Die Schauspielkarriere des Mr. Universums von 1986 begann mit einer Gastrolle in einem Schimanski-Tatort. Im Interview spricht der 62-jährige Ralf Moeller über sein neues Buch „Erstma’ machen!", vegane Schnitzel und Weihnachtsfeiern beim Terminator.
Herr Moeller, wie ist es, in Zeiten von Corona viel herumreisen zu müssen?
Ich setze mich einfach ins Auto und fahre nach Hamburg oder Berlin. Letztens hatte ich eine Aktion mit Christian Lindner, es ging dabei um die Wiedereröffnung der Fitnesstudios. Man muss da ja nicht 100 Leute auf einmal reinlassen, sondern lässt immer nur 15 oder 20 Personen gleichzeitig trainieren. Gerade in diesen Zeiten ist das Training ganz wichtig, weil die Muskulatur Myokine ausstößt. Die stärken das Immunsystem. Aber das Impfen ist natürlich auch ein großes Thema.
Ihre Eltern leben noch in Ihrer Geburtsstadt Recklinghausen. Wie geht es ihnen?
Mein Vater ist 92 und meine Mutter bald 85. Sie sind fit, aber ich sage ihnen immer, dass sie sich nicht mit Fleisch und Wurst vollstopfen sollen. Man sollte allgemein weniger Salz und Zucker essen. Ich zum Beispiel frühstücke immer Haferflocken mit Früchten. Es gibt mittlerweile in Deutschland eine Vielzahl von schmackhaften veganen Produkten wie Schnitzel oder Gulasch. Die Ehefrau des Regisseurs James Cameron hat ein tolles veganes Kochbuch herausgebracht und sie empfiehlt, einmal die Woche vegan zu kochen. In Amerika gibt es alles, da ernähre ich mich 100 Prozent vegan. Bei der Spielshow „Grill den Henssler" habe ich mit veganen Gerichten sogar mit einem Punkt Vorsprung gewonnen.
Was hat Sie zu einem Befürworter der veganen Ernährung gemacht?
Die gesundheitlichen und umweltlichen Aspekte. Drittens habe ich größte Bedenken hinsichtlich der grausamen Massentierhaltung, die bei der Fleischproduktion immer noch überwiegt. Je älter du wirst, umso wichtiger ist die Ernährung. So wie der Mensch isst, so sieht er auch aus. Allein Gewürze können dem Körper auf natürliche Art und Weise helfen.
Ihr neues Buch „Erstma’ machen!" ist keine herkömmliche Autobiografie, vielmehr soll es den Leser motivieren, etwas anzupacken. Ist das Anpacken eine Eigenschaft, die Sie in Deutschland ein wenig vermissen?
Hier im Ruhrgebiet heißt es: „Erstma’ machen!" Reden kannst du viel, aber die Action zeigt, ob du wirklich etwas tust. Gegenüber den Bewohnern anderer Länder geht es den meisten in Deutschland gut. Das macht einen bequem. Ich habe 1987 das Buch „Die Faszination athletischer Körper" gemacht zum Thema Bodybuilding und Fitnessgeräte. Und jetzt habe ich mit dem Autor Tankred Lerch eine Bio-Doku verfasst, in der ich schreibe, dass die in Amerika nicht auf Ralf Moeller gewartet haben. Sondern dass man seine Ideen verfolgen muss wie bei der Wiederholung einer Fitnessübung. Wie sagte schon Muhammad Ali: „Ich fange erst dann an zu zählen, wenn es schmerzt." Aber bitte nicht gleich das schwerste Gewicht nehmen!
Welchen Rat geben Sie jungen Menschen mit auf den Weg?
Im Leben geht es ja nicht nur nach oben, sondern auch nach unten. Bei Gegenwind sollte man nicht aufgeben, sondern nach anderen Wegen suchen, um am Ende doch sein Ziel zu erreichen.
Ihre erste Begegnung mit Arnold Schwarzenegger fand 1982 bei der Premiere von „Conan der Barbar" in der Essener Lichtburg statt. Was hat dieses Treffen bei Ihnen ausgelöst?
Ich habe 1978 in Landshut meinen ersten Wettkampf als Bodybuilder absolviert. Später in Essen hat mein Freund Albert Busek vom IFBB-Verband mich dem Arnold vorgestellt. Als Sportfunktionär hat er Arnold in den 60er-Jahren nach Amerika an Joe Reeder vermittelt. Wenn ich in den USA war, habe ich Arnold hier und da im Gym gesehen. 1983 hat er als Sportmoderator vom Bodybuilding-Wettkampf in Brügge berichtet. Er sagte: „Wenn Moeller den breiten Rückenmuskel Latissimus ausfährt, geht ein Vorhang zu!" (lacht) Später haben wir im selben Studio trainiert. Als ich 1992 mit der Familie ein Apartment in den USA bezog, intensivierte sich unsere Freundschaft. Sie hält jetzt seit fast 38 Jahren an.
