Nichts soll bekanntlich so schlecht sein, als dass es nicht auch für irgendetwas gut wäre. Jetzt sollen sich sogar die Briten über deutsche Kreativität dank Corona wundern, wie dem „Guardian" zu entnehmen war. Ob uns die Meinung der Briten nach dem Brexit noch sonderlich bewegen sollte, sei mal dahin gestellt. Trotzdem ist es nett, wenn die mal richtig neidisch sind, wie wir durch die Pandemie kommen. Mit über 1.200 Wortneuschöpfungen (Institut der deutschen Sprache) haben wir die Krise sprachlich-gedanklich durchdrungen. Der Guardian ist beeindruckt vom „Abstandsbier", dem „Fußgruß" oder dem „Balkonsänger". Den „Covidiot" kennen die Briten allerdings auch selbst.
Mag sein, dass die von der Insel beim Impfen schneller sind, dafür sind wir eindeutig wortgewaltiger, wie es sich für das Land der Dichter und Denker gehört.
Und wären wir nicht ohnehin schon mehr als „covidmüde", müsste in diesen Tagen viel covidianischer Wortschatz dazukommen, um dem kompletten Wirrwarr zumindest so was wie eine sprachliche Ordnung zu geben.
In der großen Neuschöpfungsliste finden sich überraschend wenige für den schulischen Bereich. Der Brite müsste fast glauben, da sei bei uns alles in Ordnung. Dabei streiten wir uns wie die (sprachlich etwas aus der Mode gekommenen) Kesselflicker. Das wird auch nach den Personalratswahlen kaum nachlassen. Schließlich steht noch einiges an Wahlen absehbar an. Dabei ist es keineswegs verwerflich, über das zu streiten, was beste Schule sein soll, schließlich ist von kaum einem anderen Politikfeld die Gesellschaft insgesamt aktuell so unmittelbar betroffen, und es werden Weichen für eine ganze Generation gestellt, weit über berufliche Perspektiven hinaus.
Weil jede Entscheidung unmittelbar wirkt, lässt sich für so ziemlich jedes Argument ein lebendiger Beweis finden, für das Gegenargument übrigens auch. Keine Lösung ist ideal für alle. Das war schon präcoronaisch so, und wird auch in der Post-Covid-Ära nicht anders. Da etwas mehr Gelassenheit einzufordern, ist einigermaßen utopisch. Wobei den Dauerstreithähnen vielleicht ab und an ein bisschen „Quarantine and chill" mit einem kleinen „Quarantini" ganz gut tun würde. Was die Briten bei ihrem Bild über uns vollends irritieren dürfte.