Ihr Name ist im Saarland quasi untrennbar mit der Unverpackt-Bewegung verbunden: Birgit Klöber eröffnete in Saarbrücken und betreibt mittlerweile zwei Geschäfte. Sie führt ein bewegtes und bewegendes Leben.
Sie war die erste ihrer Art im Saarland und war auch in Deutschland ganz vorne mit dabei: Seit rund vier Jahren betreibt Birgit Klöber ihren Unverpackt-Laden in Saarbrücken bereits. Und das Geschäft läuft gut, immer besser sogar, obwohl es sich im Ausläufer des Nauwieser Viertels in der Bruchwiesenstraße befindet, etwas abseits der City der Landeshauptstadt. Es läuft sogar so gut, dass sie mit ihrem Geschäftspartner Philipp Jochum im November noch ein zweites Geschäft an den Start brachte. Dieses befindet sich gegenüber der ehemaligen JVA in St. Ingbert, in der Alten Bahnhofstraße, und wird ebenfalls sehr gut angenommen.
„Das Gesicht gehört doch nach Saarbrücken!", habe ein Kunde lachend zu ihr gesagt, als er sie zum ersten Mal in den neuen Räumlichkeiten im Saarpfalz-Kreis gesehen habe. Sie lacht selbst, als sie diese Anekdote erzählt. So wie sie generell gerne und viel lacht und eine angenehme Herzlichkeit verströmt. Das wirkt nicht nur ansteckend auf die Kunden, sondern half ihr wohl auch in manch dunkler Stunde ihres Lebens. Ihren neuen Beruf, vielleicht sogar neue Berufung, fand sie nämlich, als sie sich zur Rekonvaleszenz in einem Krankenhaus befand. Dort fiel ihr nach der Operation eines Hirntumors die Publikation des Umweltschutzvereins Greenpeace in die Hände. Darin las sie einen Artikel über ein seinerzeit noch in den Kinderschuhen steckendes Konzept – Unverpackt. „Das war für mich der Knackpunkt", erzählt sie.
Man zahlt nur den Preis für das Produkt
Birgit Klöber, selbst in St. Ingbert geboren, nun wohnhaft in Dudweiler, fing ziemlich direkt Feuer. Schließlich habe für sie bereits vorher gegolten: „Ich war schon immer eine Müllvermeiderin." Das Konzept ist ganz simpel: Jeder Kunde bringt sich seine Behältnisse selbst mit. Je nachdem, was man einkaufen möchte, sind dies dann Frischhaltedosen, Gläser oder Beutel. Diese werden an der Tara-Waage leer gewogen, mit den Wunsch-Produkten befüllt und an der Kasse erneut gewogen. So wird lediglich der Preis für das Produkt bezahlt – und ganz viel Verpackungsmüll vermieden. Sie startet eine Crowdfunding-Kampagne bei der Plattform Vision Bakery, die erfolgreich verläuft. So wird sie zu einer der ersten 30 Inhaberinnen eines Unverpackt-Ladens in Deutschland.
Dieser Weg war so jedoch nicht vorgezeichnet. Die 1965 Geborene beginnt 1992 eine Ausbildung zur Industriekauffrau bei der Brauerei Bruch. Bereits vorher kommt sie durch die Arbeit ihres Vaters viel in der Welt herum, lebt unter anderem ein Jahr in Schweden. Später lernt sie noch Restaurantfachfrau in einem Betrieb in Pforzheim und arbeitet in verschiedenen Unternehmen und Gastronomiebetrieben, unter anderem im Schwarzwald. Pünktlich zum Jahrtausendwechsel bringt sie eine Tochter zur Welt, arbeitet später beim Bundesverband Pharmazeutisch-technischer Assistentinnen. „Ich war schon immer gewerkschaftlich interessiert", erklärt sie. 2015 dann wurde der Tumor entdeckt.
