Bei den Apollo-Missionen 14 bis 17 versuchten sich die Astronauten auf dem Mond auch immer wieder sportlich. In einem Fall fast mit verheerendem Ausgang.
Wenn es nach dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) geht, sollen im Sommer dieses Jahres die Olympischen Spiele in Tokio nach der Verschiebung im vergangenen Jahr auf alle Fälle ausgetragen werden. Ungeachtet wachsender Proteste vieler Japaner, die Angst vor steigenden Corona-Zahlen und einer Einschleppung neuer Mutationsvarianten haben. Die Tatsache, dass die Spiele ohne Zuschauer ausgetragen werden sollen, kann die wachsende Zahl der Kritiker nicht besänftigen. So mancher Japaner würde die Verantwortlichen im IOC am liebsten auf den Mond schießen. Und mit ihnen die ganze Veranstaltung.
Olympische Spiele auf dem Mond – eigentlich keine schlechte Idee. Zumindest müsste sich dort niemand mehr Gedanken über das Coronavirus machen. Und so abwegig das nun klingen mag: Es gab in der Vergangenheit schon so manche sportlichen Versuche auf dem Mond: Hochsprung, Weitsprung, Speer- und Hammerwerfen sowie Golf sind definitiv überliefert – sogar „Autorennen".
Den Anfang machte 1971 der Astronaut Alan Shepard, Kommandant der Apollo-14-Mission. Als fünfter Mensch überhaupt betrat er den Mond. Shepard war bereits zu diesem Zeitpunkt eine amerikanische Legende. Als zweiter Mensch nach Juri Gagarin und erster Amerikaner war er am 5. Mai 1961, also knapp einen Monat nach Gagarin, ins All geflogen. Zwar umkreiste er nicht wie Gagarin die Erde, sondern flog „nur" auf einer sogenannten suborbitalen ballistischen Flugbahn. Dennoch erreichte er damit eine Höhe von 187 Kilometer und landete nach einer Viertelstunde bereits wieder sicher im Atlantik. Dennoch war ihm damit der Titel als erstem Amerikaner im All sicher.
Shepards Golfball flog 200 Meter weit
Alan „Big Al" Shepard galt als extrem ehrgeiziger und gleichsam schwieriger Mensch. Er wollte nach der geglückten Mondlandung 1969 unbedingt selbst auf den Mond – ungeachtet gesundheitlicher Probleme am Innenohr. Mit damals 47 Jahren ist er bis heute der bei Weitem älteste Mondfahrer. Im Gepäck hatte er zwei Golfbälle und ein sogenanntes Sechser Eisen – einen Golfschläger, den er an einem Werkzeug befestigte. Extrem eingeschränkt durch seinen Raumanzug versuchte Shepard, den Ball einhändig zu schlagen. Beim ersten Versuch verfehlte er den Ball, beim zweiten hoppelte der Ball etwa zwei Meter. Der dritte und vierte Versuch saßen. Besonders bei letzterem flog der Ball nach scherzhafter Aussage Shepards „Miles and miles and miles" – was natürlich eine maßlose Übertreibung war.
Tatsächlich kam der Ball wohl etwa 200 Meter weit – kein schlechtes Ergebnis angesichts des einhändigen Schlags. Wissenschaftler haben errechnet, dass ein Golfball auf dem Mond im Idealfall fast vier Kilometer weit fliegen könnte – und dabei etwa eine Minute lang unterwegs wäre. Theoretisch möglich macht dies die im Vergleich zur Erde geringere Schwerkraft, die nur etwa ein Sechstel so stark ist, und die Tatsache, dass es keine Reibung durch Luftteilchen gibt.
Die gerne kolportierte Geschichte, Shepard habe Schläger und Bälle ohne Wissen der Nasa an Bord geschmuggelt, ist eine Mär. Es hatte im Vorfeld der Mission zwar einige Diskussionen darum mit den Verantwortlichen gegeben, diese hatten die Aktion aber letztlich genehmigt – nachdem ihnen Shepard zugesichert hatte, diesen Gag nur zu bringen, wenn die Mission bis dahin reibungslos verlaufen sei.
