Drei Wochen lang haben die Bundeswehrsoldaten Florian Klose und Felix Eger in der Seniorenresidenz Ambiente Berlin Amtshilfe geleistet und Schnelltests durchgeführt. Eine Erfahrung, die die beiden Männer verändert hat.
Neuland betreten gehört für Florian Klose zur Arbeitsroutine. Als Jägersoldat wird der 21-Jährige hauptsächlich im schwierigen urbanen Gelände eingesetzt, mit dem Auftrag, eigene Ortschaften zu verteidigen und fremde einzunehmen. Dabei sichert er zusammen mit seinen Kameraden aus der Infanterie im Begleitschutz Marschwege und Konvois ab und drängt im Häuserkampf die gegnerischen Truppen zurück. Ein harter Typ, den eigentlich nichts so schnell aus der Ruhe bringen könnte. Oder etwa doch?
„Ich muss schon zugeben, dass ich etwas aufgeregt war, als ich hier am ersten Tag angekommen bin", erzählt der Sachse vor der Eingangstür zur Seniorenresidenz Ambiente. Es war gerade Mitte Januar, als er zusammen mit seinem Bundeswehrkameraden Felix Eger, dem Oberstabsgefreiten im Wachbataillon beim Bundesministerium der Verteidigung, das Haus betrat, um Amtshilfe im Kampf gegen die Corona-Pandemie zu leisten und dabei die Pflegekräfte des Hauses bei der Durchführung von Schnelltests zu unterstützen. Für die beiden Männer war das absolutes Neuland. „Zudem waren wir uniformiert", schildert Felix Eger die Ankunft in der Seniorenresidenz. „Somit stellt man sich schon die Frage, ob man dann so akzeptiert wird, in der Berufskleidung."
Amtshilfe eröffnet den Soldatenneue Blickwinkel
Bedenken, die sich schon bei dem ersten „Hallo" verflüchtigt haben. „Wir wurden sehr herzlich empfangen", führt Felix Eger die Erzählung fort. Gleich nach der Einweisung, wie so ein Schnelltest richtig durchgeführt wird, lernten sich das Residenz-Team und die Amtshelfer näher kennen. Auch mit den Bewohnern knüpften die beiden Männer die ersten Kontakte, die sich in den drei Wochen ihres Aufenthalts im Haus weiter vertieft haben. Vor allem diese Erfahrung war für die beiden Soldaten prägend. „Diese drei Wochen Amtshilfe haben mich noch mehr für meine Umgebung sensibilisiert", bringt es Felix Eger auf den Punkt. „Seitdem bin ich noch umsichtiger geworden." Florian Klose geht da noch einen Schritt weiter und möchte mit der Beendigung seiner Dienstzeit selbst in die Pflege einsteigen und einen Pflegeschein machen.
Er weiß sogar noch ganz genau, wann es bei ihm Klick gemacht hat. Zu diesem Zeitpunkt war der junge Mann gerade mit seiner neuen Bekannten aus der Residenz spazieren. Es war eine ältere Dame um die 80 Jahre. „Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden", schildert er die Entstehung der Freundschaft. Trotz ihres hohen Alters war sie „unglaublich gut organisiert". Das hat Florian Klose sehr beeindruckt. „Wie klar sie von ihrem Leben erzählt hat, wie es früher gewesen ist, was sie gemacht hat und wie sie jetzt zurechtkommt, hat mich fasziniert. Dann kam mir auch dieser Gedanke: Dass ich das auch machen kann, die älteren Menschen unterstützen. Nun bin ich davon überzeugt. Sobald mein Dienst beendet ist – das ist im September dieses Jahres der Fall – gehe ich in die Pflege."
Auch die Bewohner des Hauses schließen die Amtshelfer gleich ins Herz und begrüßen die beiden Männer jeden Tag mit einem freudigen Lächeln. „Sogar die Bewohner, die an Demenz erkrankt sind, haben uns täglich ein Lächeln geschenkt", teilt Felix Eger seine Erfahrungen mit. „Das war immer wieder aufs Neue sehr bewegend."
Das Zweierteam findet sich schnell in den Alltag der Residenz ein. Schichtbeginn ist um 8.30 morgens, Schichtende um 16.30 Uhr. Zunächst testen die beiden Männer das ganze Personal des Hauses. Dazu zählen neben den Pflegekräften auch das Housekeeping, die Verwaltung und das Küchen-Team. Anschließend, wenn alle durch sind, kommen die Besucher an die Reihe.
Täglich führen die Soldaten 50 Tests durch
Der größte Teil der Gäste fühlt sich bei den uniformierten Männern gleich gut aufgehoben, und wenn der eine oder andere eine Frage zu ihrer Präsenz stellt, kann diese gleich geklärt werden. „Ich hatte sogar das Gefühl, dass sich die Besucher regelkonformer verhalten haben", erzählt Peter Sehmsdorf, Leiter der Residenz Ambiente Berlin. Sogar in der Nachbarschaft sei die Amtshilfe positiv aufgefallen. „Wir haben sogar Mails mit viel Zuspruch bekommen, dass die Bundeswehr unsere Pflegekräfte unterstützt."
Über 50 Tests am Tag führen Florian Klose und Felix Eger durch. Rechnet man die Vor- und die Nachbereitungszeit dazu und addiert man noch die Wartezeit auf das Ergebnis, braucht jeder Test um die 20 Minuten. Wertvolle Zeit, die die Pflegekräfte – die sonst gezwungen wären, diese selbst durchzuführen – in die Bewohner investieren können. Auch die beiden Amtshelfer nutzen die sogenannten „Leerläufe" – wenn weder das Personal, noch die Besucher zum Test kommen – um etwas Zeit mit den Bewohnern zu verbringen. Auch nach der Arbeit bleiben die beiden Männer gern länger im Haus und spielen mit den Senioren Rätselspiele oder philosophieren über das Leben. „Ich werde das vermissen", gibt Felix Eger offen zu, „und ich werde definitiv noch zu Besuch vorbei schauen."
An dem Tag, an dem das Gespräch mit den beiden Männern stattfindet, ist ihre Amtshilfe schon vorbei. Ihr Wissen haben sie an ihren Kameraden Peer Schelluch übergeben. Nun testet er das Personal und die Gäste. Ein reibungsloser Übergang. Nach dem Gespräch gehen die beiden Männer noch kurz rein. Als Privatpersonen.