Wie sehr Restaurantbesuche in Corona-Zeiten fehlen, hat unser Autor bei seinem Besuch in der „Niedmühle" gemerkt. Hier traf der Gourmet auf einen Koch der Spitzenklasse, der sein Handwerk wirklich versteht.
Seit Mitte April empfängt die „Niedmühle" wieder Gäste. Es ist ja derzeit kaum noch auszuhalten ohne Restaurantbesuche, also fuhr ich in den ersten Tagen nach der Wiedereröffnung sofort mal hin. Familie Burbach hat sich ein sinnvolles Konzept überlegt. Sie bietet ihren Gästen an, entweder für 12 Uhr zu reservieren oder für 15 Uhr. Restauration am Abend ist derzeit noch nicht möglich, denn dafür ist es im Moment einfach noch zu frisch. Die „Niedmühle" liegt nur ein paar Meter vom Fluss entfernt, und da ist es abends im April auch mit Decken und Heizgeräten einfach noch zu feucht und zu kühl.
Aus diesem Grund wird das Zusatzangebot am Nachmittag sehr gut angenommen. Im Garten hat Familie Burbach ein großes Zelt aufgeschlagen, die Seitenwände sind hoch geklappt – so will es das Infektionsschutzgesetz. Auch auf der Terrasse etwas oberhalb wird serviert. Nicht möglich ist die Belegung des Wintergartens bei offenen Fenstern und Türen. Dies lässt das Gesetz nicht zu.
Die derzeitige Karte ist klein, aber fein. Ein Frühlingsmenü ab zwei Personen etwa. Oder man wählt auf der Karte zwischen sechs Vorspeisen, sieben Hauptgängen und drei Desserts. Eines dieser Desserts ist eine Käseplatte. Wenn auf längere Sicht wieder richtig geöffnet werden darf, wird auch die Auswahl wieder größer. Zurzeit ist eine zuverlässige Planung anders nicht möglich, und ein gutes Restaurant kann nicht einfach mal kurz die Küche anwerfen. Da muss vorgearbeitet werden.
Anfangs gibt es nur eine kleine, aber feine Karte
Der bisherige Abholservice bleibt zuerst einmal weiter bestehen. Die Gerichte im Glas, die der Kunde daheim nur erwärmen muss, laufen noch immer recht gut. Etwa Bœuf bourguignon oder Kalbsragout. Wie gern die Gäste hier ihr Essen abholen, wissen alle im Haus zu schätzen. Immer wieder brachten die Kunden in den vergangenen Wochen und Monaten Geschenke mit. Kuchen, Blumen und Trinkgeld etwa, denn insbesondere Letzteres fehlte den Mitarbeitern in der Kurzarbeit sehr. Erst weniger Geld durch Kurzarbeit und dann auch noch kein Trinkgeld, das haben sie deutlich gespürt, erzählte Carmen Jungmann, die rechte Hand der Chefin.
Entsprechend glücklich war Tamara Burbach, als sie endlich wieder aufmachen durften: „Wir haben uns alle gefreut! Die Gäste, das gesamte Team. Und mein Mann Stefan konnte endlich nochmals Essen auf Tellern anrichten und musste nicht unser hochwertiges Essen verpacken. Auch das Gespräch mit unseren Gästen hat uns unheimlich gefehlt." Und auch die Gäste waren happy, als sie endlich wieder kommen durften. Am ersten Wochenende hat das Restaurant gleich richtig gebrummt. Positiv für die Betreiber, aber auch für die Gäste, denen Restaurantbesuche die vergangenen Monate schmerzlich fehlten. Alle freuen sich jetzt auf die warme Jahreszeit und haben die Hoffnung, dass sich damit auch die Coronoa-Zahlen bessern und man zumindest wieder draußen sitzen darf.
Alle, die hier arbeiten, testen sich regelmäßig vor Ort. Doch auch die Gäste können das hier tun. Tamara Burbach hat eigens eine Schulung beim Gewerbeverband gemacht, um dies für ihre Kunden leisten zu können. Ich nutze die Testmöglichkeit jetzt auch schon seit Wochen morgens in der „Garage" in Saarbrücken. Das dauert nicht lang, tut nicht weh und 20 Minuten später bekommt man das Ergebnis per E-Mail mitgeteilt. Der Lohn: endlich wieder ins Restaurant, endlich mal wieder auf den Saargau! Ich liebe diese abwechslungsreiche Landschaft mit den vielen Streuobstwiesen und der gemächlich dahinplätschernden Nied. Es ist Erholung pur, diese herrliche Landschaft zu erkunden. Diese Landschaft ist für Wanderer und Radfahrer gleichermaßen sehr abwechslungsreich. Auf dem Niedtalradweg die einen, die anderen nehmen die Premiumwanderwege, etwa den Idesbachpfad oder den Druidenpfad. Es sind beeindruckende Waldlandschaften, weite Streuobstwiesen und kulturelle Kleinode, hier an der deutsch-französischen Grenze.
