Mit der Präsentation ihrer Rennautos Jahrgang 2021 ist die Formel 1 in Fahrt gekommen. Nach der 111-tägigen Winterpause startet die neue Saison am 28. März im Wüstenstaat Bahrain. Vieles wird dann neu und anders sein als im Corona-Vorjahr. Für die zehn Teams wird es mit einem begrenzten Budget ein „Übergangsjahr".
Die Vorstellungen der neuen Boliden, in Corona-Zeiten im Livestream und in digitalen Kanälen der Teams übertragen, verraten wenig über Technik und Tauglichkeit dieser hochgezüchteten PS-Renner. Ins Auge stechen aber allemal die neuen Farbkleider der Vierrad-Raketen. Ihr wahres Leistungspotenzial ist selbst bei den Wintertests (12. bis 14. März in Bahrain nach Redaktionsschluss) nicht durchschaubar, da nicht mit offenen Karten gespielt wird. Beschränken wir uns bei den neuen Autos vorerst auf ihre äußere Erscheinung.
Renault tritt mit dem neuen Namen „Alpine F1 Team" an
Den Auftakt der Vorstellungen machte bereits Mitte Januar der zuletzt unter dem Namen Renault firmierende Rennstall aus Frankreich. Die frühe Online-Präsentation sollte einen ersten Vorgeschmack auf die neue Identität des Rennstalls mit neuem Namen und neuem Design vermitteln. Im vergangenen Jahr war das noch der schwarz-gelbe Bolide des Australiers Daniel Ricciardo und des Franzosen Esteban Ocon mit der Bezeichnung R.S.20. Vor fünf Jahren, 2016, ist Renault als Werksteam in die Formel 1 zurückgekehrt. In der neuen Saison 2021 treten die Franzosen offiziell mit dem neuen Namen „Alpine F1 Team" an. Alpine ist seit den 70er-Jahren die Sportwagentochter von Renault und hört auf die Bezeichnung A521. „A" steht für Alpine, wobei der Name von den Alpen abgeleitet ist. Die „5" erinnert an den A500, Renaults Prototyp für die ersten Formel-1-Renner der Franzosen aus dem Jahr 1977, und „21" steht für die Jahreszahl. Es ist eine strategische Umbenennung, wobei die Sportmarke Alpine von der Strahlkraft der Formel 1 profitieren soll. Damit soll der Übergang in eine neue Ära eingeleitet werden. Die Traditionsfarben Schwarz-Gelb sind mit dem 400. Grand Prix von Renault in Abu Dhabi 2020 Geschichte. Bei dem virtuellen Launch Anfang März strahlte der Nationalrenner in den französischen Nationalfarben. Die Tricolore mit Blau, Weiß und Rot bestimmt das Design und ist von den Farben her identisch mit der britischen Flagge, dem Union Jack. Das Rennteam bleibt in England (Enstone) beheimatet, die V6-Turbotriebwerke werden in der PS-Schmiede in Viry-Chatillon südlich von Paris „gezüchtet". Große Hoffnungen setzt das alte Team mit neuem Namen auf den zwei Jahre abgetauchten Rückkehrer Fernando Alonso. Der Spanier gewann 2005 und 2006 mit Renault die Weltmeisterschaft und kehrt mit 39 Jahren wieder in den GP-Zirkus zu seinem alten Team zurück. Dort ersetzt der 32-malige GP-Sieger Daniel Ricciardo, der bei McLaren angedockt hat. „Fernando bringt Speed, Hartnäckigkeit, Willen, Talent, Erfahrung und Einsatz mit. Es erfüllt uns mit Stolz, einen solchen fantastischen Fahrer zu haben", so Renault-Konzernboss Luca de Meo. Der so mit Vorschusslorbeeren hochgelobte Asturier aus Oviedo hat einen Vorsatz. „Ich möchte mich als Fahrer noch mehr verbessern. Ich habe in meiner zweijährigen Pause noch eine Menge gelernt, bin ein kompletterer Fahrer geworden. Diese Dinge will ich jetzt umsetzen", verkündete der alte Renault-Haudegen und neue, angriffslustige Alpine-Hoffnungsträger.
