Ob es eine gute Idee war, Bundestrainer Joachim Löw noch die Europameisterschaft im Sommer „machen zu lassen? Nun, das wird sich erst nach dem Turnier zeigen. Das zarte Pflänzchen Hoffnung, die vermeintlich leichte WM-Quali-Gruppe könnte dem Team auf den letzten Metern neues Selbstvertrauen einhauchen, ist allerdings schon wieder verwelkt.
Baustellen hat der Bundestrainer viele. In der Abwehr wird seit Jahren nach einer stabilen Lösung gesucht. Immer wieder wird gefordert, Löw möge über seinen Schatten springen und Mats Hummels reaktivieren. Nur: Der spielt beim BVB auch keine wirklich überragende Saison.
Lediglich in der Mittelfeldzentrale ist die DFB-Elf gut aufgestellt. Offensive Kreativspieler gibt es auch reichlich. Aber im Sturmzentrum drückt ebenfalls der Schuh. Dabei mangelt es wohl eher weniger an Qualität denn an Selbstvertrauen. Dass Timo Werner ein guter Stürmer ist, hat er bereits bewiesen. Nur: Durch seinen Fehlschuss gegen Nordmazedonien wurde er auch von Medien zum Gespött der Nation gemacht. Es ist fraglich, wo Löw am Ende ansetzen will. Dass der deutsche Fußball gerade im Nachwuchs strukturelle Probleme hat, ist hinlänglich bekannt. Aus den Nachwuchsleistungszentren kommen schon seit Jahren keine Innen- und Außenverteidiger der Extraklasse mehr. Vom einem echten „Neuner" ganz zu schweigen. Ein Robert Lewandowski oder ein Erling Haaland sind in Deutschland nicht in Sicht. Für den DFB ist das eine schwierige Situation. Er muss einen geeigneten Nachfolger für Löw finden. Doch die Baustellen wird er auch nach der EM nicht in Windeseile beheben können. Den amtierenden Bundestrainer muss das nicht kümmern. Er steht für eine erfolgreiche Dekade zwischen 2006 und 2016. Danach ging es Schritt für Schritt bergab, auch weil der Umbruch zu spät eingeleitet wurde. Immerhin bleibt ihm noch die Option, die nach der schwachen WM aussortierten Thomas Müller und Hummels für das Turnier zu nominieren. Alternativen für die Zukunft sind beide aber nicht mehr. Der deutsche Fußball hat sich, so ehrlich muss man sein, ein Stück weit von der Weltspitze entfernt.