Als Nicklas Shipnoski im vergangenen Sommer beim FCS anheuerte, dachte wohl niemand, dass er zu einem der besten Spieler der Liga avancieren würde. Nun nimmt er bei Fortuna Düsseldorf einen neuen Anlauf in der Zweiten Liga.
Am 19. Juni beginnt für Nicklas Shipnoski eine neue Zeitrechnung. Zweitligist Fortuna Düsseldorf bittet zum Trainingsauftakt. Neben Neu-Trainer Christian Preusser betritt auch der 23-Jährige Neuland. 15 Tore, zehn Vorlagen – vor allem in der spektakulären Hinrunde war der Pfälzer aus Bischheim bei Kirchheimbolanden das Gesicht des Aufsteigers, der bundesweit positive Schlagzeilen machte. Belohnt wurden seine Leistungen mit einem Dreijahresvertrag beim rheinischen Traditionsverein. 13 Jahre beim 1. FC Kaiserslautern, zwei Jahre beim SV Wehen Wiesbaden und nun zehn Monate beim FCS. Wieder heißt es, Koffer packen, Nachmieter suchen und in der künftigen Heimat eine neue Bleibe organisieren. Und vor allem heißt es wieder einmal Abschied nehmen. Vom Trainerteam, von den Offiziellen, von den Mannschaftskameraden und von Freunden, die er in der Stadt gewonnen hat. Wer „Shippi" in den vergangenen Wochen erleben durfte, hat mitbekommen, wie schwer ihm der Wechsel fällt. „Ich bin niemand, der gerne permanent den Ort wechselt. Ich brauche ein Umfeld, in dem ich mich wohlfühle. Das hatte ich hier in Saarbrücken", sagt er und ordnet dann das Geschehen doch professionell ein: „Ich bin Berufsfußballer. Ich habe zwölf, maximal 15 Jahre. Da muss man immer nach dem Höchsten streben."
„Man muss nach dem Höchsten streben"
Seine gesamte Jugend verbrachte er beim FCK, wurde nach dem Abstieg 2018 höchst unsanft aussortiert und wechselte dann zum SV Wehen Wiesbaden. Dort avancierte er zum besten Rechtsaußen in der 3. Liga, hatte großen Anteil am Aufstieg seiner Mannschaft. Im Sommer 2019 klopfte der Bundesligist FC Augsburg an, der Transfer scheiterte an der Ablöseforderung der Wiesbadener. Nach einem schwierigen Saisonstart verlor er seinen Stammplatz und spielte im weiteren Verlauf keine Rolle mehr. Dennoch hatte der Rechtsaußen viele Anfragen, entschied sich für den FCS, obwohl er anderswo mehr Geld hätte verdienen können. Vor allem, weil sich Trainer Lukas Kwasniok sehr um ihn bemühte. Die Verhandlungen mit dem FCS waren langwierig, auch weil ihm der Verein zunächst nur einen Einjahresvertrag bot. Schließlich unterschrieb er für zwei Jahre, aber mit einer Ausstiegsklausel für eine höhere Liga. „Es ist nicht so, dass ich nach Saarbrücken gekommen bin mit der Absicht, nach einem Jahr wieder zu gehen. Die Entwicklung war ja nicht absehbar." In der Hinrunde war er der überragende Spieler der Liga, selbst in der etwas schwächeren Rückrunde stimmte die Quote. Schon in der Winterpause gab es lose Anfragen, „aber zu dem Zeitpunkt hatte ich noch nicht vor zu wechseln." Dass die Zeit beim FCS endlich sein würde, deutete sich an, als Coach Kwasniok seinen Abschied zum Saisonende angekündigte hatte. Dass der 23-Jährige stets mit offenen Karten gespielt hat, hat ihm viele Sympathien eingebracht. „Ich habe in jedem Interview gesagt, dass es mein Ziel ist, mich in der Zweiten Liga durchzusetzen. Ich bin niemand, der die Leute belügt."
Während der Hinrunde sah es eine Zeit lang so aus, als könne der FCS den Durchmarsch schaffen. „Ich will mir gar nicht ausmalen, was in dem neuen Stadion mit Fans bei Spielen gegen Dresden, Unterhaching oder Wiesbaden los gewesen wäre", sagt der 23-Jährige: „Natürlich gewöhnst du dich als Fußballer an die Umstände. Und wir waren ja auch froh, dass wir nach dem ersten Lockdown wieder spielen konnten. Am Ende war ich eine Saison hier und konnte nur zweimal vor ein paar Fans spielen. Das ist schon schmerzhaft."
„Ich glaube, dass der FCS eine gute Zukunft hat"
Sportlich zieht er ein zufriedenes Fazit, auch wenn er zugibt, im Herbst schon mal von einem Aufstieg geträumt zu haben. „Wir sind als Aufsteiger Fünfter geworden. Damit hatte keiner gerechnet. Wenn wir nicht so viele Verletzte gehabt hätten, wäre vielleicht sogar mehr drin gewesen. Aber am Ende hat es der Kader nicht hergegeben. Das ist aber für einen Verein, der sechs Jahre in der Regionalliga war, auch keine Schande."
In der kurzen, intensiven Zeit musste der 23-Jährige aber auch die Schattenseiten des durchaus hitzigen Umfelds bei den Blau-Schwarzen kennenlernen. Dass er Fan-Anfragen in den sozialen Medien stets höflich beantwortete, wurde ihm gerade nach schwächeren Spielen nicht gedankt. „Man darf es nicht überbewerten. Es ist ja nur ein kleiner Teil gewesen. Und ich glaube, dass den Fans auch das Ventil des Stadions gefehlt hat. Der Frust nach Niederlagen hat sich in die sozialen Medien verlagert. Es war ja vor allem für die Fans keine leichte Zeit." Generell möchte er kein böses Wort verlieren. „Als wir das erste Heimspiel gegen Rostock gewonnen haben, waren abends viele Fans mit Trikots in der Stadt. Das hat mich schon beeindruckt. Ich habe auch auf meinen Wechsel hin viele positive Reaktionen erhalten."
Der Zweier-Abiturient hat sich im Saarland viele Sympathien erarbeitet, vor allem, weil er offen und neugierig auf die Leute zugegangen ist. Bemerkenswert und bezeichnend ein Post von FCS-Zeugwart Rüdiger Schmitt, der seit 20 Jahren die Klamotten der Profis verwaltet. „Der Beste, der leider den Verein verlässt. Mein Freund Shippi", postete Schmitt am vergangenen Samstag bei Facebook über einem Bild der beiden. So geht eine kurze, intensive Beziehung mit Wehmut zu Ende. „Ich wünsche dem FCS, dass er irgendwann den nächsten Schritt gehen kann. Aber ich wünsche mir vor allem, dass die Fans zu mehr Gelassenheit finden. Wenn man viermal gewinnt und dann ein schlechteres Spiel macht, ist man nicht automatisch ein Söldner. Ich glaube, dass der FCS eine gute Zukunft hat, wenn alle an einem Strang ziehen," sagt der 23-Jährige und fügt zum Abschied hinzu: „Der Verein ist mehr für mich als nur ein Sprungbrett gewesen."