Die Würzburger Kickers spielen in der kommenden Saison wieder in der 3. Liga. Felix Magath, der als großer Berater vorgestellt wurde, zeigte sich eher als Alleinherrscher des Clubs. Damit ist jetzt Schluss.
Das Ende ist nah, deshalb lohnt es sich, auf die Anfänge von Felix Magath bei den Würzburger Kickers zu schauen. Es ist ein trüber Montagvormittag Ende Januar 2020, das Wetter ist grau und kalt. Im Licht und Wärme ausstrahlend sitzt Felix Magath im siebten Stock eines Hochhauses, die Weinberge Würzburgs zu Füßen, die Gleise und die Bahn zeigen nach Aschaffenburg. Dorthin, wo der Fußball-Lehrer herkommt. In Würzburg sollte diese Inthronisierung Magaths der Anfang einer Erfolgsgeschichte sein. Magath verkündete, früher habe er Spieler geformt, heute sei es seine Aufgabe, im Namen einer Würzburger-Online-Druckerei Fußballvereine zu formen. Große Worte, irgendwie passend zu Felix Magath. Aber war so etwas auch passend für die Kickers? Zumindest dachten das die Verantwortlichen. Denn Geschäftsführer Thorsten Fischer stand den Worten Magaths in nichts nach, zog sogar Parallelen zur Lichtgestalt Franz Beckenbauer: „Ich kenne kaum jemanden im deutschen Fußball, der so viele Erfolge als Spieler, als Manager und als Trainer gefeiert hat, wie Felix Magath. Vielleicht ist da noch Franz Beckenbauer zu nennen.“ Und weil Magath ein begnadeter Schachspieler sei, ließ Fischer sich darauf ein, dass Magath jetzt der König sei.
Dieses Schauspiel ist jetzt mehr als ein Jahr her, die Huldigungen Fischers sind mittlerweile verflogen. Und das, obwohl beide gemeinsam hoch hinauswollten. Magath selbst sah die Würzburger Kickers schon in der Bundesliga und vielleicht sogar im Europapokal. Die Wahrheit ist aber eine andere: Die Kickers steigen nach einem Jahr Zweiter Liga direkt wieder in die 3. Liga ab. Als Letzter und über das ganze Jahr gesehen ohne eine echte Chance auf den Klassenerhalt. Also wandte sich Fischer in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender vor Kurzem an die Sponsoren des Vereins. Die Zusammenarbeit mit Magath, so sagte er, „sei nicht von Erfolg gekrönt gewesen, den wir uns alle erhofft hatten“. Zudem ergänzte er, „dass unsere Möglichkeiten, seinem Ehrgeiz zu entsprechen und seine sportlichen Ziele umzusetzen, aufgrund der Rahmenbedingungen leider nicht so ausführbar sind, wie es sich beide Seiten wünschen würden“.
„Das tut extrem weh. Es steckt viel Herzblut drin“
Wäre das nicht etwas gewesen, das Magath schon vorher hätte klar sein müssen? Hätte der Verein da nicht schon eher intervenieren müssen? Magath hat mit seinen 67 Jahren schon fast alles erlebt, was es im Fußballgeschäft zu erleben gibt. Er war als Trainer ganz oben, hat aber auch schon ganz unten gearbeitet. Er spielte gegen Juventus Turin, aber auch gegen Bad Kreuznach. Er hat in Wolfsburg, aber auch in London gearbeitet. Er stand in Paderborn an der Linie, aber auch in Peking. Nur in Würzburg haben ihm diese Erfahrungen nichts genützt.
Denn als die Würzburger Kickers gegen den VfL Osnabrück endgültig den Abstieg in die 3. Liga besiegelten, ist Magaths Engagement gescheitert. „Das tut natürlich weh, extrem weh. Es steckt viel Herzblut drin“, sagte Sportvorstand Sebastian Schuppan kurz nach dem besagten Spiel. „Wir werden uns jetzt schütteln. Das wird wehtun, das soll auch wehtun.“ Wer die Mannschaft trainieren wird, ist weiterhin offen. Wie der Kader aussieht, der in der 3. Liga dann gegen Teams wie Saarbrücken und Kaiserslautern antreten wird, ist ebenso nicht geklärt. Das sind drängende Fragen, die Schuppan mit Sicherheit allein treffen wird – ohne Magath. Denn die Kickers stehen jetzt vor Entscheidungen, die wegweisend für die kommenden Jahre sein werden. Drittligafußball in Zwickau und bei Viktoria Köln, das ist nicht Magaths Welt. Doch wären das nicht Dinge gewesen, die vorher hätten in Betracht gezogen werden müssen? Dass Magath Würzburg im Europapokal sieht – da hätten durchaus Alarmglocken schrillen können oder sogar müssen. Fischer formulierte es so: „Es war eine außergewöhnliche Chance, einen solchen hochkompetenten Fachmann und guten Ratgeber für Würzburg zu gewinnen.“ Doch die Kompetenz des Fachmanns war schon nicht mehr gefragt, als Anfang April zum dritten Mal der Trainer entlassen wurde. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass es auch in Zukunft nicht mehr passen würde.
