„The Midnight Sky" spielt am Ende der Menschheit. George Clooney hat überlebt und sucht den Kontakt zu einem Raumschiff.
Warum ist es so still?", fragt Captain Adewole. Ja, warum? Er und sein Team sind nach einer Mission in einer Raumfähre zurück Richtung Erde und bekommen auf ihre Funksprüche keine Antworten mehr von der irdischen Station.
Was Adewole nicht weiß: Eine globale Katastrophe hat fast die ganze Menschheit ausgelöscht. Einer der wenigen Überlebenden ist der schwerkranke Augustine. Er bricht trotz widrigster Umweltbedingungen zu einer entfernten Wetterstation auf, um von dort per Funk die Weltraumcrew zu warnen. Denn offenbar haben die Astronauten im All eine größere Chance zu überleben als auf der Erde.
„The Midnight Sky" ist ein Science-Fiction-Film der neuen Generation. Das Genre garantierte lange Zeit spektakuläre Action, Weltraumschlachten voller Spezialeffekte und Kämpfe mit fantasievollen Außerirdischen. Seit einigen Jahren gibt es einen neuen Trend dieser erzählten Zukunftsaussichten. In „Interstellar" (2014) wendet sich die Natur gegen die Menschheit, die im All nach neuen Lebensraum suchen muss; „Ad Astra – Zu den Sternen" (2019) berichtet von elektromagnetischen Mars-Stürmen, die das Leben auf der Erde bedrohen; in „Passengers" (2016) ist ein Raumschiff mit im Tiefschlaf liegenden Auswanderern auf dem Weg zu einer Kolonie. Exotische Aliens, explodierende Raumschiffe, Sternen-Kriege: Fehlanzeige.
Moderne Geschichten über Reisen ins All sind oft Charakterstudien der Protagonisten und handeln von überhöhten Erwartungen der gescheiterten Menschheit. So ist es auch in „The Midnight Sky" mit George Clooney. Er spielt den rauschebärtigen Zausel Augustine, der viel mehr zu tun hat, als ausschließlich den Kontakt zu den Astronauten herzustellen. Denn Augustine ist zudem schwer an Krebs erkrankt und blickt folglich dem sicheren Tod entgegen. Außerdem muss er sich um ein Mädchen kümmern, das unvermittelt auftaucht. Augustine nimmt das Mädchen mit auf seine Tour zur Funkstation, von der aus er die Möglichkeit hat, die Insassen des Raumschiffs zu kontaktieren.
Betörend schöne Bilder des arktischen Lichts eingefangen
Unklar bleibt, warum überhaupt die Erde in diesem Frühjahr 2049 in Flammen aufging. Eine eindeutige Begründung scheint nicht wichtig zu sein. Vielmehr erinnert „The Midnight Sky" an die Fragilität menschlicher Existenz. Atomkrieg, Corona, Erdbeben oder Überschwemmungen – egal, irgendwas ist immer. Und so besteht in „The Midnight Sky" die Gefahr der Weltraumreisenden nicht aus dem Erforschen fremder Galaxien. Tödlich für Captain Adewole und seine Wissenschaftler ist die Erde nun selbst. Landen die Menschen auf der Oberfläche, sterben sie. Schafft es Augustine, sie trotz unterbrochener Funkverbindung zu warnen? Wenn ja, welcher Ausweg bleibt den Raumschiffinsassen?
„The Midnight Sky" ist bis zum Schluss sehenswert, fordert aber Geduld für eine langsam erzählte Geschichte mit optischen Höhepunkten. Die Kamera hat das arktische Licht, die Schneestürme, den zart roten Himmel über dem Eis betörend schön eingefangen. Den Gegensatz zu dieser kalten Wüste bildet das übertechnisierte Raumschiff, in dem die Mannschaft in Unwissenheit ob der irdischen Katastrophe lebt, auch mal Klassiker der Rockmusik singt und erfahren muss, dass Blutungen bei Schwerelosigkeit nicht leicht zu stoppen sind. Zudem hat Komponist Alexandre Desplat eine sinfoniengleiche Filmmusik geschaffen, die Augustines Gedanken im ewigen Eis ebenso elegant begleitet wie die Ratlosigkeit der Insassen in der Raumstation. Eine Herausforderung für den Zuschauer, der auf diese Weise die Aufgabe hat, den Menschen in die Seele zu blicken und gleichzeitig sein eigenes Handeln zu hinterfragen. „Ich habe über die Zeit nachgedacht und wie sie von den Menschen genutzt wird", sagt Aerodynamiker Sanchez, als das Team im All über seine Möglichkeiten in dieser aussichtslosen Lage diskutiert. Es ist ein wichtiger Satz, mit dem sich der Zuschauer auch nach dem Abspann etwas länger beschäftigen sollte.