Ed Mitchell, ebenfalls Astronaut dieser Mission und nach Shepard somit sechster Mann auf dem Mond, wollte seinem Kommandanten nicht nachstehen und probierte sich ebenfalls als Sportler auf dem Mond. Der Pilot der Landefähre schnappte sich nach Abschluss eines erfolgreich absolvierten Experiments eine Haltestange, die nicht mehr benötigt wurde, und warf diese wie einen Speer weg. Wie weit die Stange geflogen ist, ist nicht überliefert, die Echtheit des Wurfs hingegen schon. Bilder der Nasa zeigen bis heute die Stange in einem Krater auf dem Mond, der entsprechend Javelin-Krater – also Speerwurf-Krater – benannt wurde. Shepards Golfball liegt übrigens etwa zwei Meter vom Speer entfernt.
Apollo 14 war aber nicht die einzige „Sportler-Crew" auf dem Mond. Schon Apollo 11, die erste Crew auf dem Mond, hatte erste vorsichtige „Weitsprung"-Hüpfer auf dem Mond gemacht und die im Vergleich zur Erde geringe Schwerkraft ausgenutzt. Angestachelt von den „Erfolgen" von Apollo 14, wollte auch die Crew von Apollo 16 sportliche Höchstleistungen vollbringen. Die Astronauten Charles Duke und John Young planten – inspiriert von den bevorstehenden Olympischen Spielen 1972 in München – einen regelrechten Wettbewerb. „Ich gehe für die Olympiade raus" soll Duke laut Funkprotokoll gesagt haben, ehe er eine kleine Tragestange nach Angaben des „Spiegel" etwa 200 Meter weit geschleudert haben soll: „Ich habe gerade die kleine Tragestange… – die krumme – etwa 200 Meter weit geschleudert, wie es aussah. Hier kommt die andere. Ich bin ein echter Gewinner im Hammerwurf", zitierte das Blatt im Februar dieses Jahres aus den Protokollen.
Bei Hochsprungversuch auf den Rücken gefallen
Sein Kollege Young setzte sich anschließend ins Mondmobil und gab Gas. Immerhin zehn Kilometer pro Stunde soll er erreicht haben und dabei auch einige ordentliche Hüpfer mit dem Gefährt gemacht haben. Kollege Duke kommentierte die Fahrt wie ein Sportreporter. Dieser Geschwindigkeitsrekord hielt bis zum Dezember 1972. Dann erreichte der Astronaut Eugene Cernen auf der Apollo-17-Mission auf abschüssiger Strecke nahezu die doppelte Geschwindigkeit und sauste mit 18 km/h über die Mondoberfläche. Außerdem stellten er und sein Kollege Harrison Schmitt einen Distanzrekord für den Mond auf. Sie legten insgesamt 36 Kilometer mit ihrem Mondrover zurück.
Bei allem Spaß, den die Astronauten bei ihren Ausflügen in die Welt des Sports fraglos hatten, wäre ein Versuch beinahe gründlich schief gegangen – und hätte sogar tödlich enden können. Der bereits erwähnte Charles Duke versuchte sich auf der Apollo-16-Mission auch im Hochsprung. Dabei sprang Duke in seinem Raumanzug fast vier Fuß hoch, also etwa 120 Zentimeter, wie er in seinem 1990 erschienenen Buch „Moonwalker" beschreibt. Was Duke nicht berücksichtigt hatte, war der Rucksack seines Raumanzugs, der mehr als die Hälfte des Gewichts ausmachte und ihn beim Sprung nach hinten zog. „Also bin ich rückwärts gefallen", schrieb Duke. „Er hatte eine Fiberglashülle, und sie hat alle Lebenserhaltungssysteme enthalten. Wenn sie zerbrochen wäre, wäre ich tot gewesen." Duke wäre erstickt, bevor sein Kollege Young die Chance gehabt hätte, ihn zurück zur Mondlandefähre zu bringen. Eine Kamera der Fähre hat den Unfall übrigens gefilmt. Auf einen ursprünglich geplanten Weitsprungversuch hatten beide daraufhin verständlicherweise keine Lust mehr. Die Olympischen Spiele auf dem Mond waren vorbei.