Sportlich sprechen auch die Zahlen nicht für eine weitere Zusammenarbeit der beiden Parteien. Denn es war schlicht und ergreifend desaströs, wie sich die Kickers in diesem Jahr präsentierten. 21 Niederlagen in 33 Spielen, nur sechs Siege, bis auf eine Ausnahme durchgehend der letzte Tabellenplatz und fast 70 Gegentore stehen gegen Ende dieser Saison zu Buche. „Die Saison war sehr kompliziert, es tut weh, extrem weh. Wir werden das in aller Ruhe und Sachlichkeit analysieren. Es muss sich jeder hinterfragen“, so Schuppan.
Nach der direkten Rückkehr in die 3. Liga beginnt nun der Neuaufbau. Den obligatorischen XXL-Umbruch, der normal folgt, wird es wohl nicht geben.
Die Kollegen der „Mainpost“ berichteten, dass bereits 17 Akteure des aktuellen Kaders auch für die kommende Saison unter Vertrag stehen.
Darunter etwa Christian Strohdiek, Daniel Hägele, Tobias Kraulich, Lars Dietz und Ridge Munsy. Zwar sollen einige Spieler Ausstiegsklauseln besitzen, diese seien allerdings an Ablösesummen gebunden, heißt es. Nicht bleiben werden nach Angaben der Zeitung wohl Rajiv van la Parra, Martin Hasek, Rolf Feltscher und Arne Feick. Für Patrick Sontheimer und Frank Ronstadt sollen sich Zweitligisten interessieren. Offen ist die Zukunft unter anderem bei Dominik Baumann, Luke Hemmerich, Marvin Pieringer und Hendrik Hanse.
„Wir werden das in aller Ruhe und Sachlichkeit analysieren“
Sicher ist auch, dass ein neuer Trainer kommen wird, insgesamt der fünfte innerhalb der letzten zwölf Monate. Ralf Santelli, der seit Anfang April das sinkende Schiff gen Abstieg begleiten sollte, wird ins Nachwuchsleistungszentrum zurückkehren. Zuvor hatten Michael Schiele, Marco Antwerpen und Bernhard Trares das Sagen. Am Ende favorisiert waren Christian Preußer, der die U23 des SC Freiburg an die Spitze der Regionalliga Südwest führte und der frühere Halle-Coach Torsten Ziegner. Mit beiden wurden Verhandlungen geführt. Auch Aufstiegstrainer Schiele war wieder im Gespräch. Am Ende erhielt Ziegner den Zuschlag, auch, weil er als Drittliga-Experte gilt.
Als die Kickers das letzte Mal aus der Zweiten Liga abgestiegen sind, dauerte es drei Jahre, bis die Rückkehr wieder perfekt gemacht wurde. Auch im kommenden Jahr kann das Ziel nur Wiederaufstieg lauten. Sicherlich ist die Zielsetzung aber auch davon abhängig, wie der Kader zum Start der neuen Saison aussehen wird. Sicher ist, dass Magath keinen großen Einfluss mehr haben wird. Denn den Aufstiegstrainer nach zwei Spielen wieder entlassen zu haben, geht auf seine Kappe. Marco Antwerpen dann auch zu entlassen, mit einem Spruch, der sicherlich im Jahresrückblick dieser Saison seinen Platz finden wird („Der Trainer kann weiter in Ruhe arbeiten – nur halt woanders.“) – auch mehr als unglücklich. Seinen alten Freund Trares zu installieren, war dann auch nicht mehr von Erfolg gekrönt.
Zusammenfassend hinterlässt Magath also eine Menge verbrannte Erde in Würzburg, wo er eigentlich in den kommenden Jahren doch nach Europa wollte. Bei genauer Betrachtung der Sachlage war die Liaison zwischen den Kickers und Magath nichts anderes als ein großes Missverständnis. Inwieweit sich die Kickers von dieser Saison erholen können, wird die kommende zeigen. Wohin es Magath nun verschlägt, bleibt offen. Dass ein Verein erneut das Risiko eingeht, Felix Magath Macht zu geben, ist eher unwahrscheinlich.