Reichten Ihre 1,97 Meter und 136 Kilo, um die Aufmerksamkeit des erfolgreichen Actionfilm-Produzenten Menahem Golan zu bekommen?
Als ich zu ihm sagte, dass ich zwölf Stunden geflogen sei, um fünf Minuten mit ihm zu sprechen, hat er etwas erkannt. Ich hatte ja als Bodybuilder zu dem Zeitpunkt schon Millionen Fans weltweit. 1986 wurde ich Mister Universum mit 1,97 Meter und knapp 130 Kilo. Das war ein „Ereignis" in der Fitnesswelt. Das gab ihm schon eine gewisse Sicherheit und so nahm er mich unter Vertrag. In Cannes haben wir dann einen Film verkauft, den wir noch gar nicht realisiert hatten.
Warum wollten Sie unbedingt mit Menahem Golan arbeiten?
Ich wusste, dass er und sein Partner Yoram Globus in den 80ern viel mit Sylvester Stallone und Michael Caine gearbeitet hatten. Vor mir ist Jean-Claude Van Damme bei ihnen gewesen. Diese unabhängigen Produzenten waren viel flexibler als die großen Studios. Es gibt heute nicht mehr so viele von ihnen. Damals konnte man einen Kinofilm für schmale drei bis sechs Millionen Dollar realisieren. Der ist dann ganz klein gestartet und immer größer geworden, wenn er Qualität hatte. Heute hingegen entscheiden das erste oder zweite Wochenende über den Erfolg eines Films.
Ihr nächster Film „Cyborg" (1989) kostete 500.000 Dollar, wurde in North Carolina gedreht und spielte über zehn Millionen Dollar ein.
Für mein erstes Projekt mit Jean-Claude Van Damme stand ich drei Wochen vor der Kamera. Man fing dann an, Stoffe für mich zu entwickeln, aber Menahems Firma ging irgendwann in Konkurs. Da ich in der Branche bereits einen Namen hatte, bekam ich einen Termin bei Mario Kassar, der mich mit Roland Emmerich zusammenbrachte. So kam ich zu meiner Rolle in „Universal Soldier". Die Stars waren natürlich Van Damme und Dolph Lundgren. Der Film erspielte weltweit 100 Millionen Dollar und katapultierte auch Roland nach oben.
Wie kommt es, dass die Gagen der großen Stars in Amerika immer weiter angestiegen sind?
Unabhängige Produzenten wie Menahem Golan oder Mario Kassar konnten Filmstars wie Arnold Schwarzenegger ganz andere Gagen zahlen, weil sie über höhere Budgets verfügten. Das lag daran, dass sie ihre Filme selbst nach Europa verkauften. Deshalb hat Sylvester Stallone in den 80ern schon zehn Millionen Dollar für eine Rolle bekommen.
In der US-Fantasy-Serie „Conan, der Abenteurer" spielten Sie 1997 als erster Deutscher überhaupt eine Hauptrolle in einer US-Serie. „Conan" wurde in rund 90 Ländern gezeigt. War es ein Zufall, dass Schwarzenegger dieselbe Rolle 15 Jahre zuvor gespielt hatte?
Arnold hat zwei Conan-Filme gedreht. Bereits der erste hat ihn nach ganz oben katapultiert. Das Erbe des Conan-Erfinders Robert E. Howard wurde von einem Anwalt verwaltet. Eigentlich sollte ich für Columbia Pictures einen Kinofilm unter der Regie von John Milius machen, der bereits die Conan-Streifen mit Arnold gedreht hatte. Aber leider hatte der Anwalt die Fernsehrechte bereits an Keller Entertainment vergeben, weshalb das Filmstudio das Projekt fallen ließ. Max Keller wollte dann mit mir unbedingt eine Conan-TV-Serie produzieren, weil er sich finanziell davon viel versprach. Zu der Zeit hatte ich bereits in „Universal Soldier" und „The Viking Sagas" mitgespielt. „Conan" haben wir dann in Mexiko gedreht. Die Serie lief mit der Zeit in rund 90 Ländern. Mittlerweile sind die Rechte an Netflix abgegeben worden.
Wie rückt man als Schauspieler aus Deutschland in Hollywood seine Qualitäten ins rechte Licht?
Man muss sich selbst promoten. Ich habe natürlich einen Agenten, der mich mit Produzenten zusammenbringt. Aber ich muss mich irgendwo auch selbst verkaufen. Ich hatte in den 80er-Jahren schon einen Vertrag mit Karstadt, für die ich Alex-Textilien und Heimgeräte beworben habe. Damals wurde Bodybuilding auch bei Frauen immer populärer, und es gründeten sich mehr und mehr Studios. Dadurch hatte ich bereits einen Namen. Man kann nicht auf die Dinge warten, ich war immer in allem sehr kreativ. Als ich zum Beispiel Mister Universum wurde und unbedingt ins ZDF-Sportstudio wollte, hatte ich ein Gespräch mit dessen damaligem Leiter Dieter Kürten. Da Bodybuilding nicht sein Ding war, erklärte ich ihm, dass wir 1986 die ersten waren, die vom Olympischen Komitee auf Doping getestet wurden. Die Meisterschaft in Tokio hatte ich dann unter den Regularien des IOC gewonnen.
