also vorstellen, wie sich gerade die Jungschauspieler in den vergangenen acht Jahren weiterentwickelt haben. Aber auch William H. Macy durchläuft eine grandiose Entwicklung, die einen staunen, lachen und weinen lässt. Die Geschehnisse sind zwar extrem, aber irgendwie glaubwürdig und nicht übertrieben dramatisiert gezeichnet. Dass der Hollywood-Star mittlerweile 70 ist, kann man kaum glauben. Dass sein Alter Ego Frank für einen Mittfünfziger vielleicht etwas mitgenommen aussieht, erklärt sein Lebensstil von selbst.
Ein kleines Schmankerl zu Beginn jeder Folge ist die Ankündigung zum Rückblick der Geschehnisse, wo jedes Familienmitglied mutmaßt, weshalb die letzte Folge wohl verpasst wurde …