Herbert Köfer feiert im Februar seinen 100. Geburtstag. Seit fast 80 Jahren steht der Rekord-Darsteller auf der Bühne und vor Fernsehkameras.
Schal, Sportschuhe und immer noch den Schalk im Nacken: So zeigte sich Herbert Köfer kürzlich bei einer Fernseh-Preisverleihung. Beim Interview, aber auch privat, sieht man den gebürtigen Berliner aber auch schon mal mit Lederjacke und stylischer Sonnenbrille. Unglaublich, aber wahr: Am 17. Februar wird dieser Mann 100 Jahre alt!
Herbert Köfer spielte in mehr als 120 Fernseh- und Kinofilmen sowie in unzähligen Theateraufführungen. Er brillierte als Komiker und schrieb Bücher. Köfer war der erste Nachrichtensprecher des DDR-Fernsehens und letzter Moderator, bevor der Sender 1991 abgeschaltet wurde. „Abgeschaltet" wurde aber nicht Herbert Köfer, der heute als dienstältester aktiver Schauspieler der Welt gilt. Die lebende Legende spielte mit allen Filmgrößen des Ostens und nach der Wende auch mit etlichen Weststars – von Armin Mueller-Stahl bis Manfred Krug, von Katharina Thalbach bis Dietmar Schönherr. Mit Günter Pfitzmann, Frank Schöbel und Wolfgang Lippert hat er aber auch gesungen.
Mit 92 wurde er noch mal Bauherr und zog aus seiner Villa am Zeuthener See an den Seddiner See bei Potsdam. Wasserreichen Gefilden bleibe er treu, wie das TV-Urgestein schmunzelnd erklärt. „Noch mehr mag ich aber das Meer, ich meine die Ostsee", sagt der Entertainer alten Schlags. „Ob Strandspaziergänge, Möwen-Kreischen oder das Umschwappen der Wellen: Dabei kann ich mich wirklich erholen", so der Mann, der vor allem die Halbinsel Fischland-Darss-Zingst und Warnemünde schätzt.
Sein Publikum hält ihn jung
Seine Heike ist bei Ausflügen immer dabei. „Wir sind seit über 30 Jahren zusammen, davon 20 Jahre verheiratet. Heike ist mein Lebenselixier", schwärmt Herbert Köfer von der 38 Jahre jüngeren Schauspielerin. Heike ist Köfers dritte Ehefrau. Nochmals heirate er aber nicht, lächelt der Mime. Er habe sonst Angst, dass er die nächste Frau morgens zur Schule bringen muss, erklärt Köfer im Scherz und in Anspielung darauf, dass seine Frauen ungewollt immer jünger wurden. Umgekehrt halte ihn heute sein Publikum jung: „Es spornt mich an, weiterzumachen."
Herbert Köfer wurde 1921 in Berlin-Prenzlauer Berg geboren. Seine erste Rolle spielte er 1940 als Kronprinz Friedrich am Stadttheater Brieg. Ursprünglich sollte er mal den Verlag seiner Eltern übernehmen, was er aber ablehnte. „Zahlen waren einfach nicht meins." Vielmehr hießen seine Karrierestationen Neues Berliner Künstlertheater, Volksbühne, Deutsches Theater und Deutscher Fernsehfunk. Nur mit Glück überlebte Köfer den Zweiten Weltkrieg – um ihn später als Schauspieler in Streifen wie „Nackt unter Wölfen" anzuprangern. Doch im Fokus stand er vor allem in Schwänken, Lustspielen und Shows. Unvergessen sind seine Serienrollen in „Rentner haben niemals Zeit" und „Geschichten übern Gartenzaun".
