Menschen haben Probleme mit ihrem Hund, ein Pferd verhält sich merkwürdig, eine Katze ist verschwunden – bei solchen und noch vielen anderen Problemen mit Haustieren kann Petra Wiesmann helfen. Die 56-jährige Tierkommunikatorin spricht mit Tieren.
Als Inni den Fotografen sieht, steuert sie sofort auf ihn zu und drückt ihre große Nase vorsichtig an seinen Kopf. „Einfach stillhalten", ruft Petra Wiesmann über die Koppel dem leicht verdatterten Fotografen zu. „Sie begrüßt dich. So ist das bei meinen Pferden", sagt sie und lacht. Dabei geht die dunkelhaarige Frau mit dem herzlichen Lachen von einem ihrer Pferde zum anderen, wandelt geradezu zwischen ihren Tieren, legt hier ihren Kopf an eine Pferdeschulter, umarmt dort den Hals eines anderen Pferdes, schmiegt sich an den Bauch des nächsten. Die Tiere halten still, genießen die Zuwendung, erwidern sie sichtlich. Die tiefe Verbundenheit zwischen der Frau und den Pferden ist deutlich zu spüren.
Während des Fotoshootings weicht Inni weiterhin kaum von der Seite des Fotografen. „Sie arbeitet mit dir", sagt Petra Wiesmann, als sei das ganz normal. Und das ist es auch. Die dunkelbraune Stute und ihre drei Artgenossen sind es gewohnt, in Kontakt mit Menschen zu gehen. Denn Petra Wiesmann ist Tierkommunikatorin. Das heißt, dass sie auf mentaler, emotionaler und körperlicher Ebene mit Tieren spricht, ihre Gedankenbilder, Gefühle, Wünsche, Ängste und Bedürfnisse über ihre eigenen inneren Sinne wahrnimmt. Was sich erst mal seltsam anhört, wird auf der ganzen Welt von Menschen praktiziert. Und dabei handelt es sich nicht um eine mysteriöse Gabe, sondern um etwas, dass in allen Menschen angelegt ist, sagt Petra Wiesmann. „Der Mensch hat es nur verlernt. Tierkommunikation hat etwas mit Fernwahrnehmung zu tun. Unsere Vorfahren und alle Naturvölker haben schon immer so kommuniziert, ohne Handy, ohne Telefon. Einfach über ihre inneren Sinne. Es geht um Intuition, um das innere Gefühl, die Wahrnehmung, die ohne Worte und Gesten auskommt. Mit der Industrialisierung und den ganzen technischen Erfindungen ist das in den Hintergrund geraten." Seit über 20 Jahren arbeitet die 56-Jährige hauptberuflich als Tierkommunikatorin und hilft Menschen dabei, ihre Tiere besser zu verstehen oder Probleme aufzudecken und zu lösen.
Um mit einem Tier in Verbindung zu treten, reicht ein Foto. Petra Wiesmann betrachtet das Foto aufmerksam und geht dann in eine innere Ruhe, fast wie bei einer Meditation. Dann begrüßt sie im Geist das Tier und so, wie sie von der anderen „Seite" eine Verbindung spürt, kann sie mit dem Tier im Geiste anfangen zu sprechen. Während des Gesprächs schreibt Petra Wiesmann alles auf, was sie empfängt. Diese Mitschrift bespricht sie anschließend mit dem Besitzer des Tieres.
So auch bei Gabi und Dietmar Berk und deren Hund Lewis. Das Ehepaar hatte den großen Mischling aus Rumänien adoptiert. „Es war schwierig mit ihm, er hatte wohl etwas Traumatisches erlebt", erzählt Gabi Berk. „Er fand keinen Zugang zu uns, auch der Gehorsam war schwierig, er lief immer weg. Zu Hause lag er oft rum, er wirkte auf mich richtig depressiv." Petra Wiesmann geht mit Lewis in Verbindung. „Er hat mir viel Persönliches erzählt, Dinge, die eng mit seinen Menschen verbunden sind. Das muss man übrigens den Tierbesitzern auch vorher sagen, bevor man mit ihrem Tier spricht." Die Kommunikatorin erfährt von einem Thema, das Dietmar betrifft. „Es ging um eine alte Traurigkeit, die Gabis Mann mit sich herumtrug."
