Die Wirtschaft dürfte nach dem Katastrophenjahr 2020 in diesem Jahr wieder Tritt fassen. Schrittweise werden die Folgen des Lockdowns sichtbar. Die großen Veränderungen werden an Tempo und Intensität zulegen.
irtschaft soll zu 50 Prozent Psychologie sein. Nach mehr als drei Monaten im zweiten Lockdown hat die Psyche aber deutlich gelitten. Wobei sich in der Pandemie mehr noch als schon zuvor eigentlich verbietet, von „der Wirtschaft" zu reden. Dafür sind die Entwicklungen zu differenziert und klaffen zu weit auseinander. Während die einen schlicht um ihre Existenz fürchten müssen, boomen andere Bereiche. Was davon bleibt, wenn die Pandemie einigermaßen beherrscht wird, darüber wird viel spekuliert, sicher aber ist: Es wird kein business as usual wie vor der Pandemie geben.
Dass die Wirtschaft in einer Phase getroffen wurde und wird, in der sie sich ohnehin in einem grundlegenden Transformationsprozess befindet, interpretieren die einen als Chance zur Beschleunigung dieser Entwicklungen. Die anderen befürchten dagegen zusätzliche enorme Kollateralschäden, die bei einer geplanteren Transformation zumindest hätten abgemildert werden können.
Schon vor der Pandemie haben sich eine ganze Reihe von Mega-Entwicklungen gleichzeitig abgespielt. Digitalisierung und die Herausforderungen des Klimawandels sind ebenso wenig neue Erscheinungen wie die rasanten Veränderungen im globalen Wettbewerb, dessen Spielregeln sich zudem in vier Jahren mit Donald Trump als US-Präsident zunehmend aufgelöst hatten. Dazu trägt eine demografische Entwicklung zu Verschiebungen bei, die zwar ebenfalls nicht erst seit gestern im Gang ist, deren Auswirkungen aber inzwischen fast von Tag zu Tag greifbarer werden. All diese gleichzeitigen und ineinandergreifenden Trends hatten schon vor Corona für ein gerüttelt Maß an Verunsicherung gesorgt. Die Krise selbst hat dann zusätzlich schonungslos alle Schwachstellen aufgedeckt.
Jede Schwachstelle aufgedeckt
Im Shutdown kam es zunächst darauf an, zentrale Strukturen abzusichern. Spätestens mit den Diskussionen um den gigantischen EU-Wiederaufbaufonds wurde deutlich, dass es nicht nur um Rettungsmaßnahmen gehen sollte, sondern damit gleichzeitig Investitionen in Schwerpunkte der Zukunft verbunden sein sollen. Zur „Next Generation EU" gehört auch der Green Deal, Europas Ziel der Klimaneutralität.
Im Tagesgeschäft der ersten Wochen diesen Jahres bestimmten allerdings hierzulande eine Reihe anderer Diskussionen die Schlagzeilen, wie etwa Novemberhilfen, die zu Februarhilfen werden, was Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier selbst von Parteifreunden massiv Kritik eingebracht hat.
Statistisch ist die deutsche Wirtschaft im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften glimpflich durch das erste Pandemie-Jahr gekommen. Nach dem Jahreswirtschaftsbericht schlägt ein Minus von fünf Prozent zu Buche, wobei sich die Industrie nach den Worten des Bundeswirtschaftsminister „robust" gezeigt habe, der Dienstleistungsbereich aber „sehr stark" betroffen ist von den massiven Einschränkungen, und im Handel hat es die bekannten Verschiebungen gegeben.
Die Prognose für dieses Jahr fiel mit einem Plus von vier Prozent niedriger aus als zuletzt noch erwartet. Der Lockdown dauert länger, und über allem schwebt die Sorge über die Auswirkungen von Mutationen. Die Entwicklung der Infektionszahlen mache Hoffnung, so der Wirtschaftsminister. Aber die Lage sei „weiter ernst" und die „Gefahr noch nicht ausgestanden". Erst mal gilt der Lockdown weiter bis zum 7. März, nicht nur zum Leidwesen der Wirtschaft. Weil die bekanntlich zu einem großen Teil Psychologie ist, wären zumindest stufenweise Öffnungen vor Ostern eine Befreiung nach den Wintermonaten, die in diesem Jahr besonders trist waren.