Nachdem der Abschied von ihrem letzten Arbeitgeber nicht wirklich freundlich endet und sie ohnehin gerade den Unverpackt-Gedanken kennenlernte, entschließt sie sich also zur Gründung. „Ich hätte das schon viel früher machen sollen", sagt sie im Rückblick. „Das ist für mich genau das richtige Konzept." Denn wie viele andere, die sich beruflich ebenfalls in einer Sackgasse befinden, spürte sie eine gewisse Leere in sich, was den Job angeht. Dann also Unverpackt: „So eine Sinnerfüllung hatte ich noch nie." Bevor es mit ihrem Ladengeschäft in Saarbrücken richtig losgeht, belegt sie einige Gründerseminare bei der IHK des Saarlandes.
Sie, die Müllvermeiderin, hatte da aber bereits vorher Begegnung mit der Umweltbewegung, die sie so charakterisiert: „Das war für mich stimmig." Erste Berührungspunkte hat sie beispielsweise im Laufe der Diskussionen um FCKW. Die Fluorchlorkohlenwasserstoffe werden beziehungsweise wurden als Treibmittel unter anderem in Haarspraydosen oder als Kühlmittel in Kühlschränken eingesetzt – später stellt man fest, dass dies die Ozonschicht zerstört. „Auf einmal waren die FCKW-Kühlschränke weg", erinnert sie sich. Das war Mitte der 90er-Jahre und hinterließ Eindruck bei Birgit Klöber: Man kann also etwas verändern. „Wir stehen für die Weltrettung", sagt sie mit einem Augenzwinkern und meint es im Endeffekt natürlich dennoch ernst.
Das Sortiment hat Bio-Qualität
Zur Rettung der Welt gehört es nicht nur, Müll zu vermeiden und Plastik in den Weltmeeren einzuschränken. Es gehört auch dazu, Transportwege zu minimieren. Daher legt sie Wert auf saisonale und vor allem frische Ware, möglichst aus der Region. Der überwiegende Teil des Lebensmittel-Sortiments hat Bio-Qualität. Dazu kommt ganz viel Käse, Quark und Joghurt; Eier, Gemüse oder Obst werden zudem täglich frisch geliefert. Mehle, Nüsse, Hülsenfrüchte und Pasta-Sorten sind hier ebenso zu haben wie nützliche Alltagsgegenstände. Trinkflaschen und Brotboxen aus Edelstahl gehören zum Sortiment, genau wie Wasch- und Putzmittel, Zahnbürsten aus Bambus oder Buchenholz und Schreibwaren.
Dass sie nicht nur im Saarland gut vernetzt ist, sondern gar im ganzen Bundesgebiet, hat sie nicht nur ihrer gewinnenden Art zu verdanken, sondern auch ihrer Eigenschaft als Netzwerkerin. Sie hilft immer gerne Gründerinnen, die mit dem Gedanken spielen, selbst einen Unverpackt-Laden zu eröffnen. Für Unternehmerschaft und Neugründer wurde sie für das Saarland in den Deutschen Industrie- und Handelskammertag berufen. Sie ist Gründungsbeauftragte des Saarlandes. Für das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz nimmt sie teil am runden Tisch gegen Lebensmittelverschwendung.
Doch mit diesen Posten hört ihr Engagement nicht auf. Mit ihrem Laden produziert sie nur Plastikmüll für zwei bis vier gelbe Säcke alle zwei Wochen. „Wir bewegen uns hier im Haushaltsbereich", sagt sie. Der Massentierhaltung tritt sie nicht als Vegetarierin entgegen, sondern als jemand, der Fleisch gezielter verzehrt. In ihrem Heimatort Dudweiler engagiert sie sich in einer Clean-up-Gruppe, die ehrenamtlich Müll entsorgt. Illegal entsorgter Abfall ist leider ein weit verbreitetes Problem und sorgt mitunter für Kopfschütteln, aber vor allem für Ärgernis bei denen, die ihre Freizeit damit verbringen, anderen hinterherzuräumen. „Am liebsten würde ich ihnen ihren Müll ins Wohnzimmer bringen."