In Sachen Corona-Tests ist Deutschland von einem Spitzenplatz im internationalen Vergleich weit entfernt. Das soll sich ändern. Aber noch fehlt ein klares Konzept.
Testen so viel wie möglich ist die Losung, die derzeit landauf, landab ausgegeben wird. Längst überfällig, sagen Kritiker und verweisen auf internationale Vergleiche, die Deutschland beim Testen einigermaßen abgeschlagen ranken. Und das nicht erst in der jüngsten Vergangenheit. Spitzenreiter beim Testen ist beispielsweise Dänemark, das schon früh auf Testen als wichtige Komponente im Kampf gegen die Pandemie gesetzt hat. Österreich hat sich ebenfalls mit massenweise Tests einen Namen gemacht – allerdings auch heftige Kritik geerntet. Dort seien praktisch alle Tests zugelassen worden, obwohl manche die Qualität gehabt hätten, dass man schlicht auch eine Münze hätte werfen könnte, wie es Europaabgeordnete einordneten.
Die reine Zahl der Tests ist somit nur bedingt aussagekräftig. Das gilt auch für die allgemein verbreitete Ansicht, wer mehr teste, bekomme quasi automatisch höhere Infiziertenzahlen und damit höhere Inzidenzraten. Das klingt zunächst plausibel, tatsächlich führen mehr Tests dazu, mehr Infektionen zu entdecken. Allerdings gilt der Umkehrschluss nur bedingt, wie eine Reihe von Untersuchungen zeigt. Steigende Infektionszahl sind nicht nur und ausschließlich auf höhere Testzahlen zurückzuführen.
Unabhängig von den statistischen Feinheiten hatte Christiane Woopen, Vorsitzende des Europäischen Ethikrates, bereits Mitte Januar in einem „Spiegel"-Gespräch gefordert, alle Bundesbürger durchtesten zu lassen, um Infizierte ausfindig machen zu können. Tests sind und bleiben – neben Impfungen – eine wichtige Säule, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.
Viele Fragen und wenig Strategie
Als im vergangenen Sommer und Frühherbst bereits die Einreise aus Risikogebieten an Tests geknüpft waren, mit denen vorgeschriebene Quarantänezeiten abgekürzt werden konnten, war absehbar, welche breite gesellschaftliche Diskussion zu klären sein wird: Werden Zugang und Teilnahme an einer Vielzahl von Veranstaltungen, am Einkaufen und am Besuch von Einrichtungen, künftig an den Nachweis negativer Tests gebunden sein, so wie es jetzt beim Grenzübertritt zwischen Frankreich und Deutschland in Teilen der Fall ist? Die Frage ist offen, ähnlich wie beim Thema Impfpass.
Regelmäßige Schnelltests sind in vielen Unternehmen zunehmend selbstverständlich. In Schulen und Kitas sollte es eigentlich längst die Regel sein, vielfach tut man sich dort aber noch äußerst schwer. Auch da sind andere Länder längst weiter.
Die jüngsten Vorgänge zum Thema Selbsttests waren auch nicht gerade vertrauenerweckend – als wären mit Selbsttests nicht ohnehin schon ausreichend viele Fragen verbunden, angefangen vom Handling bis hin dazu, dass die notwendige Konsequenz aus dem Ergebnis bei jedem Einzelnen liegt. Ergebnisse werden nicht, wie bei professionellen Testzentren, an Gesundheitsämter weitergeleitet, umgekehrt gibt es aber auch keine Bescheinigungen, die beispielsweise für einen Grenzübertritt benötigt werden. Trotzdem sollen sie ein weiterer Baustein sein für ein Stück mehr Sicherheit im Alltag. Selbsttests als verpflichtende Ergänzung von Hygienekonzepten beispielsweise in Kitas oder Schulen ist eine Variante, die im Gespräch ist.
Eine offizielle Strategie, welche Rolle die Selbsttests spielen könnten, lag bis Redaktionsschluss noch nicht vor. Sie könnten zu einem besseren Überblick über das Infektionsgeschehen beitragen, heißt es. Das Problem besteht allerdings darin, dass das nur dann der Fall sein könnte, wenn die Daten eingefangen würden. Das ist allerdings schon bei den Antigen-Schnelltests kaum möglich, weil nur ein sehr geringer Teil in Laboren ausgewertet wird.