Es ist fürwahr nicht die naheliegendste musikalische Konstellation: der Kora-Virtuose aus Mali und das renommierte London Symphony Orchestra zusammen auf einer Bühne …
Ob man sich deshalb so lange Zeit genommen hat für die Veröffentlichung dieser Live-Aufnahmen aus dem Jahr 2008? In folgender Hinsicht war es eine Premiere: Nie zuvor war eine afrikanische Kora zum Solo-Instrument inmitten eines klassischen vielköpfigen Orchesters erkoren worden. Aber funktioniert es denn für beide Seiten? Ist die Summe mehr als ihre Teile? Nein, das ist sie nicht. Zumindest nicht für den Verehrer von Toumani Diabatés bezaubernden Läufen auf seinem traditionellen harfenähnlichen Zupfinstrument. Wer dessen unfassbar beseelt in sich ruhendes 2008er Opus magnum „The Mande Variation" kennt, weiß, was der Rezensent meint. Es braucht nun mal nicht mehr als 21 Saiten zur Entfaltung kompletter Magie – wenn sie vom besten Kora-Spieler dieses Planeten in Schwingungen versetzt werden.
Warum ist „Korolen" trotzdem eine Entdeckung, eine Spezialität, eine Freude? Erstens: Weil Toumani Diabaté an seiner Seite vier weitere malische Koryphäen (an Balafon, Gitarre, Ngoni und Perkussion) hat, die ihm kongenial zuspielen. Zweitens: Weil man staunt, wie respektvoll sich dieses hochkarätige Orchester seinen afrikanischen Begleitern unterordnet. Drittens: Weil alle sieben Songs aus der Feder des Kora-Virtuosen stammen. Viertens: Weil mit Nico Muhly und Ian Gardiner zwei jeglichem Bombast abschwörende Menschen das fraglos knifflige Arrangieren übernahmen. Fünftens: Weil mit Nick Gold ein Diabate-Kenner das Album feinfühlig produziert hat. Sechstens: Weil mit dieser musikalischen Ehe Grenzen überwunden werden. Siebtens: Weil das Ganze einem Klassik-Hörer tatsächlich den Horizont erweitern kann. Und weil achstens diese Lieder von derart uneitel zarter Macht und Substanz sind, dass sie sich gegen Weichspül-Potenzial von 20 Streichern mühelos wehren können. Was acht triftige Gründe für „Korolen" ergibt.
Gleichwohl bleibt „The Mande Variations" the real Deal.