Lilli Lunetta hat mitten in der Pandemie am St. Johanner Markt in Saarbrücken ein zweites Geschäft eröffnet. In „Lilli’s Kuchenwerkstatt" bietet sie vegane Backkreationen an, die herkömmlichen in nichts nachstehen. Auch nicht im Geschmack.
Lilli Lunetta und ihren Mann Gerd Kühn kennen viele Menschen aus dem „Café Kostbar" im Nauwieserviertel in Saarbrücken. Von dort kenne auch ich die beiden. So war ich vor ein paar Wochen leicht erstaunt, als ich hörte, Lilli habe am St. Johanner Markt ihre Kuchenwerkstatt eröffnet. Ganz zentral, am Marktbrunnen. In solchen Zeiten eine Neueröffnung zu wagen, ist fraglos mutig. Lilli Lunetta betonte ganz im Gegenteil dazu, dass es geradezu nötig gewesen sei, jetzt ein weiteres Standbein zu haben. Denn mit dem To-go-Geschäft ihrer „Kuchenwerkstatt" kommt einiges in die Kasse, mit einem geschlossenen Restaurant nicht. Sollten die Zeiten wieder normaler werden, plant sie bereits, am Markt Kunden drinnen und draußen zu bedienen.
Die Grundidee von „Lilli’s Kuchenwerkstatt" ist, etwa die Hälfte der gebackenen Kunstwerke vegan anzubieten. Dabei hat die Betreiberin den unschätzbaren Vorteil, dass sie selbst seit etwa 30 Jahren Vegetarierin ist. Da wurden also nicht mal schnell ein paar vegane Kreationen nachgelesen und dann gebacken, sondern hier bekommen die Kunden Authentisches in hoher Qualität. Und es schmeckt richtig gut. Völlig gleich, was ich probierte, es war ungemein lecker.
Der Laden war vom ersten Tag an gut besucht. Neben den süßen Kreationen nehmen sich viele Kunden auch gern einen Espresso oder Kaffee mit. Lilli Lunetta hat für vieles, was sie anbietet, ein Alleinstellungsmerkmal, und dies wissen ihre zahlreichen Kunden zu schätzen. Das gilt auch für den Kaffee. Er stammt aus der Saarbrücker Rösterei Black Hen, die wir demnächst an dieser Stelle vorstellen werden. Dort wird handwerklicher Kaffe geröstet, biologisch angebaut aus fairem Handel. Die Unterschiedlichkeit guter Kaffees soll dort herausgearbeitet werden. Für „Lilli’s Kuchenwerkstatt" haben sie eine ganz eigene Mischung gemacht. Und „Lilli’s Kaffeemischung" kann man in der „Kuchenwerkstatt" kaufen. Der Kaffee steht gut platziert auf dem wunderschönen Tresen, auf den man zusteuert, wenn man den Laden betritt.
Bei einem Espresso vor der Tür erzählt mir die Geschäftsfrau, wie gern sie Kuchen backt. Lilli Lunetta stammt aus einer sizilianischen Familie, geboren wurde sie aber in Saarbrücken. Hier machte sie auch ihre kaufmännische Ausbildung. Sie hatte auch einmal eine Konditorinnenausbildung begonnen, doch diese machte sie damals nicht zu Ende, da sie für ein Jahr nach Italien ging.
Für Beerenzeit bereits jede Menge kreative Ideen
Mit ihrem Anspruch, vegane Kuchen zu backen, hätte ihr die Konditorinnen-Ausbildung letztlich auch wenig geholfen. Vegane Kuchen gab es damals nicht, das musste sie sich selbst erarbeiten. Allerdings hatte sie schon ihr ganzes Leben eine große Affinität zum Backen. Sie liebt es, mit all ihren kreativen Sinnen Torten und Kuchen zu gestalten. Auch im Erfinden von Namen hat Lunetta Talent. Wenn Torten rot waren, dann hießen sie „Rotkäppchentorte". „Lilli’s Torte" etwa ist mit einer veganen Schokoladencreme gemacht auf veganem Biskuit. Fruchtgeschmack bringt sie mit Beeren, etwa Erdbeeren, ins Spiel.
