Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen. Während Hunderte Amateurvereine in der Corona-Pandemie ums nackte Überleben kämpfen, liefert sich die Führungsspitze des Deutschen Fußball-Bundes ein Schauspiel, das an Würdelosigkeit kaum zu überbieten ist. Dass der amtierende Präsident Fritz Keller den einflussreichen Vize und bayerischen Landeschef Rainer Koch, im Hauptberuf Richter, mit dem NS-Schergen Roland Freisler verglich, ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Keller dürfte langfristig kaum an der Spitze zu halten sein. Es ist sicher keine Entschuldigung, aber die Äußerung Kellers ist nicht in der Öffentlichkeit gefallen. Dass dessen Intimfeind Friedrich Curtius nichts Besseres zu tun hatte, als diese brisante Information nach außen durchzustechen, spricht Bände für den desolaten Zustand der Führungsspitze. Mittlerweile geraten auch Vize Koch und Curtius unter Druck. Denn sie haben Schwierigkeiten, Zahlungen an einen Kommunikationsberater zu erklären. Die Sportschau bezeichnete den „General" einmal als „Strippenzieher mit Profilierungsdrang". Eines wird dabei deutlich: Der Plan, den eher „unpolitischen" Keller als „Grüßaugust" an die Spitze zu hieven, um sich ungestört den Kuchen einverleiben zu können, ist nicht aufgegangen. Der frühere Freiburger Präsident ist beim „einfachen Funktionär" beliebt, im Gegensatz zum Bayern-Lobbyisten Koch und seinem Adlatus Curtius.
Dass die Streithähne noch einmal zueinander finden, ist ausgeschlossen. Mehr als ein temporärer Burgfrieden dürfte nicht drin sein. Es mehren sich die Stimmen aus den Landesverbänden, die einen außerordentlichen DFB-Bundestag mit kompletten Neuwahlen im Sommer fordern. Dies dürfte ein sinnvoller Weg sein. Aber potenzielle Kandidaten, die einen Neuanfang verkörpern könnten, sind rar. Dabei hätten die vielen Ehrenamtler an der Basis endlich eine Führung verdient, der es nicht nur darum geht, die besten VIP-Tickets für Groß-Turniere zu ergattern oder bei den Mächtigen des Landes an der Tafel Platz zu nehmen. Der DFB ist im Frühjahr 2021 ein einziger Scherbenhaufen.