1997 wirkten Sie neben Schwarzenegger an „Batman & Robin" mit. Regie führte Joel Schumacher.
Ich hatte in dem Film keine Riesenrolle; Arnold Schwarzenegger spielte Mr. Freeze. Die Produzenten glaubten zuerst nicht, dass er diesen abgefuckten Typen spielen kann. Selbst Marlon Brando war eigentlich nicht für den Paten vorgesehen. Er galt als schwierig und hatte zudem blondes langes Haar. So sieht kein italienischer Mafioso aus. Aber beim Casting mit Francis Ford Coppola und den Produzenten hat Brando sich die Haare mit Schuhcreme nach hinten gekämmt und sich Pausbacken gemacht. Coppola war begeistert. Eine Produktion kostet ja viel Geld. Da ist es ganz normal, einen Schauspieler zum Casting einzuladen, damit man ihn sich in der Rolle besser vorstellen kann. Du musst nicht perfekt sein, aber überzeugend. Ich sage Regisseuren immer: „Komm, lass uns mal was machen, und dann zeigst du das ein paar Leuten!" Spielberg hat das Material immer seinen Kindern präsentiert und so über die Rollenvergabe entschieden. Clint Eastwood und Mel Gibson machen nie ein Casting, sondern unterhalten sich eine Zeit lang mit dem Charakter.
Im Herbst 1999 hat Sie die von Steven Spielberg mitgegründete Firma Dreamworks zum Vorsprechen eingeladen. War das Ihr härtestes Casting?
Bevor ich zu Dreamworks gegangen bin, hatte ich schon einige Filme hinter mir. Der Caster von Dreamworks kannte mich von der „Conan"-Serie, die 1998 rauskam und mich in US-Talkshows wie die von Howard Stern führte. Dreamworks suchte einen deutschen Charakter, und ich ging mit einem guten Gefühl aus dem Casting. Das war im November oder Dezember 1999. In der ersten Januarwoche bekam ich einen Anruf von meinem Agenten: Sie wollten mich tatsächlich für „Gladiator" haben. Die Dreharbeiten sollten im Februar in London starten.
Sie gelten als der beste Buddy von Arnold Schwarzenegger. Was macht diese Männerfreundschaft aus?
Dass man sie nicht überfordert und irgendwo hingeht, nur weil der eine Freund ein Weltstar ist und es im Sport, Film und der Politik geschafft hat. Dass man nicht sagt, hilf mir mal hier oder da. Aber ich habe schon Ratschläge von meinem älteren Freund Arnold bekommen. Er kann aber nirgendwo anrufen und sagen, man solle mal eben den Moeller besetzen. Natürlich könnte er für einen Kollegen eine Tür öffnen, aber keiner wird auf eine Empfehlung hin besetzt. Vor einer Kamera muss man sich selbst beweisen. Sylvester Stallone etwa hat einen Bruder, Frank. Den kennt kaum einer.
Wie nah stehen Sie sich wirklich?
Arnold und ich haben über die Jahre ein Vertrauensverhältnis entwickelt. Dazu gehört, dass man nicht gleich alles rausposaunt, über das man sich unterhält. Die beste Freundschaft ist gegeben, wenn man schweigend nebeneinander im Auto sitzen kann. Ganz normal sein ohne Druck. Oder vielleicht auch erkennt, wenn der andere ein Gespräch braucht. Solche Freundschaften entwickeln sich über einen langen Zeitraum.
Und wie sind die Partys bei Arnold Schwarzenegger?
Kommt drauf an. Es gab immer mal wieder eine Feier bei Arnold. Letztes Jahr aber nicht mehr. Sehr familiäre Zusammenkünfte, bei denen auch schon mal Reden gehalten werden. Das ist ganz toll. Am 24. Dezember sind wir immer zu Sylvester Stallone gefahren. Beim letzten Mal waren Al Pacino und Leonardo DiCaprio da. Und bei Arnold habe ich schon öfter Clint Eastwood getroffen. Es gibt ein Foto von Clint, Arnold und mir. Beim letzten Mal stand Clint nach zwei Stunden noch immer in der Küche, er hat eine unglaubliche Kondition. Er fühlte sich da wohl, weil er nicht bedrängt wurde. Das Gute ist, dass bei solchen Partys nicht jeder ankommt und ein Selfie knipsen möchte. Das macht keiner lange mit.