Jan Philipp Ringling hatte es dorthin geschafft, wo schon über 100 Nobelpreisträger studiert haben. Der junge Saarländer machte einen Abschluss an der legendären Elite-Universität Oxford.
Oscar Wilde hat hier studiert, Stephen Hawking und Boris Johnson auch. Gerüchteweise soll die Aufnahmeprüfung an der ältesten Universität der englischsprachigen Welt die härteste auf unserem Planeten sein. Die Elite von morgen – Manager, Anwälte, Staatsbeamte, Schriftsteller und Politiker – wird hier ausgebildet. Rund 30 britische Premierminister und über 100 Nobelpreisträger hat das Bildungsparadies im Herzen von England bisher hervorgebracht.
Die Rede ist von der Universität Oxford, an der auch der 22-jährige Jan Philipp Ringling aus Ottweiler studiert.
Mancher wird sich nun fragen: Wie schafft es so ein junger Kerl, von Ottweiler nach Oxford zu kommen? „Mit Fleiß und Zielstrebigkeit", antwortet der junge und beeindruckend clevere Kerl darauf. „Ich habe schon in meiner Schulzeit davon geträumt, in Oxford zu studieren. Im ersten Anlauf nach dem Abitur hat es nicht geklappt. Aber ich konnte einen Studienplatz in Warwick ergattern."
„Das Auswahlverfahren war sehr kompliziert"
Die 1961 gegründete University of Warwick zählt zwar ebenfalls zu den besten Universitäten Englands, vor allem in den Fachrichtungen Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaften. Sie kann aber mit ihrem modernen Flair nicht mit der im 11. Jahrhundert gegründeten sagenumwobenen Uni in Oxford mithalten.
„Nach einem Jahr in Warwick habe ich mich erneut für einen Studienplatz in Oxford beworben. Das Auswahlverfahren war sehr kompliziert. Motivationsschreiben, Lehrerreferenz, Tests und Interviews durch die Professoren mussten bewältigt werden." Von rund 22.000 Studienbewerbungen werden im Schnitt knapp 4.000 angenommen. Mit einer Zulassungsquote von nur elf Prozent in den Fächern Philosophie, Politik und Wirtschaft ist die Universität Oxford eine der selektivsten in Großbritannien.
„Umso glücklicher war ich, als ich die Zusage für ein Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung bekommen habe. 2017 durfte ich dann die heiligen Hallen betreten. Das war schon ein erhebendes Gefühl, zumal wir alle im schwarzen Talar zur Immatrikulation erscheinen mussten." Obwohl er nun schon vier Jahre in Oxford studiert, ist er sich an manchen Tagen immer noch nicht ganz sicher, wirklich hierher zu gehören. „Das Wissen um die Tradition dieser Uni, die alten Gemäuer, die Rituale, das alles ist schon sehr Ehrfurcht einflößend. In Oxford studiert man in Form von ‚Kleingruppen‘. Wir sind zwei bis drei Studenten, um die sich ein Professor kümmert. Ich besuche Vorlesungen und Seminare in Philosophie, Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre." Die Professoren sind sehr offen und freundlich, freut sich der junge Mann. „Als ich mal eine Rückfrage hatte und eine Mail an meinen Professor geschrieben habe, kam unverzüglich eine Antwort und die Aufforderung, doch ‚bei ihm im Büro vorbeizuschauen‘. Ich glaube, das ist an deutschen Unis nicht so selbstverständlich. Unsere Profs haben uns auch schnell das Du angeboten und sprechen uns mit unseren Vornamen an. Das alles ist sehr familiär. Dennoch gehören Disziplin und eine stetige Leistungskontrolle zu unserem studentischen Alltag."
Neben den Vorlesungen und Seminaren bietet die Uni Oxford ihren Studenten auch umfangreiche Aktivitäten rund um den Campus an. Über 250 verschiedene „Activities" sind möglich: Von Theaterspielen über Mitgliedschaften im Golf-, Ruder- oder Debattierclub. Wer will, kann jeden Abend an einem anderen Event teilnehmen. „Ich habe es anfangs mal mit Rudern versucht. Doch morgens um 5.30 Uhr aufstehen, das ist nix für mich. Auch bei den Cheerleadern habe ich mal vorbeigeschaut. Ich habe mich letztendlich fürs Tanzen entschieden. Klassische und lateinamerikanische Turniertänze, das ist eher mein Ding."
Während seines Studiums traf Jan Philipp Ringling auch auf Malala Yousafzai. Die Kinderrechtsaktivistin und jüngste Friedensnobelpreisträgerin aus Pakistan wurde bekannt durch den 2012 auf sie verübten Mordanschlag wegen ihres Engagements für Bildungsfreiheiten auch für Mädchen. Mittlerweile hat Malala – wie viele sie nur nennen – die vielen Operationen gut verarbeitet und wäre eigentlich nicht groß aufgefallen in Oxford. Hier studieren immerhin Studenten aus 130 Nationen. Doch die „Männer in Schwarz", die jeweils an den Eingangstüren des Hörsaals postiert waren und die junge Studentin abschirmten, fielen schon ins Auge. „Ich habe Malala ein paar mal in Vorlesungen getroffen, sie wirkte auf mich tendenziell gelassen, keineswegs schüchtern. Für mich war es beeindruckend, mit einer Nobelpreisträgerin zusammen im Hörsaal zu sitzen und zugleich auch erschreckend, dass sie immer noch Leibwächter braucht."
Akademische Karriere geplant
Das süße Studentenleben mit gemeinsamen Treffen mit Kommilitonen und Professoren, Vorlesungen, Tutorials und Freizeitaktivitäten kam Anfang 2020 durch die Corona-Pandemie zum Erliegen.
„Im März 2020 endete mein Trimester. Ich flog nach Deutschland, wollte 14 Tage zu Hause ausspannen, bevor es wieder weitergeht in Oxford. Doch daraus wurde nichts. Corona wirbelte auch in England das öffentliche Leben durcheinander. Fortan studierte ich online von Deutschland aus in Oxford, was dank modernster Technik kein Problem darstellte. Doch ein vertieftes Kennenlernen meiner Kommilitonen und des studentischen Lebens in Oxford selbst wurde ausgebremst. Da half es auch nichts, dass wir uns online mit unseren Professoren zu einem Pub-Quiz oder zu einer Kennenlernrunde verabredeten."
Im Sommer 2020 schloss der quirlige Saarländer sein Studium mit dem Bachelor in „Philosophy, Politics and Economics" ab. Sein Zimmer wurde mittlerweile geräumt. All seine Sachen samt der Wäsche, die er auf dem Wäscheständer zum Trocknen aufgehängt hatte in der Annahme, in 14 Tagen wieder zurück in England zu sein, wurden eingelagert. Mit Fortschreiten der Impfungen hofft der „Ottweiler Bub", bald wieder nach Oxford zurückkehren zu können.
„Da ich schon vor dem Brexit in England studiert habe, wurde mir eine Aufenthaltsgenehmigung – begrenzt auf fünf Jahre – zugestanden. Ich plane derzeit zu promovieren und interessiere mich für eine akademische Karriere – da will ich aber erst einmal abwarten, ob mir die Promotionsphase wirklich so gefällt, wie ich sie mir vorgestellt habe."
Egal, wie diese Entscheidung ausfällt: Mit einem Abschluss der Uni Oxford in der Tasche stehen dem jungen Saarländer viele Türen offen.