Der Großanbieter EnBW erhöht seine Ladetarife für Elektroautos. Ab 6. Juli steigen die Preise um sechs Cent pro Kilowattstunde. Zudem werden die Tarife komplizierter.
Auf seiner Webseite wirbt der Energiekonzern EnBW noch mit diversen Auszeichnungen, die sein Ladetarif für Elektroautos eingestrichen hat. Doch damit dürfte es in Zukunft womöglich vorbei sein: Ab 6. Juli wird das Karlsruher Unternehmen, das hierzulande zu den größten Anbietern von Ladestrom zählt, die Tarife deutlich erhöhen. Im Standard-Tarif kostet die Kilowattstunde für langsames Wechselstrom-Laden demnächst 0,45 Euro statt bisher 0,39 Euro. Für das schnellere Gleichstrom-Laden werden künftig 0,55 Euro statt bisher 0,49 Euro fällig.
Wer also einen 64-kWh-Akku voll lädt, wie er beispielsweise im Hyundai Kona verbaut ist, zahlt künftig 28,80 Euro. Bisher waren es 24,96 Euro. Für dieses Geld kommt man je nach Fahrweise und Witterung zwischen 300 und 500 Kilometer weit.
Zudem ändert sich die Tarifstruktur. Bisher wurden an allen 150.000 Ladepunkten in Deutschland und Europa, mit denen EnBW kooperiert, die gleichen Preise fällig. Im komplizierten Tarifdschungel stellte der Energiekonzern damit eine willkommene Abwechslung dar. Aktuell registrieren sich die meisten E-Mobilisten gleich bei mehreren Stromanbietern, um möglichst überall laden zu können. Die Unternehmen verschicken daraufhin eine RFID-Ladekarte, mit der man die jeweilige Ladestation in Betrieb nehmen kann. Auch per App ist dies möglich. Die Gebühren werden dann gesammelt und einmal im Monat vom Konto abgezogen.
Auch eine spontane Nutzung der Ladesäule – also ohne Registrierung oder Ladekarte – sollte theoretisch möglich sein. Dafür sind QR-Codes an den Ladesäulen angebracht, die man mit dem Handy scannt. Oft scheitert dies aber an technischen Problemen oder ist deutlich teurer, als wenn man eine Ladekarte nutzt. Auch bleibt in vielen Fällen unklar, wie viel ein Ladevorgang am Ende kostet, denn bei der Berechnungsgrundlage herrscht ein regelrechter Wildwuchs: Manche Anbieter rechnen pro Kilowattstunde ab, andere pro Zeit, wieder andere verlangen eine Pauschalgebühr. Inzwischen tummeln sich unzählige Anbieter auf dem Markt – von kommunalen Stadtwerken bis hin zu großen Playern wie Shell oder EnBW.
Kosten für Ausbau der Infrastruktur als Begründung
Einheitliche Tarife haben den Vorteil, dass Verbraucher die Kosten leicht überblicken können. Damit ist es bei EnBW nun aber vorbei – zumindest, wenn man die günstigeren Viellader- beziehungsweise Vorteilstarife wählt. Diese Tarife sind für Menschen interessant, die regelmäßig längere Strecken fahren.
Künftig unterscheidet EnBW zwischen Ladevorgängen im eigenen Netz und solchen bei externen Anbietern. Die bisherigen Einheitspreise im Viellader-Tarif sind damit Geschichte. Ab 6. Juli fallen dort unterschiedliche Preise an, je nachdem, ob EnBW oder ein Partner die Ladestation betreibt. Drei Cent Aufschlag verlangt das Unternehmen pro Kilowattstunde künftig bei den Partnerstationen. Der Viellader-Tarif erhöht sich damit für Wechselstrom von 0,29 Euro auf 0,36 Euro pro Kilowattstunde an EnBW-Stationen und 0,39 Euro bei externen Anbietern.
Bei Gleichstrom steigt der Preis von 0,39 Euro auf 0,46 Euro plus die drei Cent Aufschlag bei Partnerstationen. Eine weitere Besonderheit: Die Schnellladestationen des Anbieters Ionity sind als „Hochpreisbetreiber" gekennzeichnet. Hier fallen 0,79 Euro pro Kilowattstunde an. Obendrauf steigt die Grundgebühr von 4,99 Euro auf 5,99 Euro im Monat.
EnBW begründet die Preiserhöhungen mit einem forcierten Ausbau der Ladeinfrastruktur und deren Kosten. Als Beispiel wird Europas größter Schnellladepark genannt, den der Energiekonzern am Kamener Kreuz bauen will. Dort sollen 52 „ultraschnelle Ladepunkte" mit einer Leistung von bis zu 300 Kilowatt entstehen. Sie sollen es ermöglichen, 100 Kilometer in nur fünf Minuten nachzuladen – sobald solche Autos einmal auf dem Markt sind.
„Um dieses hohe Ausbautempo beizubehalten und der dynamischen Kostenentwicklung Rechnung zu tragen, passt das Unternehmen seine Ladetarife (…) im Schnitt um 7,7 Cent pro Kilowattstunde an", heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens.
Unabhängig davon, wie gut die Preiserhöhungen aus wirtschaftlicher Sicht begründet sein mögen: Warum EnBW seine viel gelobten Einheitstarife abschafft, erschließt sich nicht. Für E-Auto-Fahrer wird die Sache damit künftig komplizierter.
Wer es weiterhin übersichtlich mag, muss sich demnächst also einen anderen Anbieter suchen. Als Alternative empfiehlt sich etwa „EWE go". Hier kostet die Kilowattstunde 0,39 Euro im AC-Netz und 0,49 Euro im DC-Netz. Auch die normalerweise teuren Ionity-Stationen sind für diesen Tarif zugänglich. Doch ganz ohne Nachteile geht es auch dort nicht: Mit rund 88.000 Ladepunkten ist das „EWE go"-Netz nur halb so groß wie das von EnBW. Zudem kostet die Ladekarte einmalig 9,90 Euro – was im Standardtarif bei EnBW aber ebenso der Fall ist.
E-Mobilisten, die stets den günstigsten Tarif und die nächstgelegene Ladesäule nutzen wollen, werden also auch in Zukunft verschiedene Ladekarten von mehreren Anbietern mit sich herumtragen müssen. Ladestrom also so einfach bezahlen wie an der Benzin-Tankstelle? Auf absehbare Zeit bleibt das ein frommer Wunsch.