Dabei unterschätzte ihn so mancher, als er Anfang der 50er-Jahre zum Fernsehen ging. Vor allem Theaterkollegen belächelten Köfer. „Fernsehen galt als Experiment, dessen Ausgang mehr als unsicher schien. Es gab im Osten nur wenige Empfangsgeräte. Die Zuschauer konnte man fast an einer Hand abzählen", erinnert sich Köfer. Er habe sich als Abenteurer gefühlt, der etwas Neues schaffen wollte. Letztlich hatte der Schauspieler den richtigen Riecher und wurde innerhalb weniger Jahre zum Star des neuen Massenmediums. Kein anderer Darsteller flimmerte in der DDR so oft über die Mattscheibe, wie Herbert Köfer. Er avancierte zum Geburtshelfer vieler Sendungen, etablierte sich selbst als Entertainer in „Da lacht der Bär" oder „Ein Kessel Buntes". Daneben glänzte er auch in den Fallada-Verfilmungen „Kleiner Mann, was nun?" und „Wolf unter Wölfen". Besetzungen im ernsten Fach blieben aber die Ausnahme, was Köfer heute bedauert. „Für viele Regisseure war ich einfach schwer greifbar", erinnert er sich. Schließlich hätten ihn TV-Produzenten permanent in Serien und Komödien besetzt. Ein Lustspiel ohne Köfer war in der DDR kein Lustspiel. Heute sieht der Schauspieler seine dauerhafte Fernseh-Präsenz kritisch. Ein paar Rollen-Absagen hätten nicht geschadet, sagt der Vater von drei Kindern. Tochter Miriam ist ebenfalls Schauspielerin und Radiomoderatorin. Sohn Andreas ist Kameramann.
Die Wende meisterte Herbert Köfer anders als viele seiner Kollegen gut. „Da gehörte auch Glück dazu", bekennt der Komödiant. Das „Glück" war sein Westberliner Schauspielkollege Gerhard Wollner, der ihm den Weg im Westen ebnete. Herbert Köfer fasste schnell Fuß, drehte unter anderem Serien wie „Auto Fritze" und „Soko Leipzig". Im stolzen Alter von 82 Jahren gründete er mit seiner Frau und Veranstalter Mario Behnke noch die „Komödiantenbühne".
Im Alltag denkt er nie an sein Alter
Angst vor dem Tod hat der FernsehPionier den eigenen Worten nach nicht. Er sei glücklich über die 100 und genieße jeden Tag. Ein bisschen wolle er auch noch bleiben. Schließlich werde er gebraucht: „Meine Frau braucht mich und mein Hund auch." Außerdem sei das Leben viel zu schön, um es schon abzuschließen, betont Köfer. Im Alltag denke er eigentlich nie an sein Alter, nur gerade jetzt, wo ihn fast jeder darauf anspricht. Ein Geheimnis für sein Alter könne er nicht nennen. Sein „Treibstoff" sei seine Arbeit. „Dazu ein wenig Hanteltraining. Das muss reichen."
Stehvermögen bewies der Tausendsassa, der das erste Mal mit 91 einen Bühnenauftritt wegen Krankheit absagen musste, auch schon vor 20 Jahren im Gespräch mit dem Autor dieses Beitrags. Beim Redigieren eines Interviews in der früheren Zeuthener Villa feilte der Mime an jedem Satz, kümmerte sich um Komma, Betonung und Überschrift. Der akribisch arbeitende Künstler nahm das Gespräch für die Zeitung genauso ernst wie seine Bühnenstücke. Nach rund vierstündiger „Interviewkorrektur" (nach fünfstündigem Interview am Vortag) war der Journalist ziemlich fertig. Herbert Köfer brühte für seinen Gast noch einen Kaffee, verabschiedete sich gut gelaunt und fuhr zur Bühnenprobe nach Dresden.
Wie viele andere Künstler wurde auch Herbert Köfer von der Corona-Pandemie ausgebremst. So konnte er die Lesetournee zu seinem Buch „99 und kein bisschen leise" nicht beenden. Etliche Theateraufführungen entfielen, Produktionsfirmen sagten Dreharbeiten ab. Doch vor dem aktuellen Lockdown stand der Schauspielprofi noch im September und Oktober 2020 für die ARD-Serie „In aller Freundschaft" sowie für die ARD-Reihe „Polizeihauptmeister Krause" mit Kollege Horst Krause vor der Kamera. Die Folge „Krauses Zukunft" soll am 5. Februar 2021 in der ARD laufen.