Der „neue Mann" muss aufpassen, dass er nicht zu alt aussieht
Liebe Männer, hättet ihr gedacht, dass sich die meisten von uns schon vom traditionellen Rollenbild verabschiedet haben? Nur noch jeder Fünfte konnte laut einer wissenschaftlichen Untersuchung seine angestammte Position über die Zeit retten.
Nun fragt sich natürlich jeder deutsche Mann, worin denn überhaupt sein traditionelles Rollenbild besteht? Morgens mit einem Kuss geweckt werden, sich dann am Frühstückstisch hinter der Zeitung verschanzen, von der gesamten Familie winkend zum Broterwerb verabschiedet, abends mit gewärmten Pantoffeln empfangen und mit einem kulinarischen Abendbrot verwöhnt werden? Danach die Richtlinienkompetenz für die großen Fragen der Familienpolitik wahrnehmen und schließlich auf dem Fernseh-Sofa, stündlich von der Gattin mit einem frischen Pils versorgt, schweigend der wohlverdienten Nachtruhe entgegenglotzen?
Zugegeben: Von einem solchen Rollenbild würden wir uns gern verabschieden. Bedeutete dies doch, dass unsere bisherige Rolle dem oben Beschriebenen ziemlich nahekäme und wir deshalb auf ein schönes Eheleben zurückblicken könnten. Leider müssen wir aber hier dem legendären Michail Gorbatschow Recht geben: Wer zu spät kommt, den bestraft die Emanzipation. Denn die Helmut Kohl’sche „Gnade der frühen Geburt" wurde uns nicht mehr zuteil.
Im Gegensatz zu unseren beneidenswerten Vätern kamen wir niemals in den Genuss der traditionellen Pascharolle. Stattdessen: Frühstück jeden Tag selbst gemacht, beim Aufbruch zum Arbeitsplatz auf Zehenspitzen durchs Haus geschlichen, um die Frau nicht aus ihren schönen Träumen zu wecken; kein Abschiedswinken der Liebsten, keine Feierabend-Pantoffeln, Bier vor der Sportschau selbst beigeschleppt, unbegleiteter Ausgang nur alle vier Wochen bis maximal 22 Uhr. Und seit unsere Frau über eine Partner-Kreditkarte verfügt, ging auch unser finanzieller Entscheidungsspielraum im Gleichschritt mit unserem Kontostand rapide zurück.
Aber dies alles ist kein Grund zum Klagen, wie uns die eingangs erwähnte Studie tröstet. Denn der „neue Mann" habe erheblich an Qualität hinzugewonnen, sei gefühlsstärker (diese Eigenschaft kannten wir bisher nur von Kondomen), befriedigter und friedliebender. Womöglich ist er bei der Wahl zur „Hausfrau des Jahres" fast schon chancengleich mit seiner Partnerin. Männer, wenn das keine Aufwertung ist!
Wenn also nur noch 19 Prozent unserer Geschlechtsgenossen dem traditionellen Rollenbild treu bleiben, zu welchen Gruppen gehören dann wir anderen Kerle? Laut Untersuchung bekennen sich 20 Prozent von uns zu einer partnerschaftlichen Aufgabenverteilung, 37 Prozent sind stark verunsichert, weil sie nicht wissen, wie’s mit ihnen als Mann weitergeht, und 24 Prozent sind sogenannte Rosinenpicker. Diese pfiffigen Kerle sind immer nur dann für eine modernere Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, wenn sie selbst davon profitieren.
Sie haben also nichts dagegen, dass ihre Frau ihnen gelegentlich ins traditionell männliche Handwerk pfuscht: den Keller verputzt, den Garten umgräbt, den Wagen wäscht und die Bierkästen heimschleppt. Als Gegenleistung setzen solche cleveren „Rosinenpicker" dann gern mal ein Viertelstündchen lang den Mähroboter in Gang oder übernehmen die zeitlich aufwendige Kommunikation mit der Nachbarin. So macht dann Emanzipation auch modernen Männern richtig Spaß.
Wir als partnerschaftlich-verunsicherter Möchtegern-Rosinenpicker haben allerdings leichte Probleme mit der korrekten Einordnung in die beschriebenen Rollenschemata. So können wir nur hoffen, dass unsere Frau uns bei der Selbstfindung hilfreich zur Seite stehen wird, damit wir auch als „neuer Mann" am Ende nicht doch wieder alt aussehen.
Vielleicht hat unsere „bessere Hälfte" für ein bisschen Hilfestellung ja sogar schon heute Abend Zeit, wenn wir den Abwasch erledigt, die Küche routiniert durchgewischt und ihr wieder pünktlich zum Beginn des „Frauenmagazins" ihr Lieblings-Pils ans Sofa gebracht haben.