Die israelische Filmschauspielerin Gal Gadot wurde als Superheldin zu Hollywoods neuem Superstar. Die Fortsetzung von „Wonder Woman" ist jetzt auf Sky Cinema zu sehen und später auch im Kino.
Die Herausforderung für Gal Gadot (35) war sehr groß. In der Comic-Verfilmung „Wonder Woman" hatte sie die Superheldin 2017 brillant neu interpretiert. Würde ihr das in der Fortsetzung „Wonder Woman 1984" genauso gelingen? Die Antwort: ein klares Ja! Und sie hat der aus der Zeit gefallenen Amazone noch mehr emotionale Tiefe, sogar Menschlichkeit verliehen. Dass dabei die Action-Szenen nicht zu kurz kommen, dafür sorgt vor allem ihre neue Gegenspielerin Cheetah, gespielt von Kristen Wiig. Maßgeblich für den Erfolg des „Wonder Woman"-Franchise ist natürlich auch Regisseurin Patty Jenkins verantwortlich. Zusammen mit Gal Gadot plant sie schon „Wonder Woman 3". Zum Zoom-Interview hat sich Gal Gadot (das „t" wird übrigens mitgesprochen!) fein gemacht: Die schwarze Haarmähne zu einem Pferdeschwanz geglättet, sitzt sie – in weißer Bluse unter dem roten Sakko – in einer Hotelsuite in Los Angeles vor dem Bildschirm. Selbst auf diese große Distanz sind ihre Ausstrahlung, Wärme und Herzlichkeit spürbar.
Mrs. Gadot, was für eine Bedeutung hat Wonder Woman denn für Sie persönlich?
Für mich ist Wonder Woman eine Frau voller Leidenschaft. Aber auch voller Liebe und Fürsorge. Natürlich ist es sehr wichtig, dass ich im Film auch ihre Besonderheiten verkörpere: also die kriegerische Amazonen-Prinzessin mit den Superkräften. Sie ist eine unsterbliche Göttin, die – wenn es sein muss –
wild und erbarmungslos zu kämpfen weiß. Aber sie ist auch eine Frau, die eben ihre Fehler und Unzulänglichkeiten hat. Das zu zeigen ist für mich sehr wichtig. Meine Wonder Woman ist auch emotional verletzbar.
Das macht sie mir sehr sympathisch. Und ganz persönlich betrachtet hat diese Rolle mein Leben natürlich total verändert. (lacht) Wonder Woman hat mir in Hollywood einen Platz – ziemlich weit oben – verschafft.
Viele junge Mädchen sind tief beeindruckt von Ihrer Wonder- Woman-Performance. Sie sind sogar zu einer Art Vorbild geworden …
… was ich toll finde, denn es sind ja nicht die Super-Kräfte, die wirklich zählen, sondern die Tatsache, dass Wonder Woman viel Liebe, Hoffnung und Freude in die Welt bringt. Und sie sendet den jungen Mädchen eine sehr wichtige Botschaft: Nämlich die, dass sie alle die Kraft haben, selbst die Heldinnen ihres eigenen Lebens zu sein.
Welche Vorbilder hatten Sie denn als Teenager?
Ich bin in Israel geboren und aufgewachsen; diese Art von Role-Models waren da wenig bekannt. Zumindest bin ich als Kind ohne diese Kino-Heldinnen aufgewachsen. Später dann, als Teenager, war ich ein glühender Madonna-Fan.
Ich mochte ihre Musik, ihre Performance, ihren Lifestyle. Es gab Phasen, da habe ich Tag und Nacht nur Madonna gehört … Aber wirklich geprägt haben mich in meiner Jugend sicher meine Mutter und meine Großmutter. Das waren starke Frauen voller Liebe.
Sie sind selbst Mutter von zwei Töchtern. Wie kommen Sie da mit Ihrer Vorbildfunktion zurecht?
Sie sind ja beide noch sehr jung. Alma ist neun, Maya vier Jahre alt. Für mich ist es sehr wichtig, ein Vorbild für sie zu sein. Ich will täglich mit gutem Beispiel vorangehen und ihnen die Werte ver-mitteln, die ich im Leben für richtig und wichtig halte. Mein Mann und ich versuchen, ihnen Richtlinien aufzuzeigen, an denen sie sich orientieren können. Ganz wesentlich dabei ist, dass wir das, was wir sagen, auch selbst tun. Den größten Einfluss auf die seelische Entwicklung meiner Töchter habe ich doch, wenn sie fühlen, dass ich authentisch bin. Und indem sie mir nacheifern, gewinnen sie mit der Zeit auch das nötige Selbstvertrauen, um dann eigenständig die richtigen Ent-scheidungen zu treffen.