Konsequente Weiterentwicklung des Racing Point
Mit neuen Farben und neuem Namen geht das Racing-Point-Team als Aston Martin Werksteam mit seinem neuen Fahrer Sebastian Vettel an den Start. Die Präsentation der legendären James-Bond-Marke wurde als virtuelles Live-Event am Standort in Gaydon gezeigt. Und dieses pompöse Ereignis konnte sich sehen lassen – mit Einspielungen von Grußbotschaften von Bond-Darsteller Daniel Craig und Football-Legende Tom Brady. „Bond-Girl" Gemma Arterton moderierte die Präsentation. Mit Sebastian Vettel trat ein weiterer Hauptdarsteller auf. Und der war hin und weg von seinem neuen Dienstwagen. Zumindest von seinem Look. „Ich hab das Auto zwar noch nicht gefahren, aber ich finde, es sieht großartig aus, es ist bis jetzt das schönste", frohlockte der Mann im dunkelgrünen Arbeitsanzug, dem Overall. In der klassischen Farbe British Racing Green und pinkschimmernden Streifen sowohl auf dem Frontflügel als auch entlang der Seitenflanken kommt der Aston Martin AMR21 daher. Ganz in Pink gehalten war der Vorgänger Racing Point, Rosa war die Farbe des Hauptsponsors BWT, ein österreichischer Hersteller von Systemen für Wasseraufbereitung. Auf den dunkelgrünen Autos ist jetzt der US-IT-Riese Cognizant als neuer Titelsponsor präsent. Der Aston Martin AMR21 ist eine konsequente Weiterentwicklung des Racing Point aus der Saison 2020 mit einem Mercedes-Motor im Heck. Bis Racing Point mit der Namenslizenz von Aston Martin ausgestattet war, bedurfte es fünf Namens-„Taufen" oder Umbenennungen. Ahnenforscher verfolgen einen langen Weg zurück bis ins Jahr 1991 des Stammbaum-Boliden von Sebastian Vettel und seines Teamkollegen Lance Stroll, Sohn des kanadischen Haupteigners und Mode-Milliardärs Lawrence Stroll. Der etwas schrullige irische Finanzjongleur Eddie Jordan gründete vor 30 Jahren den Rennstall, verhökerte ihn nach 250 Grand Prix an die russisch-kanadische Midland Group, die das Team 2006 unter dem Namen „Midland F1 Racing" an den Start brachte. 2007 wurde aus Midland das Team des niederländischen Autoherstellers Spyker, und ein Jahr später wurde es an den indischen Paradiesvogel und Milliardär Vijay Mallya weiterverkauft, der es von 2008 bis 2018 unter dem Namen „Force India F1 Team" betrieb. Sein Rennstall wurde nach Insolvenz 2018 aufgelöst. Der kanadische Milliardär Lawrence Stroll sprang in die Bresche, kaufte mit einer Investorengruppe die Konkursmasse auf und firmierte ab 2019 bis Ende 2021 unter dem Namen „Racing Point F1 Team". In dieser Saison tritt der Uralt-Baumstamm als Aston Martin AMR21 und erstmals als Werksteam an.
Der Silberpfeil wird auch 2021 schwarz lackiert sein
Nicht ganz so prunkvoll war die Online-Übertragung des Weltmeisterteams Mercedes. Der Mercedes-AMG F1 W12 E Performance – wurde in den brandneuen Race Bays des Technologie-Zentrums im englischen Brackley präsentiert. Die Bezeichnung „E Performance", die erstmals den (Tauf-)Namen der Mercedes-Renner komplettiert, „ist die neue Technologiebezeichnung, die in die Produktnamen und Plaketten aller zukünftigen Performance-Hybridfahrzeuge von Mercedes-AMG Verwendung finden wird", heißt es in der Pressemitteilung. „Dieser Präsentationstag eines neuen Autos ist immer sehr aufregend", so Weltmeister Lewis Hamilton. „Es ist fantastisch, der Welt das Ergebnis all der harten Arbeit in den Werken zu zeigen. Ich stand auch während des Winters mit meinen Ingenieuren in Kontakt, habe mich über ihre Vorbereitungen informiert und mich selbst auf 2021 vorbereitet." Teamkollege Valtteri Bottas stellte fest: „Die Autos sind ähnlich wie im Vorjahr, aber es gibt einige interessante Veränderungen an der Aerodynamik zum Vorjahr, die einen Einfluss auf das Fahrverhalten haben werden, darauf freue ich mich", so der WM-Zweite von 2020. Der Silberpfeil wird auch 2021 schwarz lackiert sein – ein Symbol gegen Rassismus. „Mit dieser Grundlackierung setzten wir ein Zeichen für den unverminderten Einsatz des Teams für mehr Vielfalt und Integration", betonte Mercedes-Sportboss Toto Wolff. Die vielleicht größte Herausforderung für sein Team in dieser Saison sieht der Österreicher, der seinen Anteil am Mercedes-Team gerade von 30 auf 33,3 Prozent aufgestockt hat, in der Arbeit unter der neuen Budgetgrenze. Die Budgets aller Teams dürfen 2021 maximal 145 Millionen US-Dollar betragen. „Das führte zu beträchtlichem Aufwand hinter den Kulissen, um uns an diese neuen Einschränkungen anzupassen. Das heißt: Wir mussten die Struktur des Teams verändern, die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten, wir mussten unsere Prozesse optimieren und effizienter werden. Die Obergrenze hat uns aber auch die Chance gegeben, unser Unternehmen zu überdenken", erklärte Wolff den neuen finanziellen Rahmen.
Überdenken und umdenken müssen auch die Top-Größen Ferrari und Red Bull. Heißt: den Budgetgürtel mindestens um die Hälfte enger schnallen. Der Unterschied zwischen Groß und Klein soll schließlich verringert und die Chancengleichheit unter den Teams erhöht werden.