Alles im Leben ist eine Frage der inneren Einstellung. Dies betrifft auch die grundsätzliche Frage der Emanzipation, zumindest, wenn man Vivian Gornick glauben darf, die aus ihrem eigenen Leben erzählt. Eigentlich wollte die Autorin, dass ihr Leben ganz anders verläuft: Schreiben, heiraten, glücklich sein. Doch es kam anders. Die ehrgeizige Schriftstellerin, Journalistin und Literaturkritikerin, die 1935 als Tochter einfacher jüdischer Einwanderer in der Bronx geboren wurde, ließ sich immer wieder mit den falschen Männern ein – bis sie schließlich beschloss, sich ganz dem Intellekt und dem Schreiben zu widmen, da intelligente Frauen in der Gesellschaft ihrer Meinung nach nicht erwünscht sind, weil sie der Männerwelt zu „unbequem" und zu „schwierig" sind.
Auf der Suche nach sich und einem Platz in der Welt schlendert sie gern durch New York, diskutiert mit den Menschen, liest viel und schreibt.
Dennoch mutierte sie nicht zur eingefleischten Feministin, gilt aber als Grande Dame der amerikanischen Frauenbewegung. Sie selbst sieht das anders, erklärt die Gründe, warum sie die Frau wurde, die sie heute ist. Und nein, sie hasst Männer nicht. Trotzdem bleibt ihr bevorzugter Gesprächspartner ihr schwuler Freund Leonard, mit dem sie gern und viele hitzige Diskussionen führt, die zuweilen an das Leben in der Boheme erinnern.
Nun lässt sich auch darüber streiten, ob und wie weit der Feminismus eine erstrebenswerte Lebensqualität besitzt. Fest steht, dass es sich bei Gornick um eine intelligente, erfolgreiche Frau handelt, die in all den Jahren einiges erlebt und bewirkt hat. Und warum sollte sich das Lebensziel der heutigen Frauen nach den Vorgaben chauvinistischer Männer ausrichten? Nicht jede Frau heiratet. Nicht jede Frau ist Mutter. Und warum sollten intelligente Frauen eine Bedrohung für die Männerwelt sein? Schade, dass man diese Fragen auch im 21. Jahrhundert immer noch stellen muss und dass in all diesen spannenden Eindrücken der Autorin so viel Bedauern und Traurigkeit mitschwingt.