Übrigens, in der „Niedmühle" hat sich auch einiges getan. Familie Burbach hat die Zeit genutzt, um im Garten eine neue Außentheke zu errichten. Die Bar wurde überdacht, und eine kleine Küche wurde aufgebaut. So können Stefan Burbach und Pascal Dell zumindest die Hauptgänge vor den Gästen kochen. Vorspeisen und Desserts werden weiter in der Küche produziert. Ludmilla Enji, die im Haus für handgemachte Nudeln verantwortlich ist, bleibt auch in der Küche. Auf der Wiese wurden Gartenmöbel aufgebaut, um in aller Entspannung etwa genießen und lesen zu können. Hier gibt es ja auch Hotelgäste, die im Sommer gern die Außenanlage nutzen.
Geschmacklich bleiben keine Fragen offen
Gegessen und getrunken habe ich hier natürlich auch. Ich war in den vergangenen Tage sogar zweimal hier. Zuerst mit meinen Freunden Peter und Oliver, ein paar Tage später für FORUM. Wir hielten das alle drei nicht mehr aus mit den geschlossenen Restaurants. Natürlich durfte ein guter Wein dabei nicht fehlen. Ich probierte einmal einen Pouilly Fuissé 2018 aus der Nähe von Macon aus dem Hause Jean-Paul Paquet. Dort, wo sich Bourgogne und Beaujolais treffen. Exquisit! Und einen Chardonnay. Überraschenderweise auch eine hervorragende Entdeckung von der saarländischen Obermosel. Die Chardonnay-Rebe ist ja nicht unbedingt die Hausrebe unserer saarländischen Winzer. Doch der Chardonnay 2019 von Petgen-Dahm verlangte einmal mehr nach Nachgießen. Ein hervorragender Tropfen! Ralf Petgen und der Klimawandel haben da etwas ganz Besonderes in die Flasche gefüllt!
Gegessen habe ich Thunfisch Tataki mit Sesam, Ingwer, Möhre und Rettich. Perfekt präsentiert mit der klaren Handschrift von einem der besten Köche der Region. Ich war restlos begeistert von dieser Kreation. Als zweiten Gang gab’s Trüffel-Gnocchis mit buntem Gemüse und Frühlingstrüffel. Auch das ganz klar kulinarische Upper Class. Man schmeckt sofort, dass man im Restaurant eines Großen sitzt. Danach gab es Burbachs Bouillabaisse mit Edelfischen, Krustentieren, Crostini, hausgemachter Rouille und geriebenem Käse. Ich bin eigentlich kein Dogmatiker. In traditionellen französischen Kochbüchern wird gefordert, dass da eine Menge der besten Fische reingehören, vom Wolfsbarsch bis zum Peterfisch und noch viel mehr. Deshalb wundere ich mich manchmal, was mir als Bouillabaisse vorgesetzt wird. Ich brauche vieles nicht, was früher wohl selbstverständlich war. Doch eine Bouillabaisse muss meiner Meinung nach eine besondere Spezialität bleiben, auf Basis eines Fumets. Der hier war wundervoll. Skrei, Seeteufel und alles, was an guten Meeresfrüchten herumschwimmt, begleiteten diese edle Fischsuppe. Traumhaft!
Nicht, dass jemand meint, ich sei in der Pandemie zum willenlosen Fresssack mutiert. Ich habe auch bei den Nachbarn an unserem Tisch einfach mal probiert und dies nicht alles tellerweise verdrückt. Ist gar nicht meine Welt. Ich war immer schon Gourmet, die Gourmands sind von der anderen Fraktion. Aber die Lammnüsschen mit Knoblauch, Schalotten, Tomate, Bohnen und Kartoffeltörtchen waren eine Offenbarung höchsten Genusses. Als Dessert gab es nur eins für alle. Wir stellten es in die Mitte und teilten es uns: Erdbeer-Rhabarber mit Tarte, Parfait und Ragout. Ein Traum in süß!
Wir kamen noch ins Gespräch über Politiker. Familie Burbach betonte, dass Oskar Lafontaine in der schweren Zeit auch mal angerufen hätte, um sich zu erkundigen, wie es ihnen gehe und ob er etwas tun könne. Er habe sich ja auch von Anfang an für die Wiedereröffnung der Gastronomie eingesetzt. Schade, dass nur wenige Politiker wissen, wie wichtig Restaurants für eine Region sind.