Die deutschen Profiligen biegen auf die Zielgerade ein. Noch drei Monate und die Würfel werden wieder einmal gefallen sein. Bereits jetzt lohnt sich der Blick auf zwei Traditionsvereine, deren Ausgangslage kaum unterschiedlicher sein könnte. In der Bundesliga sorgt Eintracht Frankfurt für Furore. Die Hessen spielen einen berauschenden Fußball und könnten sich tatsächlich für die Champions League qualifizieren. Aus der einstigen Skandalnudel ist ein Vorzeigeverein geworden. Personelle Veränderungen werden einvernehmlich und geräuschlos vollzogen. Vorstandschef Fredi Bobic ist der starke Mann. Er hat der Eintracht ein neues, seriöses Gesicht verschafft und die Früchte geerntet, die Sportdirektor Bruno Hübner vor zehn Jahren zu sähen begonnen hat. Hübner macht im Sommer Schluss, mit 60 Jahren geht er in den Vorruhestand. Längst hat er im Hintergrund Aufgaben und Verantwortungen an jüngere Kräfte übertragen. Der Verein ist nun einmal größer als Einzelpersonen. So hat es Gladbachs Manager Max Eberl kürzlich formuliert. Der Club vom Niederrhein könnte ein Vorbild für die Eintracht sein. Aus einem gestrandeten Wal ist ein ziemlich agiler Hecht im Karpfenteich der Bundesliga geworden. Apropos gestrandet: Was sich beim Hamburger SV abspielt, ist kaum in Worte zu fassen. Seit Jahren hat man mit Jonas Boldt wieder einen Manager mit Visionen, mit Daniel Thioune zudem ein großes Trainertalent. Doch nun zerlegen sich die Vereinsoberen wieder in aller Öffentlichkeit. Ähnlich wie beim VfB Stuttgart wird für eine Mitgliederversammlung getrommelt, deren Ausgang ungewiss ist. Hier zeigt sich die Last der Tradition. Wenn Wahlen wichtiger als Ergebnisse sind, wird sich dauerhafter sportlicher Erfolg kaum einstellen. Oder umgekehrt gefragt: Kann sich jemand an turbulente Versammlungen in Mönchengladbach oder Frankfurt erinnern? Dort wird Tradition mit Lust gelebt. Und ganz ehrlich: Auf die Bilder der Frankfurter Auswärtsfans in einen Nach-Corona-Europa freut man sich doch viel mehr als auf das kleine Häuflein der RB-Leipzig-Anhänger.
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Foto: picture alliance / Promediafoto
Nachspielzeit: Lust und Last der Tradition
Sport - Kolumne
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