Welche Werte sind Ihnen wichtig im Leben? Und hat Sie Ihr moralischer Kompass auch schon mal in die Irre geführt?
(lacht) Eigentlich nicht wirklich. Natürlich gab es Umwege und Schwierigkeiten. Und Enttäuschungen … Aber ich glaube ganz fest an Karma. Ich bin mir sicher, dass das, was wir in die Welt hinaussenden, wieder zu uns zurückkommt. Deshalb versuche ich immer freundlich zu meinen Mitmenschen zu sein. Außerdem bin ich sehr dankbar für das, was mir das Schicksal geschenkt hat. Das heißt nicht, dass mir alles in den Schoß gefallen wäre. Ich musste hart arbeiten, um Erfolg zu haben.
Was hat Ihnen dabei die meiste Kraft gegeben?
Mein Mann, meine Familie und meine Überzeugung, dass man am besten immer die Wahrheit sagt. Wenn man ehrlich und wahrhaftig durchs Leben geht, gibt einem das sehr viel Kraft. Denn die Wahrheit kann letztlich niemand abstreiten.
Hat Ihnen Ihre offene und ehrliche Art wirklich dabei geholfen, in Hollywood Karriere zu machen? Schwer zu glauben.
Ich kam nach Hollywood als erwachsene Frau von 30 Jahren, die einige Lebenserfahrung mitbrachte. Außerdem war ich bereits glücklich verheiratet. Ich war mir meiner Prioritäten immer sehr bewusst. Das Wichtigste war und ist meine Familie. Der Rest kommt danach. Auch meine Karriere. Ich bin sehr bodenständig. Natürlich habe ich in Hollywood auch die üblichen Machtspiele mitbekommen, ebenso die Lügen und Intrigen. Aber darum habe ich immer einen großen Bogen gemacht. Ich kann tatsächlich sagen, dass mir meine Offenheit und Ehrlichkeit in dieser Stadt sehr geholfen hat.
„Wenn ich es sehen kann, dann kann ich es auch werden!", sagten Sie mal. Glauben Sie das tatsächlich?
Bis zu einem gewissen Grad, ja. Wenn ich mir freilich wünsche, die Präsidentin von Israel zu werden, dann klappt das natürlich nicht. Aber in einem gewissen Rahmen, der mit meiner Lebensge-schichte zu tun hat, glaube ich tatsächlich, dass ich alle meine Ziele erreichen kann. Und zwar ohne Intrigen und Winkelzüge. (lacht) Abgesehen davon: „Wenn ich mich auf die Reise zum Mond aufmache und ihn verfehle, lande ich immerhin in den Sternen!"
Meine Mutter sagte immer: „So etwas wie Glück gibt es gar nicht. Was die Leute Glück nennen, ist in Wahrheit dieser Moment, an dem sich uns eine Chance bietet – genau dann, wenn man dazu bereit ist, sie gleich beim Schopf zu packen. Versuche also, einfach immer bereit zu sein. Dann klappt es auch." Aus meiner eigenen Lebenserfahrung kann ich das nur bestätigen.
Bevor Sie als neue Wonder Woman ausgewählt wurden, waren Sie drauf und dran, Hollywood für immer Goodbye zu sagen und nach Israel zurückzukehren. War da nicht vielleicht doch etwas Glück im Spiel, als Sie für die Rolle engagiert wurden?
Na ja, ehrlich gesagt war ich damals schon sehr überrascht. Aber ich war eben zur richtigen Zeit am richtigen Ort – und habe die richtige Frau getroffen, meine Regisseurin Patty Jenkins. Und ich war bereit, das Wagnis einzugehen. Bei den Dreharbeiten zum ersten „Wonder Woman"-Film habe ich viel gelernt. Und „Wonder Woman 1984" war noch eine viel größere Herausforderung, das können Sie mir glauben! Wir haben acht Monate lang gedreht. Das war physisch und mental sehr, sehr anstrengend. Vor allem die Action-Szenen …
Stimmt es, dass Sie viele dieser gefährlich Szenen selbst gemacht haben?
