Das BMW-Museum in München oder die Autostadt in Wolfsburg sind zweifelsfrei einen Besuch wert. Aber es gibt mehr als die: private Sammlungen, von enthusiastischen Autofans, die oft Superlative zeigen.
Thomas Höing hat es geschafft: 36.000 Exponate muss man erst einmal zusammenbekommen. In Stadtlohn im Münsterland ist er Herr über ein Miniaturenreich. Auf Glasböden von insgesamt 1,7 Kilometern Länge präsentiert der Sammler „die größte Modellautosammlung der Welt".
„Wir haben alles", sagt Höing, und er meint seine Siku-Modelle, die allein 24.000 der Mini-Exponate ausmachen. Zu Beginn der 1950er-Jahre brachte der Lüdenscheider Spielzeughersteller die ersten Modellautos heraus. Diese sind in Höings Sammlung ebenso zu sehen wie Siku-Modelle von heute. Es sei die komplette Modellhistorie der Marke, sagt Höing. So umfängliche Zurschau-stellungen können noch nicht einmal die Werksmuseen der großen Automobilhersteller bieten. Tolle Sammlungen lebensgroßer Exponate verdanken sich ebenfalls oft der Leidenschaft privater Sammler. So hatte der Unternehmer Martin Sauter in den 1970er-Jahren eine Befürchtung, nämlich, dass die aus den Umständen geborenen Zwei- und Vierräder aus der Zeit des Wiederaufbaus nach 1945 verloren gehen würden – wenn nicht jemand wie er diese einzigartige Episode der Mobilitätsgeschichte am Leben erhalten würde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg fuhren aus der Not heraus viele Menschen Fahrrad, auch Motorräder dienten der Mobilität der Menschen mehr als Autos. Dann begannen viele Hersteller Minimobile und Kleinstwagen mit oft maximal 250 Kubik als erschwingliche Alternative zu größeren Autos auf den Markt zu bringen. Sauters Raritäten von Marken wie Maico, Champion, Gutbrod, Lloyd, Goliath oder Kleinschnittger sind in der „Auto- und Uhrenwelt Schramberg" im Schwarzwald zu sehen.
Europas größte Oldie-Sammlung
Ein Depot mit Fahrzeugen aus dieser Zeit pflegt auch der PS-Speicher im niedersächsischen Einbeck, der nach eigenen Angaben an fünf Standorten die größte Oldtimersammlung Europas mit mehr als 2.500 historischen Fahrzeugen beheimatet. Sie verdankt sich größtenteils dem Textilunternehmer Karl-Heinz Rehkopf. In der Hauptausstellung mit über 400 Fahrzeugen in einem ehemaligen Kornspeicher machen Besucher auf sechs Etagen eine Zeitreise durch die Geschichte der individuellen Motorisierung.
Zu den größten Oldtimermuseen in Deutschland zählen auch das „Auto Museum Fichtelberg" östlich von Bayreuth mit mehr als 500 Exponaten, darunter auch seltene Sportwagen der Marken Iso Rivolta aus Italien oder Ginetta Cars aus England, und das Museum „EFA Mobile Zeiten" des Unternehmers Ernst Freiberger in Amerang im Chiemgau; im dortigen Oldtimerdepot stehen 250 deutsche Automobil-Raritäten aus allen Epochen.
Auch das „Museum Autovision" im baden-württembergischen Altlußheim verdankt sich der Initiative eines Unternehmers. Vom Nachbau der Laufmaschine von Karl Drais wandern die Besucher bis in eine automobile Zukunft mit wasserstoffbetriebenen Autos. Schwerpunkt sind alternative Antriebe. Seltenheiten wie General Motors EV1 aus den 90ern oder das Ein-Liter-Auto von VW, der XL 1 von 2014, sind zu bestaunen. Ebenso die weltweit größte Ausstellung zum Wankelmotor mit einem Schnittmodell des legendären NSU RO 80.
Im PS-Speicher stehen Motorroller an einer nachgebauten Milchbar mit Jukebox aus den 50ern, in Zwickau befindet man sich im August-Horch-Museum gleich an einem historischen Ort: Es ist eines der wenigen Automuseen, die sich an einer originalen Fertigungsstätte befinden, hier wurden frühe Audis, Horch und DKW sowie in den VEB Sachsenring Automobilwerken Zwickau das DDR-Wägelchen Trabant gebaut. Man betritt das Büro von August Horch oder wandelt auf einer nachgestellten Einkaufsstraße der 1930er-Jahre. Einen Ehrenplatz in der Ausstellung mit 150 Großexponaten genießt der einmillionste produzierte Trabant. Am 30. April 1990 endete die Produktion des Trabant nach insgesamt mehr als drei Millionen Einheiten. Ebenfalls zu sehen: ein Nachbau des zigarrenförmigen Autos Union Grand Prix Rennwagens Typ C.
300 fahrbereite Fahrzeuge
Ein anderer traditionsreicher Produktionsstandort im Osten ist Eisenach. Seit 1898 werden am Fuße der Wartburg Autos gebaut. Den Beginn markierte der Wartburg-Motorwagen, ein Exemplar haben Spezialisten des Museums Automobile Welt Eisenach kürzlich wieder zum Fahren gebracht. Zu sehen sind auch Autos der Marke Dixi, die 1928 von BMW übernommen wurde. Die Münchener bauten vor Ort den BMW 326, der nach dem Krieg leicht verändert und umgelabelt als EMW 340 weiter montiert wurde – EMW stand für Eisenacher Motorenwerke; BMW hatte gerichtlich untersagen lassen, den Namen für in Eisenach gebaute Autos weiter zu verwenden.
In eine spätere Zeit entführt mit Autos der 60er-, 70er- und 80er-Jahre das Automuseum Wolfegg. Die Sammlung basiert auf teils zeitlich befristeten Leihgaben, sodass ein regelmäßiger Wechsel der Exponate stattfindet. In einer Sonderausstellung „Renn-Tourenwagen" sind etwa ein NSU Prinz oder ein Simca Rally zu sehen. Dauerhaft widmet sich Museumleiter Nicolas Flosbach dem Thema Porsche. Mit einem einzigartigen Konzept wartet das Automuseum Melle hinter der hübschen Fassade einer denkmalgeschützten ehemaligen Möbelfabrik im Landkreis Osnabrück auf: Nach Angaben des Initiators sind dort ausschließlich fahrbereite Autos versammelt – bis zu 300 Stück aus verschiedenen Epochen – die auch regelmäßig bewegt werden, da die Leihgeber sich dazu verpflichten. Hier scheint man verinnerlicht zu haben: wer rastet, der rostet.