Schon als kleines Kind spürt sie eine tiefe Verbundenheit zu Tieren
Gaby Berk und ihr Mann sind beeindruckt, denn Petra hatte ihnen etwas gesagt, was sie nicht wissen konnte. Sie verstehen, dass dieses menschliche Problem sich auch auf den Hund auswirkt. Dazu kommt, dass Menschen und Tiere sich mit ihren „Themen" gegenseitig anziehen und sich nicht selten auch ihre Vergangenheiten ähneln, was Traumata oder andere schwierige Erfahrungen angeht, sagt Petra Wiesmann. „Tiere wissen dies ganz genau und berichten der Kommunikatorin in ihren Kontaktaufnahmen davon." Das Ehepaar nimmt es sich zu Herzen und beginnt, an dem Thema zu arbeiten. Das Ergebnis ist erstaunlich. „Lewis ist jetzt wesentlich lustiger", sagt Gabi. „Auch mein Mann wurde aufgeschlossener. Wir lachen jetzt viel mehr zu Hause. Und Lewis ist anhänglicher geworden. Er springt sogar ins Bett und schmiegt sich an uns. Er zeigt uns: Ich will bei euch sein, fühle mich zugehörig und angenommen." Gabi Berk ist sichtlich gerührt.
Schon als kleines Kind spürt Petra Wiesmann eine tiefe Verbundenheit zu Tieren, sie versteht sie, empfängt ihre Botschaften. „Es war für mich völlig normal." Die Eltern haben dafür kein Verständnis, verstehen nicht, mit der Sensibilität der Tochter umzugehen. Petra Wiesmann geht daher erst einmal die sogenannten vernünftigen Wege, absolviert mehrere Ausbildungen, arbeitet unter anderem im kaufmännischen Bereich, bildet sich aber in ihrer Leidenschaft für Tiere in den unterschiedlichsten Wissensbereichen nebenbei weiter, bevor sie sich dann schließlich zu ihrer wahren Berufung bekennt und sich als Tierkommunikatorin selbstständig macht. „Dieses Feuer in mir, das schon immer gebrannt hat, ist das, was mich weitergebracht hat." Sie geht mit ihrer Tätigkeit auch in die Öffentlichkeit. Zwischen 2001 und 2006 dreht Petra Wiesmann verschiedene Beiträge fürs Fernsehen, zum Beispiel für die Haustiersendung „HundKatzeMaus" beim TV-Sender Vox und für „Spiegel TV". Sie hält Vorträge, schreibt an Büchern mit, und reist sogar in verschiedene Länder, um Kurse zu geben.
Weil sie sich dann wieder mehr um ihre Tiere kümmern möchte, arbeitet sie dann irgendwann überwiegend auf dem Bauernhof in der Eifel, wo sie weiterhin Kurse gibt. Die Kommunikatorin lebt und arbeitet auch mit ihren beiden Rhodesian Ridgebacks, die begeistert in den Kursen den Menschen helfen, die Kommunikation zu erlernen. Wenn sie ihre Tiere in die Workshops einbezieht, geht es zunächst darum, dass der Mensch den Zugang zu sich selbst findet, zu seinem Innersten, über die Begegnung mit dem Tier, sagt die Kommunikatorin. „Die Menschen sehnen sich danach. Oft sind sie völlig verzaubert in der Begegnung mit dem Tier. Zum Beispiel das Pferd spiegelt auf intensivste Art und Weise das Empfinden des Menschen." Ist das menschliche Gegenüber zum Beispiel voller Wut oder Unsicherheit, geht das Pferd rückwärts beziehungsweise kommt erst gar nicht auf den Menschen zu. „Es zeigt ihm sehr klar Skepsis und Unbehagen durch Abwendung oder Desinteresse, vielleicht sogar ein deutliches Weggehen. Es zeigt dann, dass dieser Mensch ihm nicht geheuer ist, dass es ihm nicht vertraut. Man kann ein Tier nicht belügen. Ebenso spiegeln sie zarte Zuwendung, Offenheit, eine Hingabe, die voller Magie sein kann und ein Korb voller Geschenke für einen Menschen bedeuten kann. Dies sind zauberhafte Augenblicke." Über diese Arbeit kann ein Mensch dann an Gefühle herankommen, die ihm selbst gar nicht so bewusst sind, oder die er verdrängt hat.
