Der Lockdown hat insbesondere auch zu einem geführt: Langeweile. Nicht nur Netflix und Co. haben davon profitiert, auch die Spiele-Industrie hat einen Boom erlebt. Felix Falk, Vorsitzender des Bundesverbandes Game, über Umsätze, Lieblingsspiele und Hoffnungen auf eine baldige Gamescom.
Herr Falk, für Sie als Chef des Bundesverbandes Game müssen doch momentan die besten Zeiten sein: Alle müssem zu Hause sitzen und spielen.
Gerade während der Lockdown-Phasen haben mehr Menschen Games gespielt als zuvor. Insbesondere die Möglichkeit, trotz fehlenden Kontakts mit Freunden und Familie gemeinsam zu spielen, hat vielen Menschen geholfen, besser durch diese Krise zu kommen. Dennoch bringt die Corona-Pandemie auch für die Games-Branche besondere Herausforderungen mit sich: Viele Spiele mussten verschoben werden, einige Studios geraten aufgrund ausgefallener Events in finanzielle Schwierigkeiten und auch die Spiele-Entwicklung aus dem Homeoffice bringt ganz eigene Hürden mit sich.
Aber die Umsätze der Spielentwickler müssen doch 2020 geradezu durch die Decke gegangen sein?
Die Umsätze sind deutlich gewachsen, allein im ersten Halbjahr 2020 um 27 Prozent. Das ist selbst für den Games-Markt in Deutschland –
der bereits seit Jahren stark wächst – ein außergewöhnlicher Sprung. In der Corona-Pandemie zeigen sich gleich mehrere Stärken von Games: Sie sind digital und sozial. Zudem werden gerade in dieser Zeit die Potenziale von Games noch sichtbarer, beispielsweise für die digitale Bildung. Das alles hat auch zu zusätzlichem Wachstum geführt.
Sehr viele Menschen arbeiten von zu Hause, dazu kommt Homeschooling, die Netze sind spätestens ab 8 Uhr morgens am Limit. Inwieweit hat sich das auf die Gamer ausgewirkt? Mussten die darunter leiden?
Auch ohne Corona kämpfen Spielerinnen und Spieler in Deutschland – je nach Wohnort – häufiger mit der Geschwindigkeit ihres Internetanschlusses. Insbesondere Innovationen wie Cloud-Gaming, bei dem man die größten Blockbuster auch auf älteren oder schwächeren PCs spielen kann, sind besonders anspruchsvoll, was den Internetanschluss angeht und daher auch nicht überall in Deutschland wirklich nutzbar. Die erhöhte Netzauslastung während der Corona-Pandemie hat allerdings zu keinen weiteren besonderen Einschränkungen geführt.
Haben sich denn durch die Pandemie-Maßnahmen neue Spielertypen entwickelt?
Schon seit vielen Jahren spielen in Deutschland Millionen Menschen, alte wie junge, Frauen wie Männer. Viele Spieleplattformen haben in den vergangenen Monaten neue Rekorde bei der Anzahl der Spielerinnen und Spieler aufgestellt. Das zeigt, dass es hier jede Menge Bewegung gab. Viele Menschen, die bisher noch nicht gespielt haben, sind seit der Pandemie auf den Geschmack gekommen. Das sieht man beispielsweise daran, dass Spielekonsolen 2020 fast immer ausverkauft waren.
Was war denn so das Lieblingsspiel während des ersten und zweiten Lockdowns?
Besonders beliebt sind während der Corona-Pandemie Mehrspieler-Spiele. Wir haben erst vor Kurzem unsere Jahrescharts für 2020 veröffentlicht, da nehmen solche Titel die ersten fünf Plätze ein. Hierzu gehören unter anderem der Klassiker „Fifa", bei dem man auch online mit seinen Freunden Fußball spielen kann, als auch beispielsweise „Animal Crossing: New Horizons". Hier kann ich mir eine eigene Insel gestalten und Freunde einladen, um darauf gemeinsam Zeit zu verbringen.
Die Gamescom 2020 musste online stattfinden, und Sie sagten mir damals, das war nicht so schön, weil das als Präsenzveranstaltung schöner ist. Aber Sie spielen doch online, da kann man doch auch eine Gamer-Messe online machen?
Kurz gesagt: Einerseits ja, andererseits ist es nicht dasselbe. Die Gamescom 2020 war ein Erfolg, auch wenn sie ausschließlich online stattgefunden hat. Menschen aus über 180 Ländern haben die Ankündigungen und Neuigkeiten von der Gamescom verfolgt. Das zeigt: Gerade in einem Jahr, in dem viele Events abgesagt werden mussten, haben sich weltweit Millionen Menschen über die Gamescom gefreut. 2020 hat aber auch gezeigt, dass eine Gamescom vor Ort in Köln mit diesem einzigartigen Festival- und Gemeinschaftsgefühl digital nicht komplett zu ersetzen ist.
Also der Gamer ist schon ein geselliger Mensch und lebt nicht nur im Netz?
Games sind ein besonders soziales Medium, bei dem die Community eine sehr wichtige Rolle spielt. Das wird nirgends so deutlich wie auf der Gamescom. Zwar haben sich bei der Gamescom 2020 ebenfalls Millionen Menschen weltweit auf den verschiedensten Kanälen zu den Premieren und News ausgetauscht. Dennoch fehlte das persönliche Treffen vor Ort. Denn es ist ein ganz wichtiger Bestandteil der Games-Kultur, gemeinsam zu spielen und sich auszutauschen. Dabei sind analog und digital gerade kein Widerspruch, sondern eine Ergänzung!
Blick nach vorn. Sie haben die diesjährige Gamescom auf Ende August nach hinten verlegt. Sie sind also voller Hoffnung, dass dieses Jahr die Gamescom wieder eine Präsenzveranstaltung wird?
Wir sind zuversichtlich, dass die Gamescom in diesem Jahr wieder zumindest teilweise in Köln stattfinden kann. Gemeinsam mit unserem Partner, der Koelnmesse, und vielen Ausstellern arbeiten wir eng zusammen, um ein Konzept zu erarbeiten, wie wir auch unter den besonderen Herausforderungen 2021 ein spannendes und sicheres Event in Köln veranstalten können. Die Zukunft ist hybrid, Veranstaltungen werden also sowohl vor Ort als auch digital im Netz stattfinden.
Es ist zwar noch ein halbes Jahr hin, aber gibt es schon erste Trends auf dem Markt, die Sie schon jetzt verraten können?
Der aktuelle Trend zu Mehrspieler-Spielen wird weiter anhalten. Die Möglichkeiten, mal eben schnell mit Freunden oder der Familie zusammenspielen zu können, bleiben gefragt. Aber auch Plattformen wie Twitch oder Youtube, bei denen ich anderen Menschen beim Spielen zuschauen kann, bleiben nicht nur während der Lockdown-Phasen besonders gefragt. Zusammen mit Phänomenen wie E-Sport, Cloud-Gaming oder der zunehmenden Diversifizierung der Inhalte werden wir weitere spannende Entwicklungen erleben.