Auch wenn die Menschen derzeit Distanz einhalten sollen: Fran Healy umarmt sie trotzdem – zumindest mit seiner samtweichen, fast schon sphärischen Stimme. Der Frontmann der schottischen Band Travis zeichnet auf deren neuntem Studioalbum wieder allein für die namensgebenden „10 Songs" verantwortlich.
Damit liefert das überaus sympathische Quartett einmal mehr ein von menschlicher Wärme und tiefenentspannter, lebensbejahender Weisheit durchdrungenes Werk ab. Vor allem aber dominieren einmal mehr wunderschöne, an der Oberfläche melancholische Melodien. Da muss man einfach innehalten und sich erfreut fragen, wie der Mann sich das nach rund 30 Jahren Bandgeschichte immer noch so lässig aus dem Ärmel schütteln kann. Dabei sollte klar sein: Wem die Mischung irgendwo zwischen Singer-Songwriter, Folkrock und Britpop bislang nicht gefallen hat, wird sie auch jetzt nicht mögen.
Die erste Vorab-Single, die ganz große Ballade „Kissing in the Wind", ist eine Ode an das eigene Innenleben. Denn, so stand es einst in des Sängers Schulbüchern, er sei ja ganz nett, neige aber zum Träumen. „Ich bin ganz glücklich damit, manchmal mehr, als in der Realität", sagt Healy selbst dazu. In „A Ghost" begegnet er … nun ja, einem Geist, der ihm rät, seine Zeit nicht zu verschwenden. Schließlich sei es einfacher, das Leben zu leben, statt sich unter einem Kopfkissen zu verstecken. Es ist im Grunde das einzig schnellere Stück des Albums.
Ansonsten liefern Sänger und Gitarrist Fran Healy, Gitarrist Andy Dunlop, Bassist Dougie Payne und Drummer Neil Primrose den perfekten Soundtrack für den Herbstspaziergang ab. Dieser war ja gerade in der schönsten Blüte – genau wie Travis selbst. Egal, ob lyrisch eine tragische Familiengeschichte mit dem Songschreiben an sich verknüpft wird („Butterflies"), ein trauriges Duett über das Ende einer Beziehung angestimmt wird („The Only Thing" mit Susanna Hoffs von The Bangles) oder die Wichtigkeit eines liebenden Vaters herbeigesehnt wird („Nina’s Song"): Die vier Schotten liefern einfach immer weiter tolle Songs.