Die Menschen sind offener geworden
Dass Tiere auch im Bereich Trauma-Arbeit hilfreich sind, ist längst nachgewiesen. Und auch Petra Wiesmann hat solche Erfahrungen schon gemacht. „In einem meiner Kurse war eine Frau, die in ihrer Kindheit viel Gewalt durch ihren Vater erfahren hatte. Sie wurde zum Beispiel oft auf den Kopf geschlagen. Als Folge davon hatte sie sich als Kind immer wieder die Haare ausgerissen." Als diese Frau auf die Pferde trifft, kommt ausgerechnet das große männliche Tier aus der Herde auf sie zu. „Es berührte sanft den Kopf der Frau und fing an, sie zu kraulen. Das war wunderschön. Zuerst war die Frau wie erstarrt, doch nach und nach konnte sie komplett loslassen und wurde ganz weich. Das war so berührend. Deshalb hab’ ich diese Leidenschaft für diese Arbeit."
Die Nachfrage nach Beratungen und Kursen ist groß. „Die unterschiedlichsten Menschen kommen zu mir", erzählt Petra Wiesmann. Auch Hunde- und Pferdetrainer, Therapeuten verschiedenster Gebiete sowie Tierärzte gehören zu ihren Kunden. Manchmal bittet auch jemand um Hilfe, ein verloren gegangenes Tier zu finden. Dafür brauche man viel Erfahrung, sagt Petra Wiesmann. Versprechen würde ein guter Tierkommunikator dabei nie machen. „Und das Ganze geht immer nur in Zusammenarbeit mit den Menschen, denn das Tier ist immer mit seinen Menschen verbunden." Gute Kommunikatoren brauchen auch über das Tier nichts zu wissen, sagt Petra Wiesmann. „Daran erkennt man die, die gut und fundiert arbeiten." Die Entfernung zu dem Tier spielt dabei keine Rolle, was in Corona-Zeiten sehr hilfreich ist. Auch verstorbene Tiere kann sie kontaktieren, sagt Petra Wiesmann. „Was für viele Menschen und auch Tiere eine große Erleichterung und ein Riesentrost ist."
Die Menschen seien heute offener für diese Arbeit, resümiert Petra Wiesmann. „Dieses allgemeine Gefühl hat sich massiv geändert, dafür, dass es noch etwas anderes zwischen Himmel und Erde gibt, wie man so schön sagt." Auch in ihren Workshops, in denen sie den Teilnehmern Tierkommunikation beibringt, gibt es eine Entwicklung. „Die Leute kommen heute viel schneller an ihre Sinne wieder ran. Sie trauen sich mehr, ihre eigene Spiritualität zuzulassen." Man spürt, dass Petra Wiesmann die Menschen genauso wichtig sind wie die Tiere. Für die Ausbildung in Tierkommunikation muss man nichts Bestimmtes gelernt oder studiert haben, betont Petra Wiesmann. „Ein Herz, das einfach am richtigen Fleck ist, die kindliche Neugierde,
als wir noch arglos waren, Freude und das Geschehen lassen wieder zu erfahren, sich überraschen lassen von der Tiefe der Seele der Tiere. Dann öffnet sich alles."