Eine weitere komplett vegane Idee war die Kokos-Pannacotta-Tarte. Innen weiß, außen rot. So verleiht Lilli Lunetta ihren Torten eine klare Handschrift. Dabei arbeitet sie mit Produkten vom Markt und damit orientiert an der Saison. So steht zurzeit etwa ein Rhabarber-Baiser-Kuchen in der Kühltheke. Zu Ostern machte sie kleine, gefüllte Lämmchen. Und wie es immer schon Tradition im „Café Kostbar" ist, sucht sie sich regionale Produkte. Auch für die bevorstehende Erdbeerzeit, oder überhaupt die Beerenzeit, hat sie bereits jede Menge Ideen. Sie überrascht ihre Kunden immer mit etwas Neuem. Fest im Programm aber bleiben die sizilianischen Spezialitäten. Etwa ihre Cannoli oder die italienischen Mandelplätzchen. Beide schmecken übrigens himmlisch.
Ich probierte auch noch Omas Apfelkuchen, einen veganen Streusel-Mohn-Käsekuchen und die vegane Schokoladentorte mit Beeren. Da war nichts langweilig oder beliebig. Alle waren echte „Renner", wobei mir persönlich der Schokokuchen am besten schmeckte. Ich glaube ohnehin, dass es völlig egal ist, was du machst – solange die Qualität der Zutaten stimmt, schmeckt’s in aller Regel auch sehr gut. Das Bio-Mehl, das Lunetta verwendet, kommt etwa von der Bliesgau Ölmühle, die Frischkäsetorten bestehen aus Joghurt und Quark von Haus Sonne. Nachhaltiger geht es wohl kaum.
Lilli’s Kuchen sind ungemein harmonisch kreiert. Dabei geht der intensive Eigengeschmack der unterschiedlichen Cremes und Schichten nie verloren. Dazu Früchte, die wirklich nach Frucht schmecken, und nicht nach Wasser. Das macht sie herausragend.
Gebacken wird zurzeit im „Café Kostbar", auch mit Unterstützung der Angestellten von dort. Einer der Köche, so berichtete sie, habe sich regelrecht ins Backen verliebt. Er freue sich auf jede weitere Kreation von ihr, um sie sofort zu realisieren.
Wie gesagt, hier gehört es zur Grundphilosophie des Hauses, stets mit den besten und, wenn möglich, fair gehandelten Lebensmitteln zu arbeiten. Priorität haben dabei regionale Produzenten. Und so wurden sie von Jahr zu Jahr besser. Ich finde es sehr bemerkenswert, dass sie mit dem „Café Kostbar" bei der Ausscheidung zum letzten Wettbewerb „Saarlandwirt des Jahres" die Bronzemedaille holten. Mitgemacht hatten 60 Betriebe, und das Restaurant mit den meisten vegetarischen und veganen Produkten holte den dritten Platz. Das kann nicht nur am Gemüse liegen, da gehört mehr dazu. Hier merkt man, dass die Grundidee, eine vegane Küche zu kreieren, die allen schmeckt, konsequent umgesetzt wird. Etwa bei Mousse au chocolat oder Mayonnaise. Die sind bereits seit Jahren im „Café Kostbar" vegan. Ohne Ei, ohne alles! Und ihre Gäste lieben diese Kreationen.
Küchencrew des „Café Kostbar" hilft nun hier mit
Dieses Prinzip wird auch konsequent in „Lilli’s Kuchenwerkstatt" umgesetzt: Auch hier arbeiten sie so, dass nicht nur Veganer ihre Kuchen kaufen wollen. Es müsse jedem schmecken. Lunettas Mann, Gerd Kühn, erklärt, wie sie das alles stemmen: „Wir haben praktisch eine Arbeitsteilung. Lilli kümmert sich um alles, was mit der Kuchenwerkstatt vor Ort zu tun hat. Ich nehme ihr Marketing und Einkauf ab. Das Einzige, worum ich mich vor Ort kümmere, ist der Wein."
Kühn nutzt zudem die Zeit, in der die Gastronomie weitgehend geschlossen ist, für eine Sommelierausbildung per Fernstudium in Ahrweiler. Nur manchmal, wenn es um Weinverkostungen geht, muss er in Ahrweiler anwesend sein.
Lunetta betont, dass es überhaupt kein Problem sei, veganen Käsekuchen zu backen, der im Geschmack nicht schlechter schmeckt, als ein herkömmlicher von der Großmutter. Oder einen Mürbeteig. Sie lässt auch öfter ihre Stammgäste vergleichen, und noch keiner sagte, der vegane würde nicht so gut schmecken. So sehe ich das auch. Ob vegan oder nicht ist mir als Flexitarier völlig egal. Ich möchte den, der mir am besten schmeckt.