Ja, das bin ich meinen Zuschauern als Wonder Woman wohl schuldig. (lacht) Vor allem die Kampfszenen mit meiner Gegenspielerin Kristen Wiig als Cheetha waren extrem schwierig. Denn sie sind alle echt, da ist nichts computeranimiert. Jede einzelne Kampfsequenz wurde minutiös geplant und choreografiert. Dazu wurden sogar ein paar Artisten von dem kanadischen Zirkus Cirque du Soleil eingeflogen, die uns diese Kampfsequenzen vorspielten. Da blieb mir oft richtig die Luft weg. So etwas sollte ich machen? Viele Tage lang hing ich an Drähten und anderen Vorrichtungen. Es war richtig furchteinflößend. (lacht) Aber manchmal ist es eben sehr gesund, sich zu fürchten.
Ihr Cat-Fight mit Kristen Wiig unterscheidet sich ziemlich von Nahkampf-Szenen unter Männern.
Es freut mich sehr, dass Sie das ansprechen. Ja, wir Frauen kämpfen ganz anders als Männer. Wir schlagen uns zum Beispiel nicht ins Gesicht. Wir versuchen unsere Gegnerin anders unter Kontrolle zu bringen. Und natürlich sind unsere Bewegungen viel geschmeidiger …
Hollywood-Superstar, Mutter, Ehefrau, Träumerin. Welches Etikett trifft am ehesten auf Sie zu?
Gal Gadot: (lacht) Ehefrau und Mutter! Ich bin überhaupt keine Träumerin.
Tatsächlich?
Mein Mann ist ein Träumer, und im Vergleich zu ihm bin ich eine Super-Realistin. Ich stehe mit beiden Beinen ganz fest auf dem Boden. Ich habe absolut keine Flausen im Kopf.
Dabei arbeiten Sie in einer Traumfabrik, die davon lebt, Hochglanz-Flausen zu produzieren …
(lacht) Ja! Ist das nicht verrückt? Aber ich komme ganz gut damit zurecht, zwischen dieser Art von Träumen und dem echten Leben zu unterscheiden. Das hat mir auch geholfen, den großen Erfolg gut zu verkraften, den ich durch den ersten „Wonder Woman"-Film hatte. Am Set bin ich vielleicht der Star, werde geschminkt und meine Assistentin bringt mir den Kaffee. Doch wenn ich nach Hause komme, koche ich das Abendessen für meine Kinder und meinen Mann. Und lese meinen Töchtern eine Gute-Nacht-Geschichte vor. Das ist mein Leben. Das Leben, das ich liebe.
Ein Sprichwort besagt: „Hinter jedem großen Mann steht eine große Frau". Bei Ihnen ist das wohl umgekehrt, oder?
Wie wahr! Mein Mann hat mich immer unterstützt. Er war immer an meiner Seite und hat mich darin bestärkt, das zu tun, was gut für mich ist.
Ist der Macho-Mann langsam ein Auslaufmodell? Tritt an seine Stelle der einfühlsame Mann mit emotionaler Intelligenz?
Das hoffe ich. Auf meinen Mann trifft das auf jeden Fall zu. Ich hätte mich nie in einen Macho verlieben können. Ich glaube tatsächlich, dass sich die Rollenbilder immer mehr wandeln. Wir Frauen von heute unterscheiden uns doch sehr von den Frauen der 60er-Jahre. Die modernen Frauen haben schon lange die Verantwortung für ihr eigenes Leben übernommen. Sie arbeiten in allen Berufssparten und sind oft sehr erfolgreich. Diese Unabhängigkeit beeinflusst auch die Beziehung zu den Männern. Männer haben jetzt mehr Möglichkeiten, sich emotional weiterzuentwickeln und sich zum Beispiel intensiver ins Familienleben – inklusive der Kindererziehung – einzubringen. Und sie können dann auch starke Frauen an ihrer Seite haben. Aber es wird noch etwas dauern, bis das allgemeiner Konsens ist.
Bitte beschreiben Sie sich zum Schluss noch mit drei Worten.
Ich bin warmherzig. Und positiv. Und ich bin jemand, der ständig an verschiedene Projekte denkt. I am a Multi-Task-Woman!