Das Coronavirus hat das kulturelle Leben in Deutschland lahmgelegt. Aber wenn die Menschen nicht mehr in Museen oder Theater gehen können, müssen diese eben zu ihnen kommen – digital.
Schließung, Öffnung, Schließung – für Museen, Galerien und viele andere Ausstellungsorte bedeutete das vergangene Jahr die reinste Achterbahnfahrt. Und auch 2021 beginnt wenig hoffnungsvoll. Der Lockdown dauert bereits über zwei Monate, eine Verlängerung ist wohl sicher. Für die Kulturlandschaft eine weitere Verschärfung der ohnehin schon schwierigen Situation. Und eine harte Zeit für all jene, die sich danach sehnen, endlich einmal wieder ins Museum gehen oder eine Ausstellung besuchen zu können.
Eine Alternative bieten die digitalen Angebote – per Mausklick durch das Bodemuseum, die Berlinische Galerie oder das Bauhaus-Archiv. Die Idee ist nicht neu. Schon seit Längerem bereiten die Museen ihre Sammlungen digital auf. Dabei arbeiten die verschiedenen Einrichtungen auch international zusammen. Das Projekt Europeana.eu ist eine virtuelle Bibliothek mit mehr als 50 Millionen Objekten in digitalisierter Form – darunter Bücher, Musik, Kunstwerke und mehr. Das Pendant dazu ist die Plattform deutsche-digitale-bibliothek.de, die über das Internet den freien Zugang zum kulturellen und wissenschaftlichen Erbe Deutschlands ermöglicht. Damit soll das europäische Kulturerbe für die Nutzer jederzeit und unabhängig vom Standort verfügbar gemacht werden.
Weltumspannend agiert artsandculture.google.com. Dort kann man online Ausstellungen im Museum of Modern Art in New York besuchen, durch die Eremitage in St. Petersburg streifen oder sich Buchillustrationen im Chihiro Art Museum in Tokio ansehen.
Plattform für große und kleine Museen
In Deutschland entwickelt das Projekt „museum4punkt0.de" zum Beispiel mit Virtual und Augmented Reality und 3-D-Modellierung neue Möglichkeiten, die Angebote von Kultureinrichtungen den Besuchern nahezubringen. Wer nicht so weit in die Ferne schweifen möchte, kann sich über das museumsportal-berlin.de sein Kultur- und Bildungsprogramm selbst zusammenstellen. Die Angebote sind überwiegend kostenfrei und erfordern nur eine Anmeldung. Die Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz stellen auf ihrer Webseite umfassend ihre 15 Sammlungen vor. Sie sind wie andere Einrichtungen auch in den sozialen Medien präsent, wie bei Twitter unter #closedbutopen oder #museumfromhome. Per Mausklick geht es da beispielsweise auf einen virtuellen Spaziergang über die Museumsinsel oder zum Pergamon-Altar, ein ausgeklügeltes 3-D-Modell ermöglicht es, die Details des Kunstwerks aus allernächster Nähe zu bestaunen. Oder aber wie wäre es mit einer Audienz bei Königin Nofretete?
Eine weitere Plattform ist museum-digital.de – hier können große und kleinere Museen aus ganz Deutschland ihre Exponate präsentieren. Momentan sind hier unter anderen die Berlinische Galerie und das Technikmuseum vertreten, aber auch Bezirksmuseen, das Schwule Museum, der Industriesalon Schöneweide und die Kunstsammlung Pankow. Insgesamt zeigen auf dieser Plattform 23 Häuser mit 236 Sammlungen einige ihrer interessantesten Objekte und bieten dazu Hintergrundinfos.
Wer meint, die Berliner Museen schon hinreichend zu kennen, macht den virtuellen Sprung über die Stadtgrenze, denn auch die Kultureinrichtungen in Brandenburg haben online einiges zu bieten – allen voran die Häuser in der Landeshauptstadt Potsdam. Im Angebot sind unter anderem ein Online-Rundgang durch die Ausstellungen „Impressionismus in Russland" und „Monet.Orte" im Museum Barberini. Man kann aber auch durch die Bildergalerie von Sanssouci schlendern oder der Baustelle der Garnisonskirche einen virtuellen Besuch abstatten. Die sogenannte 15-Kilometer-Regelung verbietet momentan in den „Corona-Hotspots" touristische Ausflüge in Orte, die vom Heimatkreis oder der Heimatstadt weiter als 15 Kilometer entfernt sind. Der Technik sei Dank lassen sich von der heimischen Couch aus zahlreiche Besichtigungen durch Museen, Heimatstuben oder technische Denkmale organisieren auch in weiter entfernte Regionen Brandenburgs. Wem würden schon bei einem Besuch im Kloster Chorin im östlichen Kreuzgang am dritten Fensterbogen von rechts zwei verzierte Backsteine auffallen? Am Computer kein Problem, da lässt sich jedes Detail genauestens betrachten.
Auch die Rundfunkanstalten haben ihre Online-Kulturangebote ordentlich aufgestockt – so sind zum Beispiel in der Reihe „Der rbb macht Museum" bisher sechs halbstündige Führungen durch verschiedene Berliner Einrichtungen produziert worden. Sie stehen als Video in der ARD-Mediathek oder auf dem rbb-Youtube-Kanal zur Verfügung.
Der MDR Kultur hat für seine Zuschauer eine Liste mit Onlineangeboten aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zusammengetragen. Mit dabei: die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit der „Sixtinischen Madonna", die Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister, das Kunstmuseum Moritzburg, in dem der sagenhafte Silberschatz der Halloren erstmals virtuell zu sehen ist, oder das staatliche Museum Archäologie Chemnitz mit der weltweit ersten Ausstellung über die Region um das Tote Meer. Wer dem Wintergrau entfliehen möchte, dem seien Sachsen-Anhalts Gartenträume in 360-Grad-Panoramen empfohlen.
Wie gießt man Fossilien aus Gips?
Sie sind des Ansehens und virtuellen Schlenderns durch Gemäldegalerien und Heimatmuseen müde? Sie wollen selbst aktiv werden? Auch daran haben die Menschen hinter den virtuellen Museumsangeboten gedacht. In Berlin bieten einige Museen Aktionen für Kinder und Familien. Zur sogenannten Mitmachwerkstatt Live lädt das Technikmuseum ein, dort werden mit spannenden Experimenten naturwissenschaftliche Phänomene erforscht. Jeder kann sich per Video ausprobieren, wenn es zum Beispiel heißt: Warum schwimmt das? Außerdem geht es virtuell auf eine Zeitreise durch die Geschichte der Eisenbahn. Mitmachen zumindest vom heimischen Bildschirm aus kann man auch im Museum für Kommunikation – Kinder können ein Daumenkino, Schneekugeln oder ein Dosentelefon basteln und sich im Programmieren üben. Schon mal ein Dino-Origami gefaltet? Oder Fossilien aus Gips gegossen? Das Museum für Naturkunde zeigt auf seinem Youtube-Kanal, wie es geht. Dazu gibt es einen Wissenspodcast sowie digitale Führungen durch die Sammlungen.
Übrigens haben nicht nur Museen ein digitales Angebot. Unter berlinalive.de finden sich 95 Livestreams von Konzerten, Lesungen, Theaterstücken, Kabarett, Kinderprogrammen und vieles mehr. Damit soll die Berliner Kulturszene unterstützt werden.