Der Mai ist völlig ins Wasser gefallen, und was der Juni bislang zu bieten hat, sieht derzeit auch nicht gerade nach bedrohlicher Erderwärmung und Hitzewelle aus. Aber schön, dass wir endlich mal wieder so direkt miteinander über die wichtigen Dinge des Lebens reden können. Fühlt sich inzwischen schon wieder fast normal an, auch wenn es noch irgendwie ungewohnt ist, dieses Prä-Corona im Post-Corona.
Selbst das aufziehende Wahlkampfgetöse und Parteigezerre kommt daher, als hätte es das blöde Corona gar nicht gegeben. Dass es Begeisterungsstürme auslöst, lässt sich nicht unbedingt feststellen. Die neue Normalität sieht der alten verdammt ähnlich.
Das haben wir ja auch eigentlich immer irgendwie gehofft, gleichzeitig eben aber auch gerade nicht. Schließlich ist uns allen klar, dass Corona kein einfacher Betriebsunfall war, nach dem es weitergehen kann wie vorher.
Widersprüchlichkeiten gelten zwar als unzulässig, sind aber das Normalste von der Welt. So will uns eine viel zitierte Umfrage erklären, dass noch nie so viel Wechselstimmung war wie derzeit. Gleichzeitig redet aber niemand mehr über das „Neue Normal", das vor einem Jahr noch die Gemüter erhitzt hat. Die Lust an noch mehr Neuem scheint nicht allzu ausgeprägt.
Es ändert sich mehr als dass wir bloß eine neue Impfkarte brauchen, und dann ist alles gut. Dafür hat sich auch schon zuviel an Veränderungen eingeschlichen, mehr, als uns manchmal bewusst ist.
Spätestens jetzt mit der Entspannung müssen wir uns fragen, ob wir es so wollen, wie es gerade läuft, oder anders, was wir überhaupt aus all den oft unfreiwilligen Erfahrungen machen wollen. In den Schulen, der Arbeitswelt, dem Gesundheitswesen bis hin zu Freizeit, Reisen und Kultur. Und während wir das Nachdenken darüber durchaus intensiv einfordern, wollen wir gleichzeitig möglichst damit in Ruhe gelassen werden.
Das sollen dann andere klären, vor allem „die Politik". Die greift jetzt vorzugsweise zu Polarisierungen, weil die ja die Wahlentscheidung beflügeln sollen, wo doch gleichzeitig die Menschen so gar nicht auf Streit stehen. Die wollen, dass die Probleme gelöst werden, aber wählen dann doch nicht zwingend die, die sich – eigentlich anerkanntermaßen – darum bemühen. Des Menschen Widerspruch ist sein Himmelreich. Was beweist, dass Himmelreiche auf Erden ein ziemlicher Widerspruch sind und statt Wechselstimmung eher eine große Ratlosigkeit über dem Land liegt.