Auch auf der ISS muss Astronaut Matthias Maurer nicht auf heimische Kost verzichten. Sternekoch Cliff Hämmerle und Genusswirt Christian Heinzdorf haben für ihn ein Vier-Gänge-Menü kreiert, dass auf der Weltraumstation bereits auf den 51-Jährigen wartet.
Wenn Matthias Maurer voraussichtlich im Herbst dieses Jahres zur ISS ins All fliegt, wird er auf so manches verzichten müssen. Spezialitäten der heimischen saarländischen Küche gehören allerdings nicht dazu. Der Sterne- und Fernsehkoch Cliff Hämmerle („Hämmerle’s Restaurant") hatte im Rahmen seiner Sendung „Mit Herz am Herd" auf einen Wunsch von Matthias Maurer reagiert, und einen Hauptgang und ein Dessert für den Astronauten gekocht. Schnell wurde zudem die Idee von der Europäischen Raumfahrtagentur ESA ins Zusammenarbeit mit der Tourismus Zentrale Saarland geboren, zusätzlich einen Wettbewerb unter saarländischen „Genusswirten" ins Leben zu rufen. Diese konnten sich mit eigenen Rezeptvorschlägen bewerben. Die „Genusswirte" sind ein Zusammenschluss heimischer Köche, die sich das Kochen mit regionalen Produkten auf die Fahne geschrieben haben. Herausgekommen sind am Ende vier Gerichte – zwei von Sternekoch Cliff Hämmerle, der ebenfalls den „Genusswirten" angehört, und zwei von Wettbewerbsgewinner Christian Heinsdorf von der „Taverne Römische Villa Borg" –, auf die sich Matthias Maurer nun freuen darf.
Aufwendiges Kochen nach klaren Regeln
Was sich zunächst einfach anhört, ist in der Umsetzung ziemlich kompliziert. Schließlich kann man sich auf einer Raumstation nicht wie in der heimischen Küche gemütlich an den Herd stellen und mal so einfach loskochen – vom eigentlichen Verzehr der Speisen in der Schwerelosigkeit ganz zu schweigen. Deshalb wird das Essen auf der Erde vorgegart und anschließend in Dosen, etwas größer als eine klassische Thunfischdose, verpackt.
Letztlich umgesetzt werden die Gerichte in Frankfurt, beim Airline-Caterer LSG. „Dort hat der Chefkoch der sogenannten Skychefs, die die Gerichte für die ESA umsetzen, seine Küche", erklärt Hämmerle. „Die Gerichte werden autoklaviert, das heißt, in einem speziellen Verfahren über einen längeren Zeitraum stark erhitzt und damit keimfrei und weltraumtauglich gemacht." Anschließend werden die Dosen luftdicht verschlossen. Bei diesem Vorgang wird den Produkten auch Wasser entzogen. Es braucht dieses spezielle Verfahren, weil das Essen auf der ISS nicht gekühlt werden kann. Kühlschränke gibt es dort nämlich keine. Im Grunde lässt sich Weltraumessen ganz gut mit dem vergleichen, was auch in Flugzeugen serviert wird.
Bei den Rezepten selbst mussten Hämmerle und Heinzdorf allerdings bereits im Vorfeld so einiges beachten und sich an die Vorgaben der ESA halten. „Wir durften beispielsweise nur sehr wenig Salz verwenden, weil Salz zu Knochenschwund bei den Astronauten führt", betont Hämmerle. Entsprechend muss auch der verwendete Schinken ungepökelt sein. „Um trotzdem einen guten Geschmack zu bekommen, mussten wir stark mit Reduktion arbeiten, was ja per se den Geschmack konzentriert, und auch mit Kräutern", erklärt der Sternekoch.
Achten mussten die Köche zudem darauf, dass der Wassergehalt im Gemüse möglichst gering ist, was beispielsweise die Verwendung von Pilzen schwierig macht. Und auch bei Fleisch lassen sich eher Schmorgerichte umsetzen als Kurzgebratenes. Ein Medium gebratenes Rinderfilet – so lecker es auch sein mag – würde entsprechend im All niemals funktionieren. Auch eine Suppe beispielsweise darf nie so dünn wie auf der Erde sein, denn sonst würde sie in der Schwerelosigkeit einfach davonschweben. Und Alkohol ist bestenfalls in homöopathischen Dosen erlaubt.
Beim Wettbewerb der Tourismus Zentrale Saarland beteiligten sich insgesamt zehn Genusswirte, und über verschiedene Social-Media-Kanäle durfte die Bevölkerung abstimmen, welches Gericht mit ins All soll. Gut 7.500 Menschen beteiligten sich, und am Ende hatte Christian Heinsdorf mit seiner „Kartoffel-Riesling-Cremesuppe" und dem „Ragout vom Schwemlinger Reh an Speck-Rahmwirsing und Hoorische" die Nase vorn.
Maurer teilt Menü mit ISS-Kollegen
Auch Cliff Hämmerle und der Saarländische Rundfunk ließen die Zuschauer und Fans der Sendung „Mit Herz am Herd" abstimmen, und diese entschieden sich letztlich für Geheirade mit Schinken und Salbei und als Dessert Rostige Ritter mit Vanillesauce. Zwei Gerichte, hinter denen der Sternekoch mit voller Überzeugung steht. „Das sind Gerichte, die das Saarland perfekt repräsentieren." Gerade die „Geheirade" sind so klassisch regional, dass der Chefkoch der Skychefs, Jörg Hofmann, beim Sternekoch nachfragen musste. „Er kannte das Gericht nicht. Ich habe ihm empfohlen, sich die entsprechende Sendung von ,Mit Herz am Herd‘ auf Youtube anzuschauen, und das hat er dann gemacht", erzählt Hämmerle und lacht. „Die Mission ist ja ‚Cosmic Kiss‘ benannt, da passen die ,Geheirade‘ natürlich doppelt gut. Das Gericht soll Matthias Maurer schließlich auch ein bisschen an seine Liebsten daheim erinnern."
In den Dosen werden die Gerichte übrigens nicht etwa vermengt, sondern in Schichten übereinander angeordnet. Also bei den Geheirade etwa erst die Soße, dann die Mehlknepp und die Kartoffeln. Das Ganze ist keineswegs – wie mancher vielleicht nun denken mag – eine unansehnliche Pampe, sondern sieht durchaus appetitlich aus. Und natürlich gibt es jede Dose auch nicht nur einmal, sondern jeweils mehrfach. „Sonst würde sich das aufwendige Verfahren, das zudem sehr teuer ist, ja gar nicht lohnen", erzählt Hämmerle. „Meines Wissens hat Matthias Maurer auch vor, seinen Kollegen auf der ISS das Menü zu servieren." Wenn Maurer im Herbst zur ISS fliegt, ist sein Essen übrigens bereits dort. Es wird bereits jetzt im April dorthin transportiert und muss dann nur noch erwärmt und gelöffelt werden.
Sternekoch Cliff Hämmerle selbst hatte vorab übrigens keine Gelegenheit zu testen, wie seine Gerichte letztlich umgesetzt wurden. Erst wenige Tage vor Ostern bekam er im Auftrag der ESA von der Tourismus Zentrale des Saarlandes zwei Dosen überreicht. Ob er sie letztlich wirklich öffnet oder sie einen besonderen Platz in seinem Restaurant bekommen